ADB:Pennavaire, Peter von
Hülsen und Moritz von Dessau, auf welcher die Last des Hauptangriffs lag, die nöthigen Fortschritte gemacht hätte; in seiner Disposition hatte der König der Cavallerie empfohlen, bei der Hand zu sein um einzuhauen, wenn es gälte den Sieg zu vervollständigen. Das Fußvolk [357] hatte solche Fortschritte gemacht, daß es sich nur noch darum handelte, seine Erfolge auszubeuten, aber P., an den Buchstaben des letzten ihm zugegangenen Befehls sich haltend, rührte sich nicht, sondern blieb ruhig an einer Stelle, wo er nichts thun oder wenigstens gar nichts sehen konnte. Da brachen die österreichischen Reiter gegen die preußische Infanterie vor; P. sollte Hilfe bringen, der König sandte ihm den Befehl dazu, aber statt demselben auf dem kürzesten Wege nachzukommen, machte er einen weiten Weg um die Gehöfte von Bržistwy herum, wo er außerdem noch durch eine Schlucht aufgehalten ward. Vielleicht hat die sogenannte Schwedenschanze, welche in jener Richtung lag und noch heute eine ansehnliche Höhe hat, ihn dazu veranlaßt; der bemitleidenswerthe Greis wußte aber auf Befragen nach der Schlacht weder hierüber Auskunft zu ertheilen, noch erinnerte er sich des vom Könige ausgegebenen allgemeinen Angriffsplanes oder der Art und Weise, wie er überhaupt auf den Kampfplatz gelangt war. Letzteres geschah, weil er auf den Befehl gewartet und denselben, als er ihn erhalten, nicht auf dem kürzesten Wege ausgeführt hatte, viel zu spät. O’Donnel’s Cavalleriedivision stand ihm bereits in zwei Linien gegenüber. Aber, wenn ihm auch der moralische Muth, etwas ohne ausdrücklichen Befehl zu thun, und der geistige Ueberblick gefehlt hatten, an der physischen Tapferkeit mangelte es ihm nicht. Sobald 10 Schwadronen aufmarschirt waren, stürzte er sich auf den Feind. Bevor er ihn erreicht hatte, wich derselbe. Dann aber geriethen Pennavaire’s verfolgende Reiter in das Feuer der gegnerischen Infanterie, machten kehrt und flutheten zurück. Nochmals führt er sie vor, als von neuem österreichische Cavallerie das eigene Fußvolk bedroht, aber wieder kommt er in jenes verhängnißvolle Feuer aus dem Eichwäldchen, welches Hülsens Grenadiere einige Stunden vorher besetzt aber wieder verloren hatten, und in noch größerer Auflösung jagen seine Kürassiere rückwärts: die sonst so braven Leute sind für diesen Tag nicht ferner zu gebrauchen. Im Herbst des nämlichen Jahres ging er mit der Armee des Herzogs von Braunschweig-Bevern nach Schlesien; in der Schlacht an der Lohe am 22. November, wo seine beiden Kürassierregimenter (Nr. 6 und 9, Baron Schönaich und Prinz Schönaich), der Colonne des Generals Schulz zugetheilt, die über die Lohe gegangenen Oesterreicher vergeblich zurückzuwerfen versuchten, ward er schwer verwundet. Am 19. Januar 1759 ist er zu Berlin im 80. Lebens- und im 65. Dienstjahre an einer Lungenentzündung gestorben. Auf Friedrichs des Großen Denkmal unter den Linden in Berlin steht auch Pennavaire’s Name verzeichnet.
Pennavaire: Peter v. P., preußischer Generallieutenant, 1680 als der Sohn eines, aus einem zu Saint-Antonin in Guyenne ansässigen Geschlechte stammenden Advocaten am Parlament zu Toulouse geboren, welcher infolge der Aufhebung des Edicts von Nantes mit seinen vier Söhnen auswanderte, diente zuerst bei den Grand-Mousquetaires mit denen er am 11. Sept. 1709 bei Malplaquet focht, ward 1712 Lieutnant beim Leibregiment zu Pferde (Kürassierregiment Nr. 3), mit welchem er 1715 am Feldzuge in Pommern theilnahm, und machte später als Oberst den zweiten schlesischen Krieg mit. Daß sein König mit seinen Diensten zufrieden war, beweist die Verleihung des Ordens pour le mérite, welchen er im Juni 1747 empfing, und die ein Jahr später erfolgte der Drostei Esens in Ostfriesland. Mit letzterer erhielt er die Erlaubniß, das Geschenk zu verkaufen; er trat die Drostei daher 1749 an einen Herrn v. Stechow ab; er selbst wird Herr auf Heiligenthal im Mansfeldischen genannt. Als der siebenjährige Krieg ausbrach, war er Generalmajor und Chef des Leibcarabinierregiments (Kürassierregiment Nr. 11). Dem Feldzuge des Jahres 1756 wohnte er in Sachsen bei, nach Beendigung desselben ward er im Februar 1757 Generallieutenant und mit dem Schwarzen Adlerorden begnadigt. Aber dem tapfern Reitersmann scheinen Umsicht und Raschheit des Entschlusses gefehlt zu haben; vielleicht hatte sein hohes Alter ihm diese für seine Stellung unentbehrlichen Eigenschaften geraubt. So kam es, daß er mitschuldig ward an den Ursachen, welche am 18. Juni 1757 den Verlust der Schlacht bei Kolin herbeiführten. Er hatte den Befehl erhalten, mit den ihm unterstellten 20 Schwadronen Kürassiere am Fuße der Höhe von Bržistwy stehen zu bleiben, bis die Infanterie des linken Flügels unter- Archiv des preußischen Kriegsministeriums. – J. Kutzen, Vor hundert Jahren, 1. Abtheilung, Breslau 1857.