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Artikel „Persius, Friedrich Ludwig“ von Lionel von Donop in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 390–392, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Persius,_Ludwig&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 13:44 Uhr UTC)
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Persius: Friedrich Ludwig P., Architekt, wurde am 15. Februar 1803 zu Potsdam geboren und starb daselbst am 12. Juli 1845 als Oberbaurath, Mitglied der Oberbaudeputation und Hofarchitekt des Königs Friedrich Wilhelm IV. Die während seiner kurzen Lebensdauer entstandenen Bauten und Entwürfe bezeugen ein energisches Streben, begleitet von einer gesunden und vornehmen Kunstanschauung. Den Grundzug seiner künstlerischen Thätigkeit bestimmte ein vorwiegend malerisches Princip. Im eigentlich architektonischen Sinne folgte er im Anschluß an die durch die Antike überlieferten Bauformen und Schmuckdetails der durch Schinkel vertretenen Richtung bei steter Berücksichtigung moderner Zwecke. Wo das Wesen der Aufgabe, der Wille des Bauherrn oder der Charakter der Gegend es gebot, ließ er auch den Einfluß anderer Baustile, altchristliche oder romanisch-italische, gothische und Renaissance-Muster gelten, deren Hauptelemente er in mannigfachen Combinationen zu verwerthen verstand. Noch in jugendlichem Alter übernahm P. seit 1821 nach Schinkel’s Entwürfen die Ausführung des Schloß- und Kirchenbaues auf den Gütern des Grafen Potocki bei Krakau. Von dort nach seiner Heimath zurückgekehrt, leitete er seit 1824 theils nach Schinkel’s, theils nach eigenen Plänen die baulichen Anlagen zu Klein-Glienike, Babelsberg und Charlottenhof. Die begeisterte Kunstliebe des Königs stellte dem jungen Baumeister eine Reihe neuer Aufgaben. P. wurde auf dem Gebiete der Architektur bald der Vertraute und stets [391] gewandte Vollstrecker der Ideen seines kunstsinnigen Herrn. Ein größeres Interesse als seine Vorgänger wandte Friedrich Wilhelm IV. dem Kirchenbaue zu. Er beauftragte zunächst P. mit der Ausarbeitung der Schinkel’schen Entwürfe für den über der Kreuzung aufsteigenden hohen Kuppelbau der Nicolai-Stadtkirche zu Potsdam mit der geeigneten Abänderung, daß die Ecken des Unterbaues verstärkt wurden. Angeregt durch den Besuch Italiens faßte der König eine besondere Vorliebe für die Form der altchristlichen Basilika. Eine in der stilistischen Haltung verwandte Anlage ist die 1841 von P. begonnene einschiffige Kirche zu Sacrow bei Potsdam, ein Backsteinrohbau mit Vorhofanlage und offener, rings um die ganze Kirche sich ziehender Bogenhalle, welcher sich mit dem isolirten Glockenthurm malerisch an der weiten Wasserfläche der Havel erhebt. Eine Lieblingsschöpfung Friedrich Wilhelm IV. ist die 1845 am südöstlichen Ende des Parkes von Sanssouci errichtete neue Friedenskirche, deren Entwurf in seinen glücklich getroffenen Maaßverhältnissen den geläuterten Geschmack des Meisters bezeugt. Die Anlage des Innern weist auf das Vorbild der alten Basilika von S. Clemente in Rom hin. Mit dem gesonderten Thurme und dem durch die plastischen Gruppen von Rauch und Rietschel geschmückten Säulenatrium, mit den Vogengängen längs des Wassers und einem zweiten später hinzugefügten Hof mit Halle, den Wohngebäuden und einem Eingangsthor bildet die Friedenskirche in stimmungsvoller landschaftlicher Umgebung eine harmonisch in sich abgeschlossene mannigfache Gruppe von Bauwerken. Auch seine Idee zu einem protestantischen Dome in Berlin ließ Friedrich Wilhelm IV. durch P. entwerfen.

Von Profanbauten leitete P. seit 1840 unter der Regierung desselben Königs den Erweiterungsbau des Schlosses zu Sanssouci, sowie den Um- und Neubau der zugehörigen Nebengebäude für die Hofhaltung. Der reicher und stattlicher entwickelte Theil des Schlosses auf der waldigen Anhöhe von Babelsberg, welcher von dem ursprünglichen Plane Schinkels abweicht, wurde nach den Persius’schen Rissen, jedoch in stilistischer Uebereinstimmung mit den bereits ausgeführten Partien durch den Baumeister Gottgetreu ausgeführt. Für die sinnige Belebung der Landschaften durch Bauten verstand P. ganz im Geiste Schinkel’s fortzuwirken. Seine erfindungsreiche, sich den gegebenen Verhältnissen leicht anschmiegende Auffassung ermöglichte ihm die künstlerische Umgestaltung selbst veralteter Formen in die elegantesten baulichen Erscheinungen, wie u. a. die Hofgärtner Sello’sche Dienstwohnung und die Kabinetshäuser zu Sanssouci beweisen.

