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Artikel „Mülinen, Kaspar von“ von Emil Blösch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 491–493, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BClinen,_Kaspar_von&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 11:42 Uhr UTC)
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Mülinen: Kaspar v. M., geb. den 4. Januar 1481, stammte aus einer edeln Familie des Aargaues, welche durch mehrere Generationen hindurch mit den Habsburgern befreundet und diesem Hause treu ergeben, nach der Eroberung des Aargaues durch die Berner (1415) nur nach längerem Widerstreben sich an Bern angeschlossen und dort heimisch gemacht hatte. Der Vater Kaspars hieß Johann Friedrich, seine Mutter, Barbara v. Scharnachthal, war die Wittwe des 1476 [492] verstorbenen Schultheißen Niklaus v. Diesbach (A. D. B. Bd. V S. 142). Die Stellung seiner Familie brachte es mit sich, daß er schon frühe in die Staatsgeschäfte hineingezogen wurde. Im J. 1500 trat er in den Großen Rath und wurde zum Schultheißen von Burgdorf erwählt. 1506 machte er eine Wallfahrt ins gelobte Land, wurde Ritter des heiligen Grabes und der heiligen Katharina vom Berge Sinai. 1509 wurde ihm die Landvogtei Grandson, 1510 diejenige von Orbe übergeben, in dem in Folge der Burgunderkriege von Bern und Freiburg gemeinsam eingenommenen Waadtlande. 1516 war er kurze Zeit im Dienste des Herzogs Ulrich von Württemberg und 1517 wurde er Mitglied des Kleinen Rathes und war bald einer der angesehensten Magistraten der Republik, bernischer Bote zu den eidgenössischen Tagen und öfters Gesandter an die benachbarten Fürsten. So ging er 1519 und wieder im October 1526 zu König Franz I. von Frankreich, im August 1521 zum Herzog von Savoien als Vertreter Berns bei dessen Vermählungsfeier. Die religiöse Bewegung trat seinem politischen Wirken in den Weg; er war ein Gegner der Reformation; er war ein Vertreter derjenigen bernischen Staatspolitik, welche eine Verbesserung des Kirchenwesens, eine Beseitigung der allgemein anerkannten Mißbräuche in der hierarchischen Ordnung und in der Zucht des Klerus verlangte, aber an das Dogma nicht rühren und jede religiöse Aufregung, namentlich auch jeden Bruch mit den Bundesgenossen, vermeiden wollte. In diesem Sinne wirkte er wesentlich mit zur Vereinbarung des sogenannten Reformationsedictes, das die katholischen Kantone der Eidgenossenschaft am 28. Januar 1525 zu Luzern aufstellten, das aber freilich bereits zu spät kam, um die schon weit darüber hinausgeschrittenen Züricher befriedigen und den kirchlichen Frieden erhalten zu können. Im Mai 1526 war er Vertreter der bernischen Regierung bei Abhaltung der Disputation zu Baden im Aargau zwischen Berchtold Haller und Johann Oecolampad einerseits und Johann Eck andererseits, welche als ein Sieg des alten Glaubens betrachtet worden ist. Allein eine längere Abwesenheit Mülinen’s als Gesandter am französischen Hofe trug nach allgemeiner Annahme nicht wenig dazu bei, seinen Einfluß sinken, die Neigung der bernischen Bürgerschaft zur Reformation anwachsen zu lassen. Bei der Neuwahl der Regierung in der Osterwoche 1527 wurde er unter einem Vorwande beseitigt, und es erfolgte im Januar 1528 der endliche Entscheid zur Reformation im Anschluß an Zürich. Trotz dieser Niederlage war die Achtung vor der persönlichen Tüchtigkeit Mülinen’s zu groß, als daß man seine Thätigkeit im Staate hätte entbehren wollen; war auch seine Liebe zur Heimath zu stark, als daß er ihr seine Dienste hätte verweigern, oder, wie Andere damals gethan, sie ganz hätte verlassen können. Im Juni 1529 war er zweiter Befehlshaber der Berner bei ihrem Zuge gegen die katholisch gebliebenen Bundesgenossen der inneren Schweiz, und nachher einer der Vermittler bei Abschluß des sogenannten ersten Kappeler Friedens. Im J. 1530 wurde er nochmals wegen der Verhältnisse der Stadt Genf zum Herzog von Savoien gesendet, und 1531 hatte er in Genf im Namen von Bern den Bund der beiden Städte zu beschwören. Er starb am 18. März 1538. Er war klug, gebildet, mehrerer Sprachen mächtig und beredt, dabei thätig und von volksthümlichem Wesen; seine Stellung zu der Glausbensfrage verwehrte ihm das Schultheißenamt, zu welchem er bestimmt zu sein schien; doch begründete er das Ansehen seiner Familie in Bern. Der Maler Niklaus Manuel hat ihn in seinem Todtentanzgemälde als Vorbild zu seiner Darstellung des „Herzogs“ genommen. – Sein Sohn Beat Ludwig, geb. 1521, stieg im J. 1568 zur Würde eines Schultheißen von Bern. Im Gegensatze zu seinem Vater war derselbe der reformirten Lehre aufrichtig ergeben, und es fiel ihm die Aufgabe zu, im Rathe der Stadt wie in zahlreichen Gesandtschaften zu den Eidgenossen, nach Frankreich und [493] nach Savoien den Kampf zu führen mit der Gegenreformation. Er starb am 7. August 1597.

Berner Chronik des Valerius Anshelm, Bd. VI. – v. Stürler, Urkunden der Kirchenreform in Bern. – Sammlung der Eidgen. Abschiede, Bd. IV. 1 a. – v. Tillier, Geschichte des Freistaates Bern. Bd. III. – Schweizerischer Geschichtsforscher, Bd. IX, Einleitung. – Berner Taschenbuch, Jahrg. 1853. – Hormayr’s Taschenbuch für vaterl. Geschichte, Wien, 2. Jahrg., 1821, S. 25 bis 46. – Stammbuch des Hauses v. M., angelegt vom Schultheißen Nikl. Friedr. v. M., 1822 u. 1823, Manuscript 4°, ergänzt und fortgesetzt von dessen Enkel, dem Geschichtsforscher Fr. Egb. v. M.