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Artikel „Petri, Gottfried Erdmann“ von Binder. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 522–525, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Petri,_Gottfried_Erdmann&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 20:10 Uhr UTC)
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Petri: Gottfried Erdmann P., Dr. der Theologie und Philosophie, zuletzt Kirchen- und Schulrath bei der Kreisdirection in Bautzen, eine um die Hebung des Volksschulwesens in der Oberlausitz verdiente Persönlichkeit, geboren zu Bautzen am 30. Juni 1783, † am 22. October 1850 in Schwerin. P. war der jüngste Sohn des 1818 als Archidiakonus an der Hauptkirche zu St. Petri in Bautzen verstorbenen Christian Abraham P. Den ersten Unterricht erhielt er von seinem Vater; seine Gymnasialbildung empfing er in seiner Vaterstadt in der unter dem als trefflichen Pädagogen bekannten Rector Gedicke vorwaltenden realen Richtung. 1802 bezog P. die Universität Leipzig, wo er sich dem Studium der Theologie widmete; hier waren seine Lehrer in der Philosophie [523] Platner und Carus, in der griechischen Litteratur Hermann und Schott, in den theologischen Fächern Beck, Krüger, Keil und Tittmann. Im Herbst 1804 erwarb er sich von der philosophischen Facultät zu Jena die Doctorwürde. Seine Neigung zum Lehrerberuf bewog ihn in demselben Jahre in die pädagogische Wirksamkeit einzutreten, indem er eine Lehrstelle an dem in Altenburg unter Bergners Leitung bestehenden Erziehungsinstitut annahm, wo die Beschäftigung mit der pädagogischen Litteratur und die Obliegenheiten des Erziehers ihn mit Theorie und Praxis der Pädagogik vertraut machten. Nach seinen persönlichen Aufzeichnungen brachte er hier zwar die mühevollsten, zugleich aber auch für sein späteres Wirken fruchtbarsten Jahre seines Lebens zu. Noch vor der 1807 erfolgten Auflösung jenes Institutes übernahm P. an Weihnachten 1806 die Führerstelle bei dem jüngsten Sohne des Geheimraths Freiherrn v. Beust auf Neusalza, den er auf das akademische Studium vorbereitete und auf die Universität begleitete. Nach dem schon 1808 erfolgten Tode des jungen Mannes befand P. sich noch einige Monate in gleicher Stellung bei einem jungen Grafen von der Schulenburg, erhielt dann aber im November 1808 eine Berufung in das Predigtamt seitens seiner Vaterstadt, wo er 1809 als substituirter Katechet und Prediger zu St. Maria und Martha sein Amt antrat und dasselbe bis 1811 bekleidete. Die Aussicht auf einen größeren und besonders auch auf das Gebiet der Schule sich erstreckenden Wirkungskreis bestimmte P. in diesem Jahre das Amt eines Katecheten und Zuchthauspredigers in Zittau anzunehmen, wo eben die Gründung der allgemeinen Stadtschule zur Bethätigung seiner pädagogischen Neigung die erwünschte Gelegenheit bot; hier unterzog er sich in Verbindung mit dem Stadtschuldirector Krug dem Auftrag der Regierung, die Errichtung eines Landschullehrerseminars durchzuführen, dessen Direction er dann bis zum Ende seines dortigen Aufenthaltes führte. 1816 rückte P. in das zweite und in gleichem Jahre in das erste Diakonat vor, wobei er zugleich das Pfarramt in Kleinschönau in elfjähriger Verwaltung besorgte. Das Archidiakonat bekleidete er daselbst von 1827 bis 1830 und rückte 1831 in das Primariat, in welcher Stellung er bei der Aufsicht über das Gymnasium mitzuwirken und das Predigercollegium der Candidaten als Vorstand zu leiten hatte. 1832 ward P. als Kirchen- und Schulrath bei der Oberamtsregierung in Bautzen berufen, welches Amt er bis Ende April 1835 bei dieser Regierung und vom 1. Mai dieses Jahres bis zu seinem am 1. April 1849 erfolgten Eintritt in den Ruhestand bei der königl. Kreisdirection daselbst verwaltete. Nach seiner Pensionierung siedelte P. nach Schwerin über zu seiner dort verheiratheten Pflegetochter, wo er am 22. October 1850 starb.

P. hatte während seiner Universitätsstudien ursprünglich die Absicht, sich zum akademischen Lehramt vorzubereiten; eine am Grabe seines erstgenannten Eleven, dann eine später in Altenburg von ihm gehaltene und beifällig aufgenommene Predigt bestimmten ihn jedoch unter dem Einfluß und mit der Unterstützung der Beust’schen Familie 1808 seine theologischen Studien in Leipzig wieder aufzunehmen und zu vollenden. Nach seinem Eintritt in das Predigtamt blieb Petri’s Interesse trotz seiner eigentlichen vielfachen Amtsgeschäfte doch stets ungemindert der Schule, ihren geistigen und materiellen Bedürfnissen zugewandt. Schon in Zittau, wo P. als Director des dortigen Lehrerseminars wirkte, hatte er in der Erkenntniß, daß der Lehrer nur im geistigen Verkehr mit seinen Amtsgenossen und in der Aneignung der allseitig gemachten Erfahrungen, die für die Schule unentbehrliche Fortentwicklung gewinnen könne, sich die Aufgabe gestellt, solches Fortschreiten zu fördern und zwar hauptsächlich durch das Mittel der seit 1812 daselbst unter seiner persönlichen Leitung regelmäßig zu bestimmten Zeiten stattfindenden Conferenzen, woran [524] sich eine große Anzahl von Lehrern freiwillig betheiligte und womit er auch die Gründung einer pädagogischen Bibliothek verband. Seine volle Theilnahme konnte aber P. der Schule zuwenden, als er 1832 mit seiner Berufung als Kirchen- und Schulrath nach Bautzen aus dem Predigtamte schied und nun die Pflege des Volksschulwesens, sowie die Verbesserung der socialen Stellung des Lehrpersonals und dessen Fortbildung seine eigentliche Amtsaufgabe geworden war. Fast alle auf dem Gebiete der Volksschule in der Oberlausitz während der Zeit seiner dortigen Amtsthätigkeit seitens der Regierung getroffenen Verbesserungen sind auf seine Anregung und Mitwirkung zurückzuführen. So wurden seit 1832 in der Oberlausitz und seit 1835 besonders auch im Bezirke der Kreisdirection zu Bautzen bis 1844 22 neue Schulen gegründet, 61 neue Schulhäuser gebaut oder eingerichtet, eine ziemliche Anzahl erweitert und 78 neue Lehrerstellen errichtet. Eine nachhaltige Förderung fanden die Bestrebungen Petri’s in dem am 6. Mai 1835 erlassenen Elementar-Volksschulgesetz für die königlich sächsischen Lande und noch ganz besonders durch die Schulstiftung des 1834 verstorbenen Hauptmanns von Nostitz auf Weigsdorf, welche die Mittel zu besserer Besoldung von Lehrern und zur Schaffung neuer Lehrstellen bot. Neben diesen die äußeren Verhältnisse zumeist berührenden Einrichtungen war Petri’s Augenmerk fortwährend zugleich auch auf die geistigen Bedürfnisse des Lehrerstandes gerichtet, auf die Vorbildung für das Seminar und die Fortbildung im Beruf. Nachdem P. schon 1836 zur Vorbereitung für das Seminar in Bautzen eine Präparandenanstalt errichtet hatte, schuf er 1838, geleitet von der gleichen Ansicht und Absicht, wie vormals in Zittau, zur Förderung des geistigen Strebens der Lehrer nach Genehmigung seiner in diesem Sinne gemachten Vorschläge für die Schullehrer auf dem Lande und in den kleineren Städten 16 Conferenzgesellschaften mit Theilung der größeren in Partialvereine von 5 bis 8 Lehrern. Die Zusammenkünfte letzterer fanden alle 3 Wochen statt, wobei der Reihe nach die einzelnen Lehrer ihr Verfahren, sowie ihre Resultate der gemeinschaftlichen Beurtheilung unterwarfen und die Ergebnisse in einem Protocolle aufgezeichnet wurden; außerdem wurden jährlich mehrmals noch Conferenzen aller Lehrer eines Conferenzdistrictes abgehalten, wo dann die Erledigung strittiger Punkte und die Besprechung der zuvor gefertigten und in Circulation gesetzten, pädagogischen Aufsätze behufs Ermittelung des Anwendbaren stattfand. Die Conferenzgesellschaft, deren Versammlungsort Bautzen war, leitete P. persönlich. Mit diesem Institut war wiederum eine Bibliothek pädagogischer Werke verbunden, die P. seit 1839 in 14 Lesekreisen in Umlauf hielt. Alle diese Einrichtungen übten ihren von P. berechneten Einfluß auf das geistige Streben des Lehrstandes und dadurch auf die Hebung der Volksschule in stets zunehmendem und erfolgreichem Maße. – Auch litterarisch war P. thätig, wenn auch mehr auf kirchlichem als pädagogischem Gebiete; es mag hier Erwähnung finden ein 1827 erschienener Band „Predigten über wichtige Angelegenheiten des Herzens und Lebens“ zum Besten des Unterstützungsfonds für die Witwen und Waisen evangelischer Volksschullehrer in der Oberlausitz; dann veröffentlichte er außer mehreren Reden und einzelnen Predigten noch viele wissenschaftliche Artikel in größeren encyclopädischen Werken, sowie Aufsätze in Zeitschriften und in dem „Sonntagsblatt für häusliche Erbauung“ in den Jahrgängen 1829 und 1830. 1839 erschien von ihm die Promotionsschrift „Quae desiderentur adiumenta et praesidia ad augendam christianae religionis vim salutarem in civibus patriae nostrae Saxoniae“ und in demselben Jahre die Schrift „Die schwersten Aufgaben in Kirche und Schule.“ Wie P. ein von echter Theilnahme an der Hebung der Volksschule erfüllter und geleiteter Organisator war, so war er auch viele Jahre hindurch ein eifriger Seelsorger und ein von der Kraft der eigenen Ueberzeugung [525] getragener Prediger. Während seiner Amtsführung als Kirchenrath hat er auch auf dem kirchlichen Gebiete vielfache Verbesserungen geschaffen. Nach seinen persönlichen Aufzeichnungen erscheint P. bei allem kräftigen Ernst in der Durchführung seiner Reformen als eine im Verkehr milde, für jedes Entgegenkommen sehr erkenntliche, von wahrer Religiosität und vor allen von wirklichem Interesse für die Hebung der Volksbildung tief durchdrungene Persönlichkeit.

Persönliche Aufzeichnungen G. E. Petri’s im Kirchenarchiv zu St. Petri in Bautzen in dem Band betitelt: „Catalogus membrorum societatis“ S. 28 und 29. K. G. Hergang, Pädagog. Real-Encyklopädie. II. Bd., S. 455 und 456.
Binder.