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Artikel „Anshelm, Valerius“ von Alfred Stern in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 483–484, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Anshelm,_Valerius&oldid=- (Version vom 7. Oktober 2024, 14:56 Uhr UTC)
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Anshelm: Valerius A., Schweizer Chronist, mit dem ursprünglichen Familiennamen „der Rüd“ oder „Rüd“, geb. zu Rottweil, wo sein Großvater, [484] „Boley der Rüd genannt Anshelm“, um 1474 Venner war, † zu Bern[1] wahrscheinlich 1540. Er wurde 1492 in Krakau Baccalaureus, hielt sich 1501 in Lyon auf und gelangte etwa Ende 1504 nach Bern, wo er 1505 „Schulmeister“ wurde, später, mindestens seit 1520, Stadtarzt war. Er gehörte zu den ersten und eifrigsten Freunden der Reformation in Bern, stand auch mit Zwingli und Vadian in freundschaftlichem und brieflichem Verkehr. Von der katholischen Partei gehaßt, wegen spöttischer Reden seiner, gleich ihm, lutherisch gesinnten Frau in Strafe genommen, sodann um die Hälfte seines Gehaltes verkürzt, zog er, wie es scheint, nicht vor dem 7. April 1525, nach Rottweil zurück, von wo aus er mit Berthold Haller in Briefwechsel blieb. Als aber auch in Rottweil den Protestanten Verfolgungen drohten, kehrte er, vermuthlich 1528, nach Bern zurück. Hier wurde er am 29. Jan. 1529, in Wiederaufnahme eines schon 1520 gefaßten Planes (unter Gewährung bedeutender Besoldung) angