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Artikel „Prechtler, Otto“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 540–541, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Prechtler,_Otto&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:57 Uhr UTC)
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Prechtler: Otto P., lyrischer und dramatischer Dichter, geboren am 21. Januar 1813 zu Grieskirchen in Oberösterreich, vollendete die sogenannten „philosophischen“ Studien in Linz und wurde von seinen unbemittelten Eltern für den geistlichen Stand bestimmt, welcher ihm jedoch nicht zusagte, weshalb er sich nach Wien wandte, wo er sowol bei der Fortsetzung seines Studiums als auch beim späteren Eintritte in den österreichischen Staatsdienst von Grillparzer, welcher sich des jungen Poeten warm annahm, theilnehmend unterstützt wurde. P. begann den Staatsdienst im J. 1834 als Beamter der allgemeinen Hofkammer in Wien, ein seltenes Geschick wollte es, daß er, nachdem er verschiedene Stufen seiner Beamtenlaufbahn durchgemacht und sich im J. 1839 vermählt hatte im J. 1856 denselben Posten, welchen Grillparzer selbst bekleidet, denjenigen eines Archivdirectors im k. k. Finanzministerium nämlich zugetheilt erhielt. Zehn Jahre später trat P. in den Ruhestand und verweilte in den letzten Jahren seines Lebens insbesondere in den schönen Gegenden seines geliebten Heimathlandes Oberösterreich, so in Grieskirchen, Steyr und Linz. Auch in Passau hatte er einige Zeit sein Heim aufgeschlagen. Zuletzt übersiedelte er nach Innsbruck, wo er am 6. August 1881 starb. Neben dem Verkehr mit Grillparzer in der Zeit seines Wiener Aufenthaltes erfreute sich P. auch der Freundschaft des tiefen Denkers Ernst Freiherrn von Feuchtersleben. Der Einfluß beider auf seine dramatischen Dichtungen, wie auf seine Lyrik ist nicht zu verkennen. Was die lyrische und lyrisch-epische Richtung der poetischen Thätigkeit Prechtler’s betrifft, so zeigte der jugendliche Poet schon in seinen 1836 erschienenen „Dichtungen“ ein ungewöhnliches Talent, sowie bedeutende Beherrschung der Sprache und des Reimes, Vorzüge, welche in seinen späteren Sammlungen: „Gedichte“ (1844), „Zeitlosen“ (1855) und „Sommer und Herbst“ (1870) noch mehr hervortreten, in denen Prechtler’s Lyrik immer mehr gereift und abgeklärt erscheint. Der Dichter liebt es, schöne Naturbilder zu entwerfen, eine warme Liebe zur Heimath gelangt in vielen derselben zum Ausdrucke, er versteht es oft kräftige Töne anzuschlagen, wie etwa in dem prächtigen Gedichte „Gewitterfroh“. Nicht minder zeigen Prechtler’s Poesieen inniges Verständniß für die Kunst und warme Liebe zu derselben, sowie die „religiösen Accorde“ den tiefernsten Sinn, welcher dem Dichter innewohnt. In dem Cyclus: „Ein Jahr in Liedern“ (1849) hat er in klangvollen begeisterten Strophen politische Dichtungen geboten, von denen einige den „Zeitlosen“ einverleibt wurden. Unter den Liebesliedern gehören einige zu den schönsten Stücken dieser Gattung, welche Oesterreich aus jener Zeit aufzuweisen hat. Endlich sind die epischen Gedichte hervorzuheben, zu denen einige Balladen und andere erzählende Piècen gehören. Die größere epische Dichtung: „Das Kloster am Traunsee“ (1847, 2. Aufl. 1869), in schönen Stanzen abgefaßt, behandelt eine Sage aus der Heimath des Dichters, welche jener von Hero und Leander ähnlich ist, und zeugt von tüchtiger Gestaltungskraft auch auf diesem Gebiete. Am eifrigsten pflegte P. allerdings das Drama und man kann ihn einen bedeutenden zeitgenössischen Vertreter desselben in Oesterreich nennen. Obgleich die ersten seiner dramatischen Arbeiten, wie „Die Waffen der Liebe“ (1842), „Isfendiar“ (1843), „Die Kronenwächter“ (1844), „Falconiere“ (1846), [541] „König Heinrich von Deutschland“ (1846), „Adrienne“ (1847) manchen lyrischen Zug aufweisen, so legen sie doch Zeugniß ab von der Kraft zu charakterisiren und von der Macht, die Handlung für den Zuschauer ansprechend und klar zu gestalten. Mit Vorliebe wandte sich der Dichter später historischen Stoffen zu; so in den Dramen: „Johanna von Neapel“ (1850), „Michel Colomb“ (1854), „König Ludwig und sein Haus“ (1860), „Künstlerrecht“ (1861), „Ein Mann der That“ (1865) und in zahlreichen Operntexten, welche P. verfaßt hat. Von den weiteren dramatischen Werken sind noch zu nennen: „Die Rose von Sorrent, dramatisches Gedicht“ (1849), „Paolo Rocca“ (1852), „Cäcilia“ (1855), „Die Tochter des Waldes“ (1858), „Ein deutsches Herz“ (1864), ferner die Lustspiele: „Er sucht seine Braut“ (1850) und „Die wolerzogenen Kinder“ (1863). Die meisten dieser Stücke wurden auf dem Wiener Burgtheater beifällig aufgenommen zur Darstellung gebracht. In vielen derselben ist der Einfluß Grillparzer’s unverkennbar, die Stücke sind zum größten Theile in Versen abgefaßt, welche eine wollautende ungezwungene Sprache aufweisen. Von den Operntexten seien hier nur etwa: „Johanna d’Arc“, „Mara“, „Das Kätchen von Heilbronn“, „Das Hünengrab“, „Estrella di Soria“, „Die Braut von Venedig“, „Johannes Gutenberg“, „Diana von Solanges“ und „Amaranth“ angeführt. Im Ganzen hat P. den Text zu mehr als 30 Opern ernsterer oder heiterer Gattung verfaßt, die von F. C. Fuchs, Lachner, Hoven, Netzer, G. Barth, A. Pott, F. Kücken, A. Reichel, H. Proch, Herzog Ernst von Coburg-Gotha, Volkmann u. A. componirt wurden. Der Vollständigkeit wegen sei noch auf verschiedene Novellen und Reiseskizzen Prechtler’s, welche in Zeitschriften verstreut erschienen, hingewiesen.

Album österreichischer Dichter, N. F. Wien 1858. – Wurzbach, Biograph. Lexikon des Kaiserthums Oesterreich XXIII. – H. Kurz, Geschichte der deutschen Litteratur IV. Bd. – Gottschall, Die deutsche Nationallitteratur des 19. Jahrhunderts (5. Aufl.) III. Bd.