ADB:Quast, Ferdinand von
Winkelmann’s Werke in die Hand. Ostern 1825 bezog Q. dann die Universität Berlin, um daselbst auf den Wunsch seiner Mutter Theologie zu studiren. Doch drängte ihn, ohne daß er das Interesse für die Theologie jemals verloren hätte, sein Herz zur Kunst. Er hörte die Vorlesungen von Toelken, Boeckh u. A., besuchte die Kunstakademie, zeichnete dort nach der Antike und copirte im königl. Schlosse alte italienische Gemälde. Daneben las er mit Begeisterung Goethe, Shakespeare und die griechischen Dichter und ging viel mit Künstlern um. Die große Kunstausstellung des Jahres 1828, auf welcher zum ersten Mal die Düsseldorfer Maler in Aufsehen erregender Weise auftraten, machte auf ihn großen Eindruck. Nachdem Q. die antike Architektur ohne Lehrer, nur nach dem großen Werke von Stuart und Rewett, sorgfältig studirt hatte, ging er im Jahre 1827 ganz zur Architektur über. Mit seinem speciellen Landsmanne Schinkel verkehrte er schon seit längerer Zeit; nun lernte er auch Stüler, Strack, Kugler u. A. kennen und blieb mit ihnen Zeit seines Lebens befreundet. Im Jahre 1828 machte Q. das damals für die Laufbahn des Staatsbaubeamten vorgeschriebene Examen als Feldmesser und leitete bald darauf die praktische Ausführung des Baues des Packhofgebäudes zu Berlin.
Quast: Alex. Ferd. v. Q., Architekt, berühmter Archäologe, General-Conservator der Kunstdenkmäler des Preußischen Staates, einem alten märkischen Adelsgeschlecht entsprossen, wurde am 28. Juli 1807 zu Radensleben, dem in der Grafschaft Ruppin gelegenen Gute seines Vaters geboren. Seinen ersten Unterricht erhielt er theils durch Hauslehrer, theils im Plamannschen Erziehungsinstitut zu Berlin, theils auf dem Gymnasium zu Neu-Ruppin. An letzterem Orte war besonders der Prof. Starke, ein bedeutender Theologe und Philologe, durch seine geistvolle Erklärung der griechischen Classiker von großem Einfluß auf den jungen Q. Starke wies den Letzteren zuerst auf die Schönheiten der antiken Sculptur hin und gab ihmNachdem im Jahre 1830 sein Vater gestorben war, zog er nach Radensleben und übernahm die Verwaltung seines großen Landgutes, welche er dann auch bis zu seinem Tode mit Liebe und Umsicht geleitet hat. Hier, auf seinem Gute, bot sich ihm auch bald Gelegenheit zur künstlerischen Thätigkeit. Das Herrenhaus zu Radensleben war ein alter kunstloser Holzbau. Q. machte einen Entwurf zu einem völligen Umbau desselben, dessen Ausführung er 1833 begann und in den folgenden Jahrzehnten nach und nach in einzelnen Theilen fortsetzte. Besonderes Gewicht legte er auf den großartig concipirten und künstlerisch geschmückten Treppenraum, welcher zugleich als Gartensalon dient. An das Wohnhaus schlossen sich später mancherlei Zierbauten, eine breite Rampe, Wein umrankte Pergolen, ein Pflanzenhaus, ein sogenanntes Kaffeehaus und ein Garten an, welcher sich allmählich zu einem großen, nach einheitlichem Plan angelegten [27] Parke erweiterte, und an welchen selbst die Nutzfelder des Gutes und der Wald in wohlthuenden von Quast’s Künstlerhand gezogenen Linien sich anschlossen. Den Park schmückte er später mit antiken Marmorstatuen und die Zimmer seines Wohnhauses mit Kunstwerken aller Art, alten und modernen Gemälden, alten Möbeln, Statuetten und Reliefs in Bronce, antiken Thongefäßen, venetianischen Gläsern, Majoliken, Handzeichnungen (z. B. von Mantegna, Dürer, Rumohr, Schinkel), Medaillen, antiken Gemmen und Münzen, selbst ethnographischen Gegenständen u. s. w., welche er im Laufe der Zeit theils in Italien, theils an verschiedenen andern Orten nach und nach erworben hatte. Seit dem Jahre 1864 widmete Q. auch dem Ausbau der alten Dorfkirche seines Gutes besondere Sorgfalt, welche er nicht nur durchgreifend restaurirte, sondern auch mit neuen Ambonen, einem großen, nach dem Muster des Leuchters im Münster zu Aachen ausgeführten Kronleuchter, Wandgemälden, gemalten Fenstern etc., Alles nach eigenen Entwürfen, schmückte. Seit dem Jahre 1832 lebte Q. meist wieder in Berlin, übte sich nun mit Strack, Salzenberg, Wiebe, Drewitz u. A. im Projectiren von Baulichkeiten, wurde Mitglied des kurz vorher gegründeten Architektenvereins und betheiligte sich fleißig und mit Erfolg an den Concurrenzen desselben. Im Jahre 1834 unternahm er, nachdem er schon vorher öfter Reisen gemacht hatte, die erste größere Studienreise nach dem Niederrhein, Holland, Belgien und Frankreich, auf welcher er vorzugsweise die Bauwerke des Mittelalters und zwar mit besonderer Rücksicht auf die Zeit ihrer Herstellung und ihr gegenseitiges Verhältniß zu einander studirte, aber auch die ältern Sculpturen und Gemälde nicht vernachlässigte. Nachdem Q. im Jahre 1836 sein Examen als Bauconducteur gemacht, bereiste er in den Jahren 1838 und 39 ganz Italien, woselbst er sich zunächst in Ravenna aufhielt, dort Aufnahmen der hervorragendsten Baudenkmäler machte, welche er dann im Jahre 1842 in einem besonderen Werke publicirte. Dann weilte er zwei Monate in Florenz, fertigte dort u. A. eine sorgfältige Aufnahme des Doms und studirte mit Vorliebe die ältere toscanische Malerei und Sculptur, kaufte daselbst auch einige werthvolle Gemälde aus der Frühzeit der italienischen Malerei, sowie einige größere plastische Arbeiten aus der Schule des Luca della Robbia. In Rom blieb er acht Wochen, wohnte dort der Ausgrabung des Forum bei und studirte mit Vorliebe die altchristlichen Basiliken sowie die Prachtanlagen der Villen in und bei Rom. Dort machte er auch die Bekanntschaft des Kunstforschers Dr. W. Schulz, dessen unvollendet hinterlassenes großes Werk über die Kunstdenkmäler von Unteritalien Q. nach dem Tode des Verfassers mit Hülfe des Dr. E. Strehlke aus Danzig bearbeitet und herausgegeben hat. Nachdem er noch ganz Unteritalien bis Paestum hin und Sicilien bereist hatte, ging er zu Wasser nach Genua und Mailand, wo er zum ersten Mal die baugeschichtlich interessante alte Kirche San Lorenzo wissenschaftlich untersuchte. Ein kurzer Bericht über die italienische Reise ist in Bd. II und III von Menzel’s Jahrbüchern für Baukunst erschienen. Aus Italien zurückgekehrt, verheirathete Q. sich mit einer Tochter des Generals v. Diest und lebte nun bis zum Jahre 1848 in Berlin, brachte jedoch jährlich einige Sommermonate in Radensleben zu, siedelte in dem letztgenannten Jahre aber für immer nach seinem Gute über. Nachdem er seine Reisestudien wissenschaftlich verarbeitet, darüber auch Vorträge im Architektenverein und im Museum gehalten hatte, bearbeitete er die deutsche Ausgabe der Werke von Inwood über das Erechtheion und von Agencourt über Kunstdenkmäler. Im Jahre 1842 leitete er im Speciellen die Arbeiten zur Restauration der Klosterkirche in Berlin. – Im Herbst desselben Jahres tagte die erste Versammlung deutscher Architekten zu Leipzig. Q. hielt daselbst einen Vortrag, durch welchen er zur Bildung von Provinzialvereinen zur Erhaltung der Kunstdenkmäler [28] aufforderte. Nachdem Kugler im Jahre 1841 auf Staatskosten eine Reise durch die Rheinprovinz zum Studium der Baudenkmäler gemacht hatte und in seinem Bericht über diese Reise die Nothwendigkeit hervorgehoben hatte, nach französischem Muster einen besonderen Conservator der Kunstdenkmäler anzustellen, trat das Ministerium mit Q. wegen Uebernahme dieser Stellung in Unterhandlung. Letzterer legte ein Promemoria vor, in welchem er seine Ansicht über diesen Gegenstand dargelegt hatte. Da man höhern Orts mit diesen Ansichten sich einverstanden erklärte, wurde Q. im Jahre 1843 als Königl. Conservator der Kunstdenkmäler des Preußischen Staates angestellt und erhielt den Rang eines Königl. Bauraths, später Geheimen Regierungsraths und wurde Rath im Cultusministerium.