Zahlreiche Nutzbauten, z. B. die im dortigen Wildpark malerisch gelegenen Wohnungen der Förster, kleinere Landhäuser im neuen Garten und die am äußersten Ende desselben umgebaute Meierei in englisch-gothischem Stile, sowie die reizvollen Fasaneriegebäude hinter Charlottenhof wurden von P. in glücklicher Abwechslung mit sorglichem Geschmack in den Rahmen der Landschaft eingepaßt. Durch Anmuth und edle Verhältnisse sind ferner die kleineren Bauwerke von P. besonders anziehend, wie die nach dem choragischen Monument des Lysikrates componirte „Rotunde“ vor dem Schloß zu Glienike, mehrere bedeckte Ruheplätze, Quelleneinfassungen, Lauben und Thoreingänge. Auch das an den Ufern der Havel, in der Nähe des Babelsberger Schlosses gelegene Dampfmaschinenhaus in maurischem Stil, dem sich in günstiger Gruppirung ein Thurm mit dem Wasserreservoir und eine Gärtnerwohnung anschließen, sowie das weiter im Innern des Parkes gelegene Matrosenhaus und mehrere als wehrhafte Bauten charakterisirte Militärmagazine am Fuße des Brauhausberges bei Potsdam sind nach Plänen von P. erbaut, der sogar für Aufgaben, wie die bereits von Friedrich d. Gr. beabsichtigten großartigen Fontainenanlagen in den Gärten von Sanssouci unter Beirath von Beix die passende Lösung fand. Zu fast [392] sämmtlichen nach seinem Tode unter der Regierung Friedrich Wilhelm IV. in der Umgegend von Potsdam noch zur Ausführung bestimmten Bauten, namentlich auch für die Orangerie-Gebäude zu Sanssouci, hatte P. bereits mehrfach Pläne und Skizzen ausgearbeitet. Vor allem aber bildete P. die Villenarchitektur im Sinne Schinkel’s weiter, sodaß seine baulichen Anlagen mit der nächsten Umgebung auf eine sinnige Weise in gegenseitige Beziehung treten. Die auf heiteren Lebensgenuß gerichtete Bauweise, wie sie in dem leichten und anmuthigen Villenstil der italienischen Renaissance zur Anwendung gelangt ist, diente ihm naturgemäß als Vorbild, wobei auch Motive, welche das antike Wohnhaus der Griechen und Römer darbietet, zur Geltung gelangten und namentlich die Andeutungen des jüngeren Plinius in der Beschreibung seines Tuscum und Laurentianum zum Theil maßgebend waren. Beispiele derartiger Bauten von P. sind u. a. die Villa Jakobs und die reicher gruppirte Villa Schöningen an der Glieniker Brücke bei Potsdam.

In Berlin erbaute P. auf Anregung Friedrich Wilhelm IV. das bekannte Kroll’sche Etablissement an der Westseite des Königsplatzes im Thiergarten (nach dem Brande von 1852 von Ed. Tietz neu erbaut) und mehrere Privathäuser. Auch dem von Stein 1845–1847 ausgeführten Backsteinbau der Kirche von Bethanien, einer kleinen dreischiffigen Säulen- und Pfeiler-Basilika mit Holzdecke und zwei Emporen liegt eine Zeichnung von P. zu Grunde. Seine Thätigkeit war endlich für mannigfache Bauten auf den Besitzungen des Prinzen Friedrich der Niederlande, des Fürsten Pückler-Muskau u. A. in Anspruch genommen. Von einer Kunstreise aus Italien im Frühjahr 1845 heimgekehrt, setzte ein früher Tod seinem inhaltsreichen Leben ein Ziel.

Königl. privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen. 1845. Nr. 162. 15. Juli. – Architektonische Entwürfe für den Umbau vorhandener Gebäude, hrsg. von Persius. Potsdam 1843. – Allg. Bauzeitung, red. u. hrsg. v. Christ. Friedr. Ludw. Förster. 10. Jahrg. 1845. Wien. S. 275–284 u. 344–359. – Alfred Woltmann, die Baugeschichte Berlins bis auf die Gegenwart. Berlin 1872. – Berlin und seine Bauten. Hrsg. v. Architekten-Verein zu Berlin. Berlin 1877.