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Artikel „Oelinger, Albert“ von Alexander Reifferscheid in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 301–302, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oelinger,_Albert&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 05:00 Uhr UTC)
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Oelinger: Albert Oe., deutscher Grammatiker. Er war 1573 öffentlicher Notar in Straßburg. Um das Jahr 1568 unternahm er es fremde, besonders französische Edelleute in der deutschen Sprache zu unterweisen. Um ihnen und überhaupt den Fremden die Erlernung des Deutschen zu erleichtern, entschloß er sich in lateinischer Sprache eine deutsche Grammatik auszuarbeiten, die er fünf Jahre später in den Druck gab, mit einer Widmung an den Herzog von Lothringen, der als Vermittler zwischen Franzosen und Deutschen ihm der berufene Schützer des Büchleins zu sein schien. Die Widmung datirt vom 4. (pridie nonarum) Sept. 1573, das Druckjahr 1573 ist am Schlusse aller Exemplare angegeben; auf dem Titel haben wenige 1573, die meisten 1574. Ueber die Absicht Oelinger’s gibt der Titel volle Auskunft: Underricht der Hoch Teutschen Sprach: Grammatica seu Institutio verae Germanicae linguae, in qua Etymologia, Syntaxis et reliquae partes omnes suo ordine breviter tractantur. In usum iuventutis maxime Gallicae, ante annos aliquot conscripta, nunc autem quorundam instinctu in lucem edita, plaerisque vicinis nationibus, non minus utilis quam necessaria. Cum D. Joan. Sturmii sententia de cognitione et exercitatione linguarum nostri saeculi. Alberto Oelingero Argent. Notario publico autore. Argentorati, excudebat Nicolaus Vvyriot. M. D. LXXIIII. Oe. gibt das Nothwendigste über die Buchstaben und ihre Aussprache, über die Etymologie (die 8 Redetheile), die Syntax und die Prosodie. Es ist ihm gelungen, ein Handbüchlein zusammenzustellen, welches seinem praktischen Zweck durch die kurze und bündige Form der Regeln entsprach. Diese Grammatik erregte im vorigen Jahrhunderte früh die Aufmerksamkeit der Forscher: 1737 brachten die Beiträge zur kritischen Historie der deutschen Sprache im 17. Stück 147–166 einen ausführlichen Bericht über sie, 1747 behandelte sie Reichard in seinem Versuch einer Historie der deutschen Sprachkunst, 45–48, nachdem er vorher die 1573 zu Augsburg erschienene deutsche Grammatik des Laurentius Albertus Ostrofrancus besprochen. Es entging ihm dabei, was sich jedem aufmerksamen Leser beider Grammatiken sofort aufdrängt, die auffällige Uebereinstimmung beider in Behandlung des Stoffes und in Form der Darstellung. Erst R. v. Raumer hat in seinem „Unterricht im Deutschen“, abgedruckt in [302] K. v. Raumers Geschichte der Pädagogik III, 2, 37 fgg., darauf aufmerksam gemacht, daß Laurentius Albertus eine Art Doppelgänger von Oe. sei. Er führte mehreres an, was ihn zu der Ansicht gebracht, daß Albertus der Abschreiber sei. Beiläufig bemerkte er, eine nachträgliche Benutzung des gedruckt vorliegenden A. durch Oe. sei nicht ganz unwahrscheinlich. In seiner Geschichte der germanischen Philologie 65 praecisierte er seine Behauptung dahin, daß Laurentius Albertus seine Grammatik zwar vor der des Oe. veröffentlicht, daß er aber bei Ausarbeitung des Werkes Mittheilungen aus der Handschrift Oelinger’s in unredlicher Weise benutzt habe. Der Sache des Laurentius Albertus nahm sich seitdem Niemand an, nur Höpfner in seinen „Reformbestrebungen auf dem Gebiete der deutschen Dichtung des 16. und 17. Jahrhunderts“, Berlin 1866, hatte bemerkt, Albertus sei in der Darstellung der deutschen Verskunst durchaus selbständig, viel ausführlicher und gründlicher als Oe. Seit 1873, wo ich der Frage zuerst näher getreten, habe ich in meinen Vorlesungen über die Geschichte der deutschen Grammatik die Ueberzeugung ausgesprochen, daß Oe., nicht Albertus der Plagiator sei. Vergleicht man die Stellen, die v. Raumer als Beispiele auffallender und sicher nicht zufälliger Uebereinstimmung anführte, so ergibt sich, daß bei Albertus alles in den Zusammenhang paßt; das worauf es ankommt, ist gebührend hervorgehoben. Bei Oe. merkt man allenthalben das, nicht immer geschickte, Bemühen die ausgeschriebene Stelle zu verändern, wobei die Hauptsache oft in den Hintergrund tritt. Alles was v. Raumer gegen Albertus für Oe. anführt, erweist sich bei näherer Untersuchung als nichtig. Johann Sturm tritt in dem der Oelinger’schen Grammatik vorgedruckten Schreiben nur für die Ansicht ein, daß man auch die neueren Sprachen nach den Regeln der Kunst lernen und üben solle, er sagt nichts, was Oelinger’s Integrität beweisen könnte, drückt sich vielmehr sehr vorsichtig über Oelinger’s Grammatik aus: prima est, ut ego puto, in Germania nostra edita. Thatsächlich war das unrichtig, die Grammatik des Albertus war schon Fastenmesse 1573 in Frankfurt zu haben. Noch weniger kommen Oelingers versus ad librum und die Epigramme zweier Freunde in Betracht: sie decken das Plagiat durch falsche, ganz allgemein gehaltene, Anschuldigungen. Wäre Albertus der Plagiator gewesen, dann würde Oe. ohne Zweifel direct gegen ihn, mit Entschiedenheit vorgegangen sein, so begnügt er sich seinem Buche, welches die Arbeit eines andern in unverschämter Weise ausgeplündert hatte, als Schutzmarke sein Wappen, die Insignia Oelingeriana, aufzudrücken. Es füllt eine ganze Seite und läßt nur noch Raum für die Deutung: Griphius excelsis insistit montibus. Hoc est: Ingenio regitur nobilitatis onus. Er war also ebenso eitel wie unehrlich. Oelinger’s Grammatik scheint übrigens auf die Dauer nicht einmal den Beifall des eigenen Verlegers gehabt zu haben. N. Wyriot veranstaltete 1578 einen unberechtigten Nachdruck der in demselben Jahre erschienenen Grammatik des Joh. Clajus u. d. T.: Grammatica Germanicae linguae Joh. Claii ex bibliis Lutheri Germanicis et aliis eius scriptis. Eine Thatsache, die bisher unbeachtet geblieben, die aber zu denken gibt.

Vgl. den Artikel „Osterfrank“. Eine Ausgabe der deutschen Grammatiken des 16. Jahrhunderts bereite ich für die Monumenta Germaniae paedagogica vor.