ADB:Münster, Georg Graf zu
Schlotheim und Hoeninghaus in Crefeld zusammenbrachte. Viele der darin vorfindlichen Exemplare wurden [28] von Goldfuß bei Herausgabe des paläontologischen Prachtwerkes „Petrefacta Germaniae“, 1826–1844, welches, wie der Titel ausdrücklich hervorhebt, unter Mitwirkung Münster’s zu Stande kam, zur Beschreibung und Abbildung benutzt. Diese großartige, fast alle Schichtensysteme umfassende Sammlung ging nach Münster’s Tode in den Besitz des bairischen Staates über und bildet den Hauptstock des inzwischen großartig vermehrten paläontologischen Museums in München. Namentlich waren es die damals in dem Strafarbeitshause zu St. Georgen bei Baireuth bearbeiteten oberdevonischen Marmorkalke (Clymenien-, Goniatiten- und Orthoceratitenkalke) des Fichtelgebirgs, aus welchen M. eine erstaunlich reiche paläontologische Fauna für die Wissenschaft rettete, da später kaum mehr Bedeutendes aus dieser Ablagerung erbeutet wurde. Sorgfältig ausgearbeitet bildeten diese Versteinerungen den Gegenstand einer ebenso gründlichen, wie umfangreichen Publication, welche als erstes Heft einer fortlaufenden Reihe paläontologischer Abhandlungen nach der Art der Schlotheim’schen Petrefactenbeschreibung (Petrefactenkunde, 1820–23) 1832 unter dem Titel: „Beiträge zur Petrefacten-Kunde“ (2. Aufl. 1843) erschienen ist und neben zahlreichen Abhandlungen Münster’s auch Arbeiten des berühmten Paläontologen Herm. v. Meyer enthält. Auch aus dem berühmten versteinerungsreichen Kalkschiefer von Solenhofen wußte M. eine höchst umfangreiche Sammlung zusammenzubringen. Die zahlreichen, meist guterhaltenen Krebsüberreste dieser Schichten werden in dem 2. Hefte 1839 in gleich gründlicher Weise geschildert und gut abgebildet. Auch das 3. Heft 1840 beschäftigt sich meist mit der Beschreibung von Versteinerungen aus den vorher genannten Schichten. In den Alpen galten bis dahin Versteinerungen als Seltenheiten; desto größer war das Erstaunen über den Reichthum und die Artenfülle von Petrefacten einer Mergelbank bei St. Cassian im Ennebergischen in Tirol, auf die L. v. Buch aufmerksam gemacht hatte und aus welcher M. eine höchst ansehnliche Menge, nämlich 422 Arten, in dem 4. Hefte 1841 beschrieb und abbildete, nachdem er bereits in Leonhard’s und Bronn’s Jahrbuch für Mineralogie etc., Jahrg. 1834, die Aufmerksamkeit auf die vermeintliche Eigenthümlichkeit dieser Fauna, mehrere in anderen Gegenden auf verschiedene andere Systeme vertheilte Arten, z. B. des Muschelkalks, Lias und des weißen Juras vermengt zu beherbergen gelenkt hatte. Dieses abweichende Verhalten hat erst in neuerer Zeit seine richtige Deutung erhalten. Die drei letzten Hefte (5tes 1842; 6tes 1844), von welchem das 7te erst nach Münster’s Tode von Prof. Dunker 1846 zur Veröffentlichung gebracht wurde, enthalten zahlreiche interessante Abhandlungen Münster’s und anderer Gelehrten. Diese Schriften können als Vorläufer von Meyer’s wichtigen Publicationen „Zur Fauna der Vorwelt“ und den „Palaeontographica“, 1851–1877 angesehen werden. Münster’s sonstige kleinen sehr zahlreichen Publicationen über paläontologische Gegenstände, welche meist in Leonhard’s Taschenbuch für Mineralogie und in Leonhard’s und Bronn’s Jahrbuch für Mineralogie etc. und in Keferstein’s Zeitschrift „Teutschland geognostisch-geologisch dargestellt“ sich finden, verbreiten sich über fast alle Abtheilungen des Thier- und Pflanzenreichs. Bemerkenswerth ist, daß M. die erste Nachricht über seine reiche Petrefactensammlung in Férussac’s Bull. de Géologie IX. 275 gab und dabei sehr treffliche Bemerkungen über die Zugehörigkeit verschiedener Gesteinsbildungen nach ihrer Versteinerung zu den damals unterschiedenen Formationen beifügte. Hervorzuheben sind als besonders bemerkenswerth die Bemerkungen über verschiedene Arten von Cypris und Cythere, über das Vorkommen von Pterodactylus, über Belemniten, über eine neue Art von Pterodactylus, über das geognostische Vorkommen der Ammoneen und Nautilaceen in Deutschland, über den oolithischen Thoneisenstein im südlichen Deutschland, über fossile Fischzähne [29] im Muschelkalk, über den Kalk von Hohenstein, den er richtig als jurassische Ablagerung erkannte, über verschiedene organische Ueberreste in Westfalen und Baiern, über tertiäre Meeresgebilde bei Cassel, über mittlere Juragebilde bei Hildesheim, Verzeichniß der Versteinerungen zu Baireuth (selbständig erschienen), über Sternberg’s Flora, über einige neue Versteinerungen in den lithographischen Schiefern von Baiern, über das Alter des oberfränkischen Uebergangsgebirgs, über Fische im Kupferschiefer, über süddeutsche Liasreptilien u. A. Münster’s Sammeleifer spornte auch andere Freunde der Naturwissenschaft zum Aufsuchen von Versteinerungen an. Es entstand auf diese Weise eine ansehnliche Kreissammlung, in Baireuth namentlich durch Braun’s Bemühungen und in Ansbach veranlaßte der Präsident von Andrian ebenfalls die Anlage einer Kreissammlung, wie denn auch die Entstehung der reichen herzoglichen Petrefactensammlung auf Schloß Banz auf Münster’s Anregung zurückzuführen ist. Bei seinem Eintritt in den Ruhestand erhielt M. den Titel eines Regierungsdirectors. Ein fossiles Algengeschlecht wurde ihm zu Ehren vom Grafen von Sternberg mit dem Namen Muensteria bezeichnet und Deslangchamps schlug für die Bezeichnung Aptychus den Namen Muensteria vor. Außerdem sind mehrere Arten von Versteinerungen durch seinen Namen gekennzeichnet.
Münster: Georg Graf zu M., bairischer Kammerherr und Regierungsdirector, bekannt durch seine ausgezeichnete Petrefactensammlung und als kenntnißreicher Paläontologe, war geboren am 17. Febr. 1776 und starb zu Baireuth am 23. December 1844. Derselbe entsproßte dem alten westfälischen Reichsgrafengeschlechte Münster und erhielt während der Herrschaft der Markgrafen in Ansbach-Baireuth eine Anstellung bei der Landesregierung in Baireuth. Bei dem Uebergange des Landes an die Krone von Baiern wurde M. mit übernommen und verblieb als Mitglied der Kreisverwaltung als Regierungsrath im administrativen Dienste, beschäftigte sich außerdem in der ausgedehntesten und ergiebigsten Weise mit Sammeln und wissenschaftlicher Bearbeitung von Versteinerungen, so daß er mit Hülfe seines eifrigen und findigen Dieners Dietrich auf seinen zahlreichen und ausgedehnten Reisen eine der damals wohl umfangreichsten und bedeutendsten Privatsammlungen neben jenen von- Poggendorff, Biographisches Lexikon II, 231.