ADB:Neipperg, Erwin Franz Graf von

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Artikel „Neipperg, Erwin Franz Graf von“ von Otto Binder von Degenschild in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 605–610, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Neipperg,_Erwin_Franz_Graf_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 19:45 Uhr UTC)
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Neipperg: Erwin Franz Graf N., österreichischer General der Cavallerie, geboren am 6. April 1813, † am 2. März 1897.

Die Grafen Neipperg entstammen einem uralten schwäbischen reichsunmittelbaren Rittergeschlechte, dessen Mitglieder im 17. Jahrhundert in kaiserlich österreichische Dienste traten und durch Stiftung einer Reihe von Familiengütern die niederösterreichische und oberösterreichische Landstandschaft, sowie das ungarische und helvetische Indigenat erlangten. Den Freiherrntitel erwarb Eberhard Wilhelm v. N. († am 21. Februar 1672); dessen Enkel Wilhelm Reinhard kaiserlicher Feldmarschall und Commandant zu Wien, Vließ-Ritter (Sohn des am 17. Februar 1655 geborenen, am 10. August 1725 gestorbenen kaiserlichen Feldmarschalls Baron Eberhard Friedrich), geboren am 27. Mai 1684, † am 26. Mai 1774, wurde von Kaiser Karl VI. am 5. Februar 1726 mit dem Prädikate „Hoch- und Wohlgeboren“ in den Reichsgrafenstand erhoben, am 20. Juli 1748 in den oberösterreichischen, am 9. Januar 1771 in den niederösterreichischen Herrenstand und am 8. Juni 1766 mit Sitz und Stimme in das reichsständische schwäbische Grafencollegium aufgenommen.

Infolge der rheinischen Bundesacte vom Jahre 1806 wurden die Neipperg’schen Herrschaftsgüter theils dem Königreich Württemberg, theils dem Großherzogthum Baden unterstellt.

Die erbliche Standesherrlichkeit im Königreich Württemberg mit Sitz und Stimme in der I. Kammer der königlichen württembergischen Landstände erlangte das Haus Neipperg am 25. September 1819 und in der Bundesversammlung vom 13. Februar 1829 wurden die Neippergs als deutsche Standesherren mit dem Prädikate „Erlaucht“ angemeldet.

Erwin Franz Graf v. N. war zu Schwaigern am 6. April 1813 als viertgeborener Sohn der ersten Ehe des Grafen Adam Adalbert (s. A. D. B. XXIII, 408) mit der (am 23. April 1815 gestorbenen) Gräfin Theresia Josefa v. Pola entsprossen, frequentirte vom 2. September 1825 bis 11. März 1830 die k. k. Ingenieurakademie in Wien und wurde am 16. Juni desselben Jahres zum Lieutenant im Husarenregimente Sachsen-Coburg (heute Husarenregiment Nr. 8) ernannt. Unter gleichzeitiger Beförderung zum Oberlieutenant kam er am 4. Juli 1831 zu Hohenzollern-Chevauxlegers Nr. 2 (heute Ulanenregiment Nr. 7), wo er am 27. August 1836 zum II. und am 20. September 1840 zum I. Rittmeister avancirte. Seit 16. März 1838 k. k. Kämmerer, heirathete Graf Erwin am 19. April 1845 zu Dux-Leitomischl die am 23. December 1823 geborene Gräfin Henriette v. Waldstein-Wartenberg, welche ihm drei Monate nach der Hochzeit ein jäher Tod entriß. Gräfin Henriette erlag in der Manöverstation Fulnek in Mähren am 18. Juli 1845 einem Nervenfieber.

Als II. Major von Hohenzollern-Chevauxlegers (Rang vom 6. December 1847) betheiligte sich N. an der raschen und energischen Unterdrückung des polnischen Aufstandes, nahm an den Straßenkämpfen des 25. und 26. April 1848 in Krakau theil, wodurch der Widerstand des Adels, der Emigranten und des Bürgercomités gebrochen wurde. Später übernahm er das selbständige Commando der Oberstlieutenants-Division seines Regiments und der [606] Cavalleriebatterie Nr. 41, mit welchem Detachement er in Doppelmärschen über Teschen und Prerau zur Pacifikation Wiens entsendet wurde. Am 22. October traf er in Stammersdorf bei der Brigade Generalmajor v. Wyß ein (J.-R. 29/I., 24/I., 56/III. Bataillon und eine 12pfündige Batterie), focht mit derselben am 23. und 24. in der Brigittenau, unternahm aus dem Divisionslager bei Jedlersdorf Streifungen im Marchfelde bis Groß-Enzersdorf, machte am 26. October den Angriff am Tabor und in der Jägerzeile, am 28. den Hauptangriff auf Wien, am 29. die Vorrückung aufs Glacis und die Attacke gegen die Bürgercavallerie mit, worauf durch seine Streifungen den im Prater plündernden Kroaten Einhalt gethan wurde.

Am 30. October betheiligte sich N. an der Schlacht bei Schwechat und als im Verlaufe derselben, beim Herannahen der ungarischen Insurgenten, die Wiener die am 28. eingegangene Capitulation brachen, wurde N. mit seinem Detachement zu einer Streifung durch Wien bis zum Lusthause im Prater, dann zur Sicherung der Kaiserebersdorfer Canalbrücke beordert. Nachdem Wien unter Neipperg’s Mitwirkung am 31. October wieder erobert war, zog er mit der Brigade Wyß am 3. November nach Wagram und übernahm am 4. mit seinem Streifcommando von Angern aus die Sicherung der Marchgrenze gegen die Ungarn. Mitte November erhielt N. das Commando der I. Majorsdivision des nunmehrigen Chevauxlegersregiments Nr. 2 Erzherzog Karl Ludwig, welches der Brigade Sossai im Corps des Feldmarschalllieutenants Simunich zugetheilt war. Im Vorrücken auf Tyrnau zeichnete sich N. bei der Forcirung von Jablonic (6. December) in den Scharmützeln vor dem Schlosse Osuska und Ljeskov (6. und 9.), im siegreichen Gefechte vor Nádas (14.) und gelegentlich der Schlacht und Einnahme von Tyrnau am 16. December aus. Vom 20. December an hatte er mehrere Streifcolonnen im oberen Waagthale, bei Vaghuyhely, Leopoldstadtl und Neutra zu führen, bis er am 25. und 30. December der Einschließung und Beschießung Leopoldstadts beiwohnte. Am 27. Februar 1849 rückte er in der Brigade Sossai von Neuhäusl auf die große Schütt zur Cernirung Komorns, während welcher er an mehreren Gefechten, so beim feindlichen Ausfall gegen O’Gyálla (am 12.), dann an den Gefechten und Scheinangriffen vom 30. und 31. März und an dem blutigen Treffen bei Nemes-Oers am 22. April hervorragenden Antheil nahm. Vom 30. April bis 28. Mai in der Brigade Weigl, recognoscirte N. bei Duna-Szerdahély, focht am 14. Mai beim Meierhofe Loipersdorf und Tags darauf bei Schütt-Sommerein. Am 1. Juni wurde N. mit den übrigen drei Divisionen des Regiments bei der Brigade Benedek eingetheilt, zeichnete sich am 28. Juni im Gefechte bei Nafalu, dann bei der Schlacht und Einnahme von Raab, am 2. und 11. Juli in den siegreichen Schlachten bei Komorn, am 5. August im Gefechte bei Szöreg (Szegedin), am 8. und 9. August im Gefechte bei Orczidorf, ferner in der Schlacht und beim Entsatze von Temesvár aus; am 17. August überfiel er im Marosdefilé bei Birkis den feindlichen Train, erbeutete 1500 Wagen mit Kriegsvorräthen und nahm die zahlreiche Bedienung gefangen. Für sein thatkräftiges, umsichtiges und ersprießliches Wirken während der Wirren 1848/49 wurde Graf Erwin N. am 1. December 1848 zum I. Major, am 14. September 1849 zum Oberstlieutenant befördert, am 8. Januar 1850 zum Obersten und Commandanten des 2. Dragonerregiments (heute Husarenregiment Nr. 15) ernannt; auch wurde ihm der Ausdruck der Allerhöchsten Zufriedenheit, ferner der österreichische Orden der Eisernen Krone III (K.-D.), das Militärverdienstkreuz (K.-D.) und der kaiserlich russische St. Annenorden II. Classe zu Theil.

[607] Seit dem 27. Juli 1854 Generalmajor und Brigadier im IX. serbisch-banatischen Armeecorps trat N. am 14. Januar 1856 in Disponibilität, um noch am 16. November desselben Jahres ein Brigadecommando im I. Armeecorps zu übernehmen, das er am 13. März 1858 mit einem solchen im III. Armeecorps und am 2. October beim I. Cavalleriecorps vertauschte. Im Kriegsjahre 1859 war er zugetheilter General beim I. Corps Wimpfen, dann im IV. Corps Schlick, schließlich bei der III. Armee unter Erzherzog Albrecht, ohne Gelegenheit zu finden, sich rühmlich hervorzuthun. Am 19. März 1863 erfolgte seine Ernennung zum Feldmarschalllieutenant und Cavalleriedivisionär in Oedenburg und am 6. Februar 1864 seine Zutheilung zum VI. Armeecorpscommando als Stellvertreter des Feldmarschalllieutenants Baron Gablenz. Hier führte er beim Einmarsche in Jütland am 8. März die linke Angriffscolonne (österreichische Brigaden Dormus und Thomas, dann die preußische Brigade Münster), wurde aber durch Elementarereignisse gehindert, die Koldingau rechtzeitig zu überschreiten und traf erst nach der Entscheidung des Gefechtes in Veile ein. Vom 19.–21. März war er Commandant der österreichischen Streitkräfte bei der Beschießung und Berennung Fridericias. Für seine Thätigkeit in diesem Feldzuge ward ihm die Anerkennung seines obersten Kriegsherrn und der königlich preußische Kronenorden I. Cl. mit Schwertern zum Lohn.

1866 übernahm Feldmarschalllieutenant Graf N., der seit dem 24. September 1864 Commandant der Bundesfestung Mainz war, das Commando der 4. Division im VIII. Bundesarmeecorps unter Feldmarschalllieutenant Prinz Alexander von Hessen. Seine Division bestand aus der österreichischen Brigade Generalmajor Hahn: 7 Bataillone mit 7053 Mann und 16 Vorderladgeschütze mit 381 Mann, ferner aus der herzoglich nassauischen Brigade Generalmajor v. Roth, die aber bei Neipperg’s Operationen ebensowenig in Betracht kam, wie die großherzoglich hessische III. Division unter Generallieutenant v. Perglas. Diesen Kräften stand gegenüber: von der preußischen Mainarmee unter dem General der Infanterie Vogel v. Falckenstein dessen 13. Infanteriedivision (Generallieutenant v. Göben) mit den Infanteriebrigaden Generalmajor v. Wrangel und v. Kummer, bestehend aus 13 Bataillons mit 13 368 Mann, 31 Geschützen mit 850 Mann, dann der Cavalleriebrigade v. Tresckow 9 Escadronen mit 1405 Reitern, also mehr als die doppelte Uebermacht.

Nach dem Siege von Kissingen (10. Juli) verfolgte General der Infanterie Vogel v. Falckenstein nicht die auf Schweinfurt zurückweichenden Baiern, sondern warf sich auf das VIII. Bundescorps, das sich im Raume Aschaffenburg-Babenhausen sammelte. Die preußische Avantgarde unter Generallieutenant v. Göben rückte in 3 Colonnen von Goldbach gegen Aschaffenburg und stieß bei Lausach auf die III. Division des Generallieutenants v. Perglas, der hier geschlagen, seine Hessen ohne jeden Grund mainabwärts führte, wiewol er den Befehl hatte, Flanke und Rücken der IV. Division zu decken. (Um den Bundesgenossen nicht zu verletzen, war es vermieden worden, N. als dem älteren der beiden Generale den Oberbefehl zu übertragen.) Hierauf traf v. Göben auf die österreichische Division des Grafen Neipperg bezw. die österreichische Brigade Hahn, welche vom Corpscommando den strikten Befehl erhalten hatte, über Darmstadt nach Aschaffenburg zu rücken, diese Stadt und den Mainübergang bis zum Eintreffen der Württemberger und Badenser zu sichern und gleichzeitig der vorgeschobenen III. Division Perglas zur Aufnahme zu dienen. Inzwischen waren aber die Nassauer (Generalmajor v. Roth) auf Befehl ihres Herzogs zur Vertheidigung Wiesbadens abmarschirt.

N., ohne Reiterei und ohne jede Hülfe, zog nun nach tapferem doch vergeblichem [608] Widerstande die Brigade Hahn über die Mainbrücken. Die zunächstgelegene derselben war jedoch schon von den Preußen besetzt, weshalb ein Theil der so abgeschnittenen Oesterreicher hier und auf einer infolge Ueberlastung auf Grund gerathenen Fähre in Gefangenschaft gerieth. Im Kampfe vor und in Aschaffenburg verlor die Brigade Hahn 37 Officiere und 2280 Mann, während der Verlust der Preußen sich auf 17 Officiere und 163 Mann beschränkte. Im Treffen von Tauber-Bischofsheim (24. Juli) kam N. am Kützberg en reserve nur mit der Artillerie zur Thätigkeit; die badische Division unter dem Prinzen Wilhelm ist während des Gefechtes verschwunden, hatte Werbach verlassen und zog sich ohne Befehl von oben gegen Würzburg. Auch am folgenden Tage, an welchem diese Division ihre Stellung bei Ober-Altertheim zu halten hatte, setzten die Badenser während des Gefechtes bei Gerchsheim ohne jedweden höheren Befehl ihren Rückzug auf Würzburg fort, so daß der Commandirende Prinz von Hessen sich genöthigt sah, der Division bezw. Brigade Neipperg den Befehl zum Rückzuge zu geben, bevor sie noch recht in Action getreten war. Die Division nahm dann noch am 28. Juli an dem Geschützkampfe gegen Würzburg[WS 1] theil.

Das Gefecht von Aschaffenburg, in dem man Alt-Oesterreichs Krieger allein und unter den seltsamsten Umständen mit altem Heldenmuth kämpfen sah, war eine der letzten Scenen des Trauerspieles von 1866. Sie machte den österreichischen Soldaten den Abschied von der romantischen deutschen Bundeszeit leichter. N., der letzte österreichische General, der mit deutschen Bundestruppen auf reichsdeutschem Boden gegen deutsche Gegner gefochten hat, hat traurige Erfahrungen dabei gemacht, aber die Ehre der kaiserlichen Fahnen hochgehalten an der Spitze der letzten „schwarz-roth-goldenen“ Truppen.

Nach Bendigung des Krieges erhielt N., der – wie der Prinz von Hessen relationirte – die schwierigsten Aufgaben des VIII. Bundescorps selbständig und richtig gelöst, energisch auf Geist und Disciplin der Truppen gewirkt und gehoben, sie im Kampfe zweckmäßig geführt und mit hoher persönlicher Tapferkeit vorangeleuchtet hat, das Commandeurkreuz des österreichischen Leopoldordens mit der Kriegsdecoration, das Großkreuz des herzoglich nassauschen Adolfordens mit den Schwertern und wurde am 8. August für kurze Zeit dem 10. Armeecorps zugetheilt, um schon am 6. September 1866 das Commando der 14. Truppendivision in Preßburg zu übernehmen, von welchem Posten er – der sich kaiserlicher als der regierende Kaiser eines vielgegliederten, polyglotten Staates zeigen durfte – unter merkwürdigen Umständen schied. Im Fasching des Jahres 1868 arrangirte der Preßburger Honvéd-Verein zur Unterstützung von Wittwen und Waisen nach Honvéds einen Ball, zu welchem N. sammt dem Officiercorps durch den Vorstand Udvárnoky und ein Comité eingeladen wurde. N. sagte diesen Herren nach kurzer politischer Einleitung: er erkenne zwar den Honvédverein als ein gesetzlich constituirtes untadelhaftes Humanitätsinstitut, allein er wisse ganz bestimmt, daß die Honvéds solche Zwecke verfolgen, denen er als kaiserlicher Officier ferne bleiben müsse. Er wisse bestimmt, daß die Honvéds dahin trachten, die kaiserlich österreichische Armee eher heute als morgen über die Grenze zu bringen, daß sie Denkmäler einer traurigen Vergangenheit errichten und an der Geschichte der ruhmvollen österreichischen Armee mäkeln; ferner, daß an der Einheit der kaiserlichen Armee, die den Gesammtstaat nach außen allein zu schützen im Stande war und ist, und die Ruhe nach innen allein garantirt, nicht gerüttelt werden dürfe. Nach all’ dem sei ihm leid, den Herren erklären zu müssen, daß er die Einladung zum beabsichtigten Ball ablehne und auch nicht gestatten könne, wie ers schon bei Gelegenheit der jüngst stattgehabten Theatervorstellung [609] gethan, daß die Officiere der Garnison Preßburg an dem Balle theilnehmen. Kurz darauf überbrachten Baron Vay und Graf Bethlén die Forderung Udvárnoky’s; N. wählte Generalmajor Bertlin und Oberst Vlasitz als Secundanten; dem Kaiser und König wurde pflichtgemäß Vortrag erstattet, doch Seine Majestät verbot das Duell und entsandte den Grafen Wenkheim zur Intervention nach Preßburg. N. wurde hierauf abberufen und erhielt am 20. März 1868 das Commando der II. Truppendivision. Die Tendenzen der Honvéds sind seitdem die gleichen geblieben, die Gesammtarmee jedoch und jeder vorurtheilsfreie Staatsbürger pflichten heute mehr denn je den Worten Neipperg’s bei: „An der Einheit der Armee darf nicht gerüttelt werden“.

Am 3. Juli 1869 wurde Graf N., der seit 27. Februar nach Feldzeugmeister Graf Hartung das Wiener Generalcommando provisorisch führte, commandirender General von Lemberg, am 19. August 1869 wirklicher Geheimer Rath, am 16. Mai 1870 General der Cavallerie ad honores, am 20. December 1871 wirklicher General der Cavallerie, erhielt am 5. Januar 1873 in Anerkennung seines hervorragend verdienstvollen und vorzüglich befriedigenden Wirkens auf seinem Dienstposten als Commandirender den österreichischen Orden der Eisernen Krone I. Classe mit der Kriegsdecoration III. Classe, wurde am 17. April 1873 Ritter vom goldenen Vließe und am 9. Juni 1876 Großkreuz des österreichischen Leopoldordens mit der Kriegsdecoration des Commandeurkreuzes. Unter gleichzeitiger Ernennung zum Hauptmann der k. k. Trabanten-Leibgarde und Hofburgwache wurde am 13. October 1878 Gen. d. Cav. Graf Erwin Neipperg’s wiederholt angestrebte Enthebung vom Activdienste und von dem Posten eines commandirenden Generals Allergnädigst genehmigt und ihm hierbei für die vieljährige und jederzeit ausgezeichnete Dienstleistung bei der Truppe der Allerhöchste Dank ausgesprochen. In seiner neuen und abschließenden Verwendung wurde N. 1890 noch durch Verleihung des Großkreuzes des ungarischen St. Stefansordens ausgezeichnet.

Am 2. März 1897 starb N. in seinem 84. Lebensjahre auf seinem Stammsitze Schwaigern in Württemberg, aufrichtig betrauert von der k. u. k. Armee, die in der alten strammen „Erlaucht“ mit dem grimmigen, dennoch liebenswürdigen Antlitz einen von wahrhaft adeliger Gesinnung erfüllten Grandseigneur, einen tapfern, klarblickenden Führer im Kampfe und einen beispielgebenden Commandanten für Arbeiten im Frieden verlor.

Seit dem 16. Mai 1865 Inhaber des Cürassierregiments Nr. 12 (heute Dragonerregiment Nr. 12 Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch) besaß er außer den schon genannten noch eine Reihe anderer Decorationen.

Am 25. August 1852 schloß N. einen zweiten Ehebund mit Prinzessin Maria Rosa v. Lobkowitz (geb. am 13. Juni 1832, † am 15. Februar 1905), welchem folgende Kinder entsprossen: Graf Maria Reinhart Georg Ignaz, geb. am 30. Juli 1856 zu Hořin, seit 30. Juni 1880 zu Prag vermählt mit der am 19. August 1857 geborenen Gräfin Gabriela v. Waldstein-Wartenberg, welcher Ehe 5 Söhne und 2 Töchter entstammen; Gräfin Marianna Anna Bertha Theresia, geb. am 7. August 1857 zu Prag, vermählt seit 4. September 1884 mit dem Fürsten Ferdinand Zdeňko v. Lobkowitz, Herzog zu Raudnitz. Dieser Verbindung entsprossen 4 Söhne und 6 Töchter; und Gräfin Maria Hedwig Sidonia Bernhardine, geb. am 22. Juli 1859 zu Hořin, welche am 12. Juni 1881 zu Wien den Grafen Franz v. Königsegg-Aulendorf ehelichte und ihn mit 4 Söhnen und 6 Töchtern beschenkte.

[610] I. Acten, Protokolle und sonstige authentische Quellen des k. und k. Kriegsarchivs und der beiden Registraturen des Reichskriegsministeriums, sowie das Grundbuch der Fachrechnungsabtheilung in Wien; ferner Mittheilungen der Tochter des Grafen Neipperg, der Fürstin Bertha, Ferdinand Zdeňko Lobkowitz in Raudnitz.
II. Gedruckte Litteratur: Bettelheim, Deutscher Nekrolog II, 325 f. – Geschichte der k. u. k. techn. Militärakademie I, 751 f. – Geschichte des k. u. k. Ulanen-Regmts. Nr 11. – Gesch. des Dragoner-Regmts. Nr. 12, S. 245 ff. – Gothaischer Hofkalender 1834 III, 186 ff., 1848 III, 263 u. a. – Hübner, Geneal. Lexikon, S. 350. – Kneschke, Deutsche Grafen-Häuser II, 150 ff. – Erwin Neipperg, Das Gefecht bei Aschaffenburg. – Oettinger, Moniteur des Dates. – Ranfft, Genealog. Archivarius IV, 288, VIII, 335, XI, 230, III, Suppl. 709 f., XVII, 181, 193, XX, 475, IV, Suppl. 653 ff., XXXII, 182, 192, XXXV, 488, XL, 941, XLIV, 263, XLIX, 746 ff. – Desselben Genealog.-hist. Nachrichten VI, 562, 565 ff., 571 ff. – Silberer, Generalität der k. und k. Armee I, 78 ff. – Wurzbach, Lexikon des österr. Kaiserstaates XX, 146–162. – Zedler (Leipzig und Halle 1732–54) XXIV, 301 ff. – Armeeblatt 1897, Nr. 10. – Kamerad 1867, Nr. 13, S. 111. – Vedette (Reichswehr) 1897, Nr. 47. – Die officiellen Werke über die Feldzüge 1848/49, 1859, 1864, 1866 und andere Broschüren.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Wüzburg