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Artikel „Rhaw, Balthasar“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 371–372, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rhau,_Balthasar&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 07:18 Uhr UTC)
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Rhaw: Balthasar R., lutherischer Theolog des 17. Jahrhunderts, geboren am 8. December 1601 zu Greifswald, † am 28. März 1658 zu Stralsund. – Er stammte aus einer angesehenen, aus Schlesien nach Pommern übergesiedelten Theologen- und Juristenfamilie. Sein Vater war Augustin Rhaw (Rau, Rhawe), Dr. beider Rechte und ordentlicher Professor an der Universität Greifswald, † als herzoglicher Rath und Vicekanzler; sein Großvater Balthasar Rhaw, der Aeltere, Dr. theol. und ordentlicher Professor der Theologie an derselben Universität, geboren 1527 zu Naumburg in Schlesien, † am 30. December 1601 in Greifswald. Erzogen in dem Hause seiner frommen Großmutter, einer geborenen Schurff aus Wittenberg, vorgebildet von Privatlehrern und auf der Schule seiner Vaterstadt, widmete sich der junge Balthasar zuerst nach seines Vaters Wunsch und Vorbild dem Studium der Rechte, vertauschte dieses aber bald, der eigenen Neigung und dem Vorbild des Großvaters folgend, mit dem der Theologie, zuerst in Greifswald, dann in Wittenberg, wo die Theologen Balduin, Franz, Meisner, Nikolaus Hunn, zuletzt in Jena, wo der große Johann Gerhard seine vornehmsten Lehrer waren. Im J. 1625 erhielt er, obwohl erst 24 Jahre alt und soeben erst in Wittenberg zum Magister creirt, die Professur der Logik und Metaphysik an der Universität seiner Vaterstadt, wurde 1627 Licentiat der Theologie, 1628 Pastor an der Marienkirche, 1629 Assessor des Consistoriums und trat 1630, mitten unter den Kriegsstürmen, in die Ehe mit Katharina Krakewitz, der Tochter des bekannten pommerschen Generalsuperintendenten Berthold von Krakewitz (s. A. D. B. XVII, 25). Bald darauf aber trat nach dem Aussterben des Herzogshauses 1637 jener Regierungswechsel in Pommern ein, der sich in allen Verhältnissen fühlbar machte. Nachdem R. bisher mehrere an ihn gelangte auswärtige Berufungen abgelehnt hatte, folgte er nunmehr 1638 einem Ruf des Rathes der Stadt Stralsund als Superintendent und Pastor an der dortigen Nikolaikirche (als Nachfolger des durch seine heftige Polemik gegen Papstthum und Jesuiten bekannten Superintendent Zäumann). Hier wirkte er noch zwanzig Jahre, von seiner Gemeinde geliebt und geachtet wegen seiner aufrichtigen Frömmigkeit, Sanftmuth und Geduld, von seinen Zeit- und Glaubensgenossen geschätzt als gewaltiger Prediger, gewandter Katechet und eifriger Polemiker gegen Jesuiten und Calvinisten. Eine Brustkrankheit machte seinem Leben ein rasches und sanftes Ende. Von seinen Schriften waren die bedeutendsten seine „Theologia catechetica.“ Stralsund 1657 und 1664 und seine, freilich erst 50 Jahre nach seinem Tod von seinem Enkel Zacharias Grapius in Rostock herausgegebene „Theologia polemica“ in 4 Bänden (Rostock 1709. 10. 11 in 4°), „ein Extrakt aus den allerbesten scriptoribus polemicis“, vgl. Unschuld. Nachr. 1710 S. 178; 1711 S. 745. Außerdem gab er noch heraus einige kleinere polemische Schriften gegen Papstthum und Jesuiten, besonders eine Vertheidigungsschrift gegen die jesuitische Behauptung, daß die Bezeichnung des Papstes als des Antichrists ein crimen laesae majestatis enthalte: ferner eine akademische Rede „De imminente ruina academiae“ 1638, [372] mehrere Schriften aus Anlaß des damaligen Streites über das Verhältniß von Philosophie und Theologie („De philosophia propriis limitibus circumscripta“ und „De ministeriali opera, qua servit theologiae philosophia sobria“ 1627 fg.), eine dogmatische Abhandlung „De satisfactione Christi“, „Predigten über den Propheten Daniel“ 1647 und „Schmuck des heiligen Ehestandes“ 1647 und 1650.

Nachrichten über sein Leben gibt sein Enkel Grape in der Vorrede zu Rhaw’s Theologia polemica. – Friedlieb, Oratio funebris, abgedruckt bei Witten, memoriae theol. S. 1259 ff. – Dähnert, Pommersche Bibl. II, 174. – Jöcher-Rotermund III, 2042. VI, 1937. – Sein und seiner Vorfahren Grabsteine und Bildnisse befinden sich in der Nikolaikirche und in der Universität zu Greifswald, s. Pyl, Geschichte der Greifswalder Kirchen S. 443, 1405.