Um nun zunächst auf dem weiten Gebiet seiner künftigen Wirksamkeit sich zu orientiren, unternahm Q. sogleich zum Theil in Begleitung ortskundiger Localbaubeamten eine größere Dienstreise durch die westlichen Provinzen des Königreichs sowie die dazwischen liegenden, fremdherrlichen Landestheile und im folgenden Jahre eine ähnliche Reise durch die östlichen Provinzen. Diese ersten Dienstreisen, auf welchen er fast alle bedeutenden Kunstdenkmäler Deutschlands durch eigenen Augenschein kennen gelernt hatte, waren die wichtigsten und gaben seiner Stellung eine feste Basis. Er hat auf denselben mit großem Fleiße Skizzen und Notizen gesammelt, auf Grund deren er befähigt war, später unendlich oft Gutachten abzugeben, ohne vorher erst noch einmal an Ort und Stelle sich begeben zu müssen. Doch hat er auch später fast in jedem Jahre, zum Theil in Gemeinschaft mit seinem Freunde Stüler, größere Reisen, theils zur Untersuchung einzelner Monumente, wenn es sich um deren Restauration oder Rettung vor der modernen Zerstörungssucht handelte, theils im wissenschaftlichen Interesse zur Untersuchung bisher noch garnicht oder nicht genügend durchforschter Orte ausgeführt. Doch ging Q. in dieser seiner wichtigsten und einflußreichsten Thätigkeit nicht systematisch zu Werke, sondern folgte meist dem Rufe, wo es sich darum handelte, Nothstände zu beseitigen. Aber er hat im Laufe der Jahrzehnte ganz Mitteleuropa in vielen Theilen wiederholt bereist und durchforscht und ist gerade durch den wiederholten Vergleich der Monumente unter einander zu den wichtigsten wissenschaftlichen Resultaten gelangt. Keiner seiner Fachgenossen hat so viele Denkmäler gesehen, als Q., keiner derselben eine größere Anzahl so gründlich untersucht als Q., der stets mit dem Notizbuch in der Hand, schreibend und zeichnend umherzog, dem keine Reise zu strapaziös, kein Winkel zu eng und schmutzig, keine Leiter zu hoch war, wo es galt, eine baugeschichtliche Frage zu lösen. Dabei unterstützte ihn ein bewunderungswürdiges Gedächtniß. Alles was er jemals gesehen oder gelesen, hatte er gegenwärtig und wußte es stets in wohlgeordneter Rede klar darzulegen und auch Andere dafür zu interessiren. Dabei war er in liberalster Weise mittheilsam, hielt mit seinem bessern Wissen und seinen Entdeckungen oder Schlußfolgerungen nie bis zur Publication durch den Druck zurück, sondern theilte Alles freigiebig in öffentlichen Vorträgen oder Privatgesprächen in überraschender Fülle mit. Neben seiner großen an den kostbarsten und seltensten Kupferwerken reichen Bibliothek besaß er in seinem großen malerischen mit Kunstwerken reich geschmückten Arbeitszimmer zu Radensleben eine große Anzahl Mappen, in welchen nach Ländern, Provinzen und Städten geordnet, die auf die verschiedenen Monumente bezüglichen Kupferstiche, Lithographien, Photographien, eigenen Handzeichnungen und Pausen nach fremden Zeichnungen (welche amtlich in großer Zahl ihm zur Kenntnißnahme oder Bgutachtung zugingen) sich befanden, so daß er seinem Gedächtnisse auch durch die Anschauung jederzeit nachzuhelfen stets in der Lage war. Bei seinen Untersuchungen ging Q. stets darauf aus, die Geschichte eines einzelnen, nur selten einheitlich durchgeführten, [29] im Laufe der Jahrhunderte meist vielfach veränderten Bauwerks an der Hand der architektonischen Formen und unter Berücksichtigung der etwa vorhandenen Inschriften oder archivalischen Nachrichten, welche er mit Eifer aufsuchte, zu erforschen und die Wechselwirkung der verschiedenen bedeutenden Bauwerke auf einander zu erkennen und darzulegen.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse seiner vielen Reisen hat er, soweit sie nicht in besondern größern Werken oder Abhandlungen niedergelegt wurden, zum Theil in Reiseberichten oder losen Notizen in der von ihm in Gemeinschaft mit Pfarrer Otte in den Jahren 1856–60 herausgegebenen „Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst“ publicirt. – Trotz des ungeheuren Materials, welches ihm jederzeit zur Verfügung stand, ist die Zahl seiner wissenschaftlichen Arbeiten verhältnißmäßig nicht groß. Er hatte eben zu viel Material, das er bearbeiten wollte und wurde daher nur selten damit fertig. Seine Notizbücher enthalten einen reichen Schatz von meist wenig bekannten Daten kunstgeschichtlichen Inhalts, welcher jedoch für einen Andern, der nicht eine gleiche umfassende Kenntniß der Denkmäler besitzt, schwer zu heben sein dürfte. – Ein Verzeichniß von Quast’s auf das Mittelalter bezüglichen, größern Arbeiten hat W. Lotz in seiner Statistik der deutschen Kunst gegeben. An diese jährlichen Reisen schloß sich dann gewöhnlich auch noch der Besuch von Versammlungen der Architekten und der Archäologen, bei welchen Q. ein stets gern gesehener Gast war, oft Vorträge hielt, vielfach anregend und belehrend wirkte. In seinem Amte hatte O. sehr viel Arbeit, denn er nahm die Sache sehr ernst. Die Erhaltung der historischen Denkmäler war ihm Herzenssache. Er verband mit seiner umfassenden und gründlichen Kenntniß der Kunstdenkmäler eine, Andern kaum begreifliche, sehr gründliche Kenntniß der politischen und kirchlichen Specialgeschichte der verschiedensten Gegenden und Städte und beherrschte mit vollkommener Freiheit alle historischen Hülfswissenschaften. Er hatte, weil er eben mehr von den einzelnen Denkmälern wußte, als die meisten anderen Menschen, ein bei weitem größeres Interesse daran, als selbst Jene, welche mit diesen Denkmälern in täglichem Umgange stehen. Er kannte die Bedeutung aller einzelnen Theile und die historische Beziehung unter einander und wußte selbst die kleinsten, scheinbar unbedeutenden Theile in ihrer wahren Bedeutung zu erkennen. Daher die große Werthschätzung, welche er den Denkmälern zutheilte, daher sein reges Interesse daran; daher endlich sein eifriges Bestreben, sie in dem überlieferten Zustande zu erhalten und sein Widerstreben gegen jede Modernisirung, welche er stets nur für eine Minderung des Werths ansehen konnte oder gar theilweise Zerstörung desselben. Aber Q. fand wenig Beifall und Unterstützung in seinen Bestrebungen. Die Meisten verstanden ihn nicht. Er war eben seiner Zeit voran. Anfangs hatte er einen Rückhalt an dem für Kunst und Alterthum begeisterten Könige Friedrich Wilhelm IV., später stand er amtlich ganz allein. Daher konnte er vielfach mit seinen wohl begründeten Ansichten und Vorschlägen, dem lebhaften Drängen jener zahlreichen Männer gegenüber, welche angeblich der Freiheit und dem Fortschritt huldigen, nicht durchdringen, mußte oft den Schmerz erleben, die besten und wichtigsten Denkmäler verfallen oder gar zerstören zu sehen. Deshalb hatte er in seinem Amte besonders in der letzten Zeit wenig Freude. Seit 30 Jahren arbeitete Q. an der Herstellung eines vollständigen Inventars der Kunstdenkmäler Preußens, wie leicht einzusehen, ein wichtiges Hülfsmittel für Erhaltung der Denkmäler. Es fehlte der Regierung stets an Mitteln zur Herstellung desselben. Auf Quast’s Vorschlag wurden schon zu Anfang seiner amtlichen Thätigkeit betreffende Fragebogen zunächst probeweise in den Regierungsbezirken Königsberg und Münster vertheilt und von den Organen der Regierung beantwortet. Das gesammelte Material liegt nun seit Jahrzehnten in [30] den Archiven, ohne daß ein Resultat zu Stande gekommen wäre. In Betreff der Restauration der Baudenkmäler hielt Q., entgegen der von vielen Seiten beliebten, sogenannten Purification der Baudenkmäler, welche zu großem Vandalismus führt und ihren Zweck doch niemals erreicht, streng an dem Grundsatze fest, daß das Gebäude in seiner Gesammterscheinung als historisch gewordenes Baudenkmal erhalten und vor weiterem Verfall geschützt werden müsse, daß also Gebäudetheile und Monumente aller Perioden, wenn sie nur irgendwie künstlerisch oder historisch von Werth sind, gleich zu achten und neben einander zu erhalten sind. Nur wo ein Conflict zwischen dem Aeltern und Neuern eintritt, d. h. wo z. B. ein jüngerer Bautheil einen ältern verdeckt, soll die Kritik eintreten und entscheiden, welchem von beiden Theilen als dem werthvolleren, der Vorzug gebührt. Durchaus zu beseitigen ist nur das absolut und in jeder Beziehung Schlechte und Fehlerhafte oder gänzlich Werthlose. Die Ausbesserungen sollen auf das geringste Maß, auf das Nothwendige, soweit es durch die Sicherheit des Gebäudes und die charakteristische Gesammtwirkung desselben geboten erscheint, beschränkt bleiben. Dem ausführenden Baumeister ist vor Allem Pietät vor dem Ueberlieferten und Scheu vor dem sogenannten Bessermachen nothwendig.
Q. war auch als erfindender Künstler thätig, von seinen Entwürfen ist aber leider nur wenig zur Ausführung gekommen. Er zeigte sich in denselben als ein schöpferisch thätiger, gedankenreicher Architekt, von tiefem Verständniß und feinstem Gefühl. Wo er sich ganz frei bewegen konnte, zeigte er sich als der Schinkel’schen Schule angehörig; wo er an bestimmte Baustyle anknüpfen mußte, hielt er sich, wenn es nicht nothwendig war, keineswegs strenge ane die alten Vorbilder, sondern paßte seine Entwürfe, unter voller Bewahrung seiner Freiheit, den localen Verhältnissen und Zwecken genau an. – Zu seinen ersten amtlichen Arbeiten gehörte der im Jahre 1844 gefertigte Entwurf zu den Broncethüren der Schloßkirche zu Wittenberg, welche an Stelle der alten, zerstörten Thür, an welche Luther seine Thesen geschlagen hatte, gesetzt worden sind. Auf denselben wurde auf besonderen Wunsch des Königs der vollständige Text dieser Thesen angebracht. Dann fertigte Q. einen Entwurf zum Ausbau der römischen Basilika zu Trier als evangelische Kirche, welcher mit einigen von Stüler angegebenen Modificationen auch ausgeführt worden ist. Auch machte er einen Entwurf zu einer Kirche in Berlin im Style der altchristlichen Basiliken, für welche König Friedrich Wilhelm IV. bekanntlich eine besondere Vorliebe hegte. Derselbe wurde zwar nicht ausgeführt, mehrere einzelne Motive davon jedoch bei verschiedenen Kirchenbauten in Berlin zur Anwendung gebracht. Ein Giebel des Rathhauses zu Thorn und ein anderer an der Kirche zu Ahrendsee wurden nach seinen Entwürfen ganz neu gebaut. Quast’s Entwurf zur Ausschmückung der Kuppel des Münsters zu Aachen mit Mosaikgemälden, für welchen er sich stets lebhaft interessirt hat, kam leider nicht zur Ausführung. Von Restaurationsbauten wurden nach seinen Plänen außer der Klosterkirche zu Berlin, die Liebfrauenkirche zu Halberstadt, die Kirche auf dem Petersberge bei Halle und in den Jahren 1858–65 auch die Stiftskirche zu Gernrode – darin auch ein Cyclus von neuen Wandgemälden nach Quast’s Entwürfen – ausgeführt. Fast die ganze Zeit seines Lebens beschäftigte ihn der Bau eines Doms für Berlin. Schon im J. 1830 fertigte er einen Entwurf dazu, den er auch später im Wesentlichen stets festgehalten hat. Im J. 1850 legte er ihn in neuer Bearbeitung dem Könige vor und im J. 1869 betheiligte er sich damit nach nochmaliger Durcharbeitung bei der großen vom Staate ausgeschriebenen Concurrenz. Wie bekannt, ist in dieser Angelegenheit noch immer keine Entscheidung getroffen.
[31] Q. war nicht nur ein in jeder Beziehung rechtlich gesinnter, sondern auch edler Mann im höchsten Sinne des Wortes. Er wich nie von der Wahrheit ab, strebte stets nach dem Höchsten und Besten. Jede Ungerechtigkeit brachte ihn in Zorn. Neid und Mißgunst kannte er nicht. Zugleich war er wohlwollend, milde und gütig gegen Jedermann und der beste Familienvater. Q. starb nach längerem Herzleiden fast siebenzig Jahre alt, jedoch körperlich und geistig völlig frisch am 11. März 1877 auf seinem Gute Radensleben im Kreise seiner Familie und wurde in der von ihm selbst erbauten Familiengruft neben der Kirche seines Gutes bestattet.
- Nach mündlichen Mittheilungen des Verstorbenen.