ADB:Nocker, Peter
Jos. Gabriel Mayer’s „Kunstanstalt“ und schnitt nach Knabl’s Statuen kleine Lindenholzcopien, welche dann in Terracotta vervielfältigt wurden. Eine besondere Passion hatte N., berühmte Oelbilder in Reliefform zu übersetzen, beziehungsweise in Lindenholzskulptur auszuführen. So übertrug er die bekannten Tirolerscenen und Wirthshaustänze von Kirner und Kaltenmoser ins Plastische, auch, in seiner Weise, ein wahres Meisterstück, Kaulbach’s „Lotte unter den Geschwistern“ und Defregger’s „Ball auf der Alm“. Zur Münchener Kunstgewerbeausstellung 1876 lieferte N. dann „Wappen mit dem Hahn“ und das „Wappen mit dem Todtenkopf“ nach Albrecht Dürer’s Stichen in excellenter Weise, mit einer Bravour, Feinheit und einem verständnißinnigen Stilgefühl, welche selbst den Schöpfer dieser wundersamen Blätter in Erstaunen versetzt hätten. Auch eine Reiterfigur, nach Hans Burgkmaier’s Triumphwagen des Kaisers Maximilian, ist uns aus der genannten Exposition erinnerlich. Seine eminente Begabung blieb jedoch leider immer unbeachtet. Häufig war nicht einmal der Name des Künstlers beigesetzt, dafür prunkte der Name des Besitzers oder des ausstellenden Kunsthändlers. Kein Mäcen bemächtigte sich seiner. Das Bewußtsein seines Könnens blieb lebhaft in seiner Brust und bildete sich naturgemäß mächtiger aus, als Manchem, der die Bekanntschaft des meist verstimmten Künstlers machte, lieb sein mochte. Nur im Kreise einiger Getreuen thaute er auf, im Verkehr mit Ludwig Steub oder mit dem überhaupt vielfach geistverwandten Componisten Kunz. Still und unbemerkt ging N. am 1. Juli 1880 zu Brixlegg, wohin er sich zuletzt zurückzog, aus dieser Welt, welche ihn nie in besondere Affection genommen hatte. Umsomehr erheischt es die Pflicht der Nachwelt, seinen Namen in verdienter Erinnerung zu halten.
Nocker: Peter N., Bildhauer, geboren am 9. März 1823 in St. Christina zu Sabbedin, war als echter Grödner ein prädestinirter Schnitzer. Er lieferte ursprünglich Spielzeug für kleine, dann für große Leute, z. B. Pfeifenköpfe mit Jagden u. s. w. Nach höherer Bildung strebend, kam er aus Tirol nach München, wo er, zugleich lernend, sein hartes Brot verdienen mußte. Dazu gehörte, daß er nach eigener Erfindung kleine, etwa 24 Centimeter hohe, anatomische Gliederpuppen schnitzte, welche als ein schönes Zeugniß seines über subtilen Dingen sinnirenden Geistes gelten konnten: Diese nach dem Kugelsystem verkapselten Modelle, welche mit anatomischer Genauigkeit jedem Clown und Kautschukmann die Wette bieten konnten, kamen der Phantasie eines jeden Figurenzeichners mit hülfreicher Liebenswürdigkeit entgegen. Irre ich nicht, so ist auch ein nach demselben Princip construirtes Modellpferd auf Nocker’s Rechnung zu setzen. Drechsler und Kunsthändler ließen diesen Mannequin, natürlich unbefugter Weise, unzählige Mal copiren, ohne daß der Autor Nutzen daraus zog oder sein Name in Frage kam. Einige Zeit arbeitete N. auch in- Vgl. Nekrolog in B. 254. Allg. Ztg. vom 10. September 1880.