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Artikel „Permoser, Balthasar“ von Albert Ilg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 382–384, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Permoser,_Balthasar&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 21:22 Uhr UTC)
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Band 25 (1887), S. 382–384 (Quelle).
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Permoser: Balthasar P., Bildhauer, wurde auf dem Nemair’schen Gute zu Kammer im Gerichte Traunstein, welches damals zu Salzburg gehörte, am 3. August 1651 geboren. Nach Füßli’s Angaben soll zwar die Inschrift seines Grabsteins auf dem Friedrichstädter Gottesacker in Dresden als Geburtsort Kammerau im Pfälzischen Pfleggericht Kätzling und das Geburtsjahr 1650 angegeben haben, jedoch, obige Daten stammen aus den Pfarracten und sind vollständig correct. Als armer Hirtenjunge begann er instinctiv dem ihm innewohnenden künstlerischen Triebe zu folgen, schnitzelte in Holz, am eigenen Schäferstabe, als ihn ein Dorfmaler seiner Heimath, Guckenbieler, zu sich nahm, um ihm einigen Unterricht zu ertheilen. Dann kam er in Salzburg zu dem damals vielbeschäftigten Bildhauer Wilhelm Weißkircher in die Lehre, welcher am Dome und anderwärts große Aufträge besorgte. Das Tiroler Künstler-Lexikon behauptet, damals sei Joh. Nicolaus Moll, der spätere Schüler Raphael Donners bei P. in Salzburg gewesen, aber diese Angabe hat in der Chronologie ihre Schwierigkeiten, denn da jener Moll erst 1709 geboren ist, so müßte er in einer Zeit nach Salzburg gekommen sein, wo P. schon lange nicht mehr dort weilte. Verschiedene Autoren lassen P. nach seiner Schulzeit bei Weißkircher nun nach Wien ziehen, wo er die berühmte Statue des Prinzen Eugen fertigte, hierauf aber nach Italien. Mir scheint das Umgekehrte wahrscheinlicher, indem [383] aus Gründen des Stiles anzunehmen sein dürfte, daß der Künstler früher den Eindruck Bernini’scher Werke erhalten haben müsse, bevor er eine für diese Richtung so charakteristische Leistung schaffen konnte. Möglicherweise aber wirkte er zweimal in Wien, nämlich vor und nach dem italienischen Aufenthalte, denn einmal wird erzählt, daß in der Kaiserstadt an der Donau ein gewisser Knacker sein Lehrer gewesen sei. Da der junge Künstler die Bestellung eines so bedeutenden Werkes wie die Eugenfigur aber gewiß nicht als Lehrjunge erhalten haben wird, so wäre füglich noch an einen zweiten, späteren Aufenthalt in Wien zu denken. Uebrigens ist unter „Knacker“ gewiß der bürgerliche Bildhauer Adam (alias Tobias ) Kraker zu verstehen, von dem wir wissen, daß er an der Pestsäule auf dem Graben, am castrum doloris Joseph’s I. 1711, ferner für die kaiserliche Gruft Arbeiten lieferte. Indessen ist die Eugenfigur weder damals noch später in Wien gemacht worden, sondern erst nach 1710 in Dresden. In Italien blieb P. vierzehn Jahre, wahrscheinlich von 1665 an, er fand an dem Großherzog von Toscana einen besonderen Gönner und hatte viel zu thun. An der Theatinerkirche in Florenz machte er die Statuen zweier Ordensheiligen in den Nischen der Façade, viele Kleinarbeit ferner in Elfenbein und Holz. Im J. 1704 folgte er einem Rufe Friedrichs I. nach Berlin, wo eine Anzahl religiöser sowie mythologischer Sculpturen entstanden. Für Charlottenburg fertigte er einen Herkules mit der Hydra, dann einen Amor als Bogenschnitzer, für den Grafen Reuß eine Gruppe Adam und Eva, für die Peterskirche das Epitaph des Medailleurs R. Fatz (gest. von Blasendorf) und die Kanzel, – beide 1730 im Feuer zu Grunde gegangen. Nach sechsjährigem Aufenthalte in Berlin berief den Künstler der König August II. 1710 nach Dresdeu, aber auch der Großherzog von Toscana bot ihm 1000 Thaler Jahresgehalt, wenn er wieder nach Florenz kommen wollte. Unter August II. wurde er Hofbildhauer. Dresden besitzt – oder besaß – sehr viele Arbeiten Permoser’s. Im großen Garten stellte er die Figuren der Mutterliebe, der Malerei, der Sculptur, eine Mohrin mit einem Kinde, einen Mohren mit einem Fische auf, sie wurden im siebenjährigen Kriege zerstört. Für die katholische Kirche machte er über dem Taufstein ein Ecce homo aus sächsischem Marmor und einen heil. Johannes; in der Grotte des Zwingers Apollo, Minerva und Venus, 1716. An dem Gärtner’schen Haus hinter der Frauenkirche eine Portalgruppe, an dem Brauer’schen in der Neustadt einen Saturn, im Ertel’schen Garten Saturn, Venus und Amor, für den Axel’schen Garten in Leipzig die Colossalfiguren der Venus, Juno, Jupiter’s und Mars, die holzgeschnitzte Kanzel in der Dresdner katholischen Kirche, Apollo und Minerva aus einheimischem Marmor, sein eigenes Grabmal mit einer Kreuzabnahme, im grünen Gewölbe ist eine sehr schöne Elfenbeingruppe Herkules und Omphale, bez. Balthasar Perm. inv. f., 31 cm hoch, Hagedorn besaß ein Relief vom selben Materiale, Mercur und Argus, endlich sah Verf. dieses vor einigen Jahren im Besitz einer Dame, welche im Geburtsort des Künstlers lebte, zwei seiner Elfenbeinreliefs, das eine Adam und Eva, das andere König August vorstellend. Endlich entstand Permoser’s ausgezeichnetstes Werk, die jetzt im Belvedere zu Wien aufgestellte lebensgroße Marmorgruppe des Prinzen Eugen in Dresden. Wir entnehmen dies aus der Biographie des Bildhauers Joseph Winterhalter, welcher bei seiner Ankunft in Wien eben zugegen war, als das Werk von Dresden anlangte und von demselben, besonders von seinen technischen Vorzügen, begeistert war. Daß P. einer hohen Achtung sich erfreute, geht auch daraus hervor, daß der berühmte Raphael Donner beabsichtigte, sich zu ihm nach Dresden zu begeben; ob er es ausgeführt habe, wissen wir übrigens nicht. Die Gruppe ist äußerst barock in Erfindung und Ausführung, wie alle Schöpfungen des Künstlers von einer beinahe wilden [384] Genialität. Der Held steigt auf Wolken empor, wobei ihn zwei Frauen, der Ruhm und die Unsterblichkeit, umschweben, unten liegt ein besiegter Feind, dessen Kopf der Sage nach das Portrait des Künstlers sein soll. Da die Inschrift schon Karl VI. nennt, so ist das Werk nach 1712 entstanden. Wer der Besteller war und wann es in das Belvedere kam, ist unbekannt.

P. starb zu Dresden am 20. Februar 1732. Die Schule seines Geburtsorts, welche er 1692 mit einem Capital von 1000 fl. gegründet hatte, bewahrt noch sein Portrait; sein Vetter Michael Moser folgte ihm als königl. polnischer und sächsischer Hofbildhauer nach († 1751). P. war ein geistreicher, höchst origineller Plastiker, voll vom Feuer des Barockgeistes und als Mensch voll von Wunderlichkeiten. Stolz und eigensinnig hat er eine gewisse Aehnlichkeit mit Messerschmidt, auch von ihm wird erzählt, daß er fertige Arbeiten zerschlug, wenn der Preis zu hoch befunden wurde. Karl XII. von Schweden verehrte er besonders; als man fragte, warum er den König noch durch keines seiner Werke verherrlicht habe, zweifelte er, daß ihm derselbe sitzen würde, denn er sei so eigensinnig wie er selber und zwar mit Recht: „Denn er ist König und ich Künstler!“ Gegen die Mode seiner Zeit trug er einen langen Bart und soll sogar eine Schrift zur Ehrenrettung des Bartes geschrieben haben, welche aber Andere dem Ulrich König (s. A. D. B. XVI, 516) zusprechen.

Das Ausführlichste in Ilg’s Aufsatz: Balthasar Permoser, Mittheil. der K. K. Central-Commission für Erhaltung der Kunstdenkmale, Wien 1878, S. LXVII ff.