ADB:Mieg, Johann Friedrich (reformierter Theologe)

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Artikel „Mieg, Johann Friedrich (reformierter Theologe)“ von Friedrich Wiegand in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 395–397, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mieg,_Johann_Friedrich_(reformierter_Theologe)&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 04:15 Uhr UTC)
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Mieg: Johann Friedrich M. war der Stammvater eines pfälzischen reformirten Theologengeschlechtes, das im 17. und 18. Jahrhundert in Heidelberg, aber auch in Marburg und Herborn blühte und dessen bedeutendster Vertreter Johann Friedrichs Sohn, Ludwig Christian, gewesen ist. Johann Friedrich der Aeltere, wie man gut thut, ihn im Gegensatze zu seinem oft mit ihm verwechselten gleichnamigen Enkel zu nennen, war als Sohn des kurpfälzischen Geheimen Rathes und Vicekanzlers Johann Ludwig Mieg am 12. August 1642 zu Heidelberg geboren und übte sich, noch im Schüleralter stehend, der Sitte der Zeit gemäß gern und mit Erfolg im Disputiren. So entstanden seine Erstlingsdissertationen „De natura et usu primae philosophiae“ (1657) und bei Gelegenheit des Baseler Universitätsjubiläums die seinem Landesherrn, dem Kurfürsten Carl Ludwig, gewidmete Schrift „De raptu Eliae ex 2. Reg. II“ (1660). Letztere vertheidigte er unter dem Vorsitze des Johannes Buxtorf II, der seitdem Mieg’s warmer Freund und Gönner blieb. [396] Als M. 1662 zu weiteren Studien nach England ging, empfahl ihn Buxtorf dringend an Lighfoot. Doch letzterer antwortete, es habe dieser Empfehlung überhaupt nicht bedurft; M. zähle nach Talent und Charakter zu den besten Studenten, die je über den Canal gekommen seien und werde vom ganzen St. Katharinen-College in Cambridge gleicherweise geschätzt und geliebt. Ebenso rühmt Buxtorf Mieg’s Eifer im Hebräischen, Rabbinischen und Arabischen, als er ihn bei seiner Uebersiedelung von Cambridge nach Leyden um die Wende von 1663 und 1664 an Coccejus weist. M., der nicht verfehlte, auch seinem Kurfürsten über Reiseerlebnisse und wissenschaftliche Fortschritte zu berichten, scheint dann noch in Frankreich gewesen zu sein, ehe er nach Basel zurückkehrte, um hier auf Grund einer Dissertation „De spiritu servitutis“ (Röm. 8, 15) am 12. April 1667 zum Doctor der Theologie promovirt zu werden. Im selben Jahre noch ging M. als Professor und Consistorialrath nach Heidelberg, wo er schon 1668 auf kurfürstlichen Befehl eine Denkschrift über die Hebung des hebräischen Unterrichtes ausarbeitete, in der er für tüchtige Hebraisten besondere finanzielle Unterstützung vom Kurfürsten verlangt. In der Hauptsache freilich beschränkte sich Mieg’s litterarische Thätigkeit auf Abfassung zahlreicher Dissertationen aus der alt- und neutestamentlichen Exegese, die seine Schüler unter seinem Vorsitze zu vertheidigen hatten. Die an wirklichen Problemen arme Zeit erschöpfte sich in diesen Einzelheiten, die viel Gelehrsamkeit und dialektische Gewandtheit beanspruchten, ohne doch dem Ganzen der theologischen Wissenschaft irgendwelchen Nutzen zu bringen. Es verlohnt sich daher kaum, die etwa vierzig lateinischen Titel dieser kleinen Arbeiten, an denen M. einen größeren oder geringeren Antheil hatte und die Büttinghausen (s. u. S. 49–61) Jahr für Jahr gewissenhaft anmerkt, hier wiederzugeben. Es genügt, daran zu erinnern, daß Hasäus und Iken eine Auswahl von fünf dieser Dissertationen in ihrem Thesaurus novus theologico-philologicus 1732 abgedruckt haben, nämlich „De stella et sceptro Bileamitico Num. 24, 17—19“ (1669); „De scala Jacobi Gen. 28, 12“ (1670); „De gloria templi secundi Hagg. 2, 5—10“ (1673); „De stella a magis conspecta Matth. 2, 2“ (1676); „De argumento quo Christus resurrectionem mortuorum adversus Sadducaeos propugnavit Matth. 22, 32“ (1677). Wichtiger sind jedenfalls einige andere Schriften von M. Vom Kurfürsten zu einer Aeußerung über den Judeneid aufgefordert, kam er diesem Befehle 1672 mit einer ungedruckten Denkschrift nach und ließ noch im selben Jahre über denselben Gegenstand eine kleine Broschüre ausgehen: „R. Mosis Maimonidis Tractatus de Juramentis secundum leges Hebraeorum qui in Corpore Juris Maimoniano primus est partis sextae. Latine versus et notis necessariis illustratus. Addita est Praefatio de Juramentis judaicis, quatenus ea admitti tuto in foris Christianorum possint.“ Auch hatte er Gelegenheit, die Ehre des reformirten Protestantismus gegen die Anwürfe eines Convertiten, diesmal in deutscher Sprache, zu vertheidigen. Es geschah 1687 in dem Tractat: „Vertheidigung der Reformirten Pfälzischen Kirchen und Lehren gegen die übeln Nachreden Herrn Jo. Jacobi Petisci, vormaligen Pfarrers der Reformirten Gemeine zu Weinheim, nunmehr Churfürstlichen Bibliothekarii, durch welche selbiger seinen Abtritt von derselben in einem jüngst hervorgegebenen Tractätlein, so er Himmlischer Sonnen liebliche Frühlings-Stralen nennet, zu beschönen suchet.“ M. war inzwischen mit seiner heimischen Universität eng verwachsen. Zweimal, 1676 und 1684, führte er das Rectorat; dem im J. 1680 verstorbenen Kurfürsten Karl Ludwig hielt er eine lateinische Gedächtnisrede, die indessen erst sein Enkel Johann Friedrich M. zum Druck befördert hat; beim Universitätsjubiläum 1686 figurirte er als Präses und Promotor. [397] Durch die Ungunst der politischen Verhältnisse war die Universität Heidelberg stark zurückgegangen; M. hatte sich darüber bereits im J. 1680 in einem eigenen Berichte ausgesprochen. Aber er sollte die Noth auch an seinem Leibe verspüren. Als die Franzosen die Pfalz verwüsteten und Heidelberg verbrannten, schleppten sie auch M. als Geißel nach Straßburg (Brief vom 3. März 1689). Erst nach beinahe Jahresfrist gelang es den reformirten Schweizern, ihn mit einer großen Geldsumme loszukaufen. Laurentius Croll begrüßte seine Rückkehr am 19. Februar 1690 mit einer Festschrift. Aber die Pfalz war ihm verleidet; der Zustand der Universität ließ für die nächste Zukunft die Hoffnung auf eine gedeihliche Wirksamkeit nicht aufkommen. So nahm M., trotzdem man sich alle Mühe gab, ihn in Heidelberg zu halten, schon im folgenden Jahre einen Ruf nach Groningen an, wo er am 15. Juni seine Antrittsrede „De spiritu ecclesiae christianae harmonico“ hielt, die auch gedruckt ist. Doch schon wenige Wochen darauf, an seinem 49. Geburtstag, am 12. August 1691, ereilte ihn plötzlich der Tod.

Carl Büttinghausen, Ergötzlichkeiten aus der Pfälzischen und Schweizerischen Geschichte und Litteratur, 1766, 3. Stück, S. 39–68. – Derselbe, Beyträge zur Pfälzischen Geschichte, 1776/77, I, 7–20; II, 191–199.