ADB:Murer, Christoph (2. Artikel)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Murer, Christoph“ von Johann Rudolf Rahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 58–60, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Murer,_Christoph_(2._Artikel)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 16:37 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Konrad von Mure
Band 23 (1886), S. 58–60 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christoph Murer in der Wikipedia
Christoph Murer in Wikidata
GND-Nummer 11885254X
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|23|58|60|Murer, Christoph|Johann Rudolf Rahn|ADB:Murer, Christoph (2. Artikel)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11885254X}}    

Murer: Christoph M.[WS 1], Formschneider, Kupferätzer, Maler, Glasmaler und Topograph (mit eigner Unterschrift auch Maurer gen.), geb. in Zürich 1558 † in Winterthur 1614. 1600 Mitglied des großen Rathes, 1611 Amtmann in Winterthur. Zu dem oben Bd. XX. p. 697 enthaltenen Artikel ist folgendes nachzutragen: Murer’s Vater hieß nicht Josias, sondern Jos oder Jost (s. u.). 1576 mag M. seine Wanderung angetreten haben, von der er 1586 in die [59] Vaterstadt zurückkehrte. Nach Sandrart hätte er die Lehre bei dem Vater gemacht und sich dann bei Tobias Stimmer in Straßburg bethätigt. Murer’s Anwesenheit daselbst im J. 1584 ist officiell beglaubigt, daß dagegen diese beiden Künstler sich zuweilen desselben Monogrammes bedient haben sollen, muß ebenso bestimmt zurückgewiesen werden, wie Rettbergs Angabe von Beziehungen Murer’s zu Christoph Stimmer durch den Umstand widerlegt wird, daß beide höchst unwahrscheinlich zu gleicher Zeit in Straßburg weilten. Auch Beweise für Murer’s Aufenthalt in Nürnberg und Augsburg lassen sich nicht erbringen. Vielleicht sind die bezüglichen Angaben auf die Verwechselung mit einem gleichnamigen Glasmaler zurückzuführen, der 1618–23 in Reutlingen lebte. Immerhin ergiebt sich, daß M. auch fremde Auftraggeber hatte. In einem erst neuerdings veröffentlichten Briefe von 1604, ist von Bestellungen aus Nürnberg und Speyer die Rede. Glasgemälde von M. sind in geringer Zahl erhalten. Seine Productivität auf diesem Gebiete scheint überhaupt keine große gewesen zu sein, was ohne Zweifel mit der überaus sorgsamen Art seines Betriebes zusammenhing. Solche Werke, die bald das Monogramm, bald den vollen Namen des Meisters tragen, sind Perlen der Cabinetmalerei. Zu den schönsten gehören die 1597 und 1598 datirten Glasgemälde mit Allegorien und dem Stadtwappen von Nürnberg, welche das germanische Museum daselbst besitzt und eine Folge von Standesscheiben im Rathhause von Luzern. In der Auffassung des Figürlichen neigt M. schon stark dem Barock zu, wozu noch eine dem Meister eigenthümliche Manier in der Zeichnung der Köpfe, der Draperien und die besondere Auswahl der Töne kommt, an der man seine Werke auf den ersten Blick erkennt. Von der strengen Richtung der älteren Technik ist M. als einer der ersten abgegangen, indem er erfolgreich den Wetteifer mit der opaken Malerei begann. Manche seiner Glasgemälde sind sogenannte Monolithminiaturen, d. h. auf einer Platte ausschließlich mit Schmelzfarben gemalt. M. hat diese Technik mit außerordentlicher Virtuosität geübt, die sich namentlich in der feinen Durchbildung des Nackten und der ausführlichen Behandlung der landschaftlichen Hintergründe bewährt. Daß der Meister im Uebrigen auch handwerkliche Aufträge nicht verschmähte, geht aus dem eigenen Berichte über seine Thätigkeit als Flachmaler hervor. Außerdem weiß Sandrart von Façadenmalereien zu berichten, die M. an Zürcherischen Häusern ausgeführt hatte. Von Oelgemälden sind bekannt die Bildnisse Hospinians in der Stadtbibliothek zu Zürich, des Bürgermeisters Bernhard v. Cham und Hans Ulrich Wolfs im Privatbesitze zu Basel. Unter seinen Radirungen sind die bedeutendsten die große aus mehreren Blättern zusammengesetzte Tafel von 1580 mit Scenen aus der Gründungsgeschichte der Eidgenossenschaft, darüber die Wappen der 13 alten und der zugewandten Orte, eine Hirschjagd von 1605 und die Sammlung von 40 emblematischen Blättern, die 1622 nach seinem Hinschiede in Zürich erschien. Von Holzschnitten wird außer den oben Bd. XX, p. 698 angeführten Blättern eine Karte der Schweiz und eine Darstellung der Flucht nach Aegypten genannt. Wie sein Vater Jos oder Jost so hat sich auch M. gelegentlich mit der dramatischen Dichtkunst abgegeben. Im Drucke erschienen: „Scipio Africanus, spilsweyß beschriben“, Zürich 1596, und nach seinem Tode von Heinrich Murer herausgegeben, die Comödie „Ecclesia Edessaena Mesopotamica afflicta“. Außerdem ist er Verfasser eines unbedeutenden Gedichtes über die Entstehung der Eidgenossenschaft.

Sandrart, Teutsche Academie, Bd. I, 1675. Th. II. 3. Buch, S. 253. Leu, Allg. Helvet. Lexikon, Bd. XII, Zürich 1757. S. 574 ff. J. C. Füßli, Geschichte der besten Künstler in der Schweiz, Bd. I, Zürich 1769. S. 68 ff. J. R. Füßli, Allg. Künstlerlexikon, Zürich 1779. u. Suppl. 1809. Neujahrsblatt der Künstlergesellschaft in Zürich auf das Jahr 1845. [60] S. 7. Anzeiger für schweizerische Alterthumskunde, 1880. S. 56. 1883. S. 465. 1885. S. 151 ff. H. Meyer, Die schweizerische Sitte der Fenster- und Wappenschenkung, Frauenfeld 1884, besonders S. 215 ff., 274 ff.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 20 ein weiterer Artikel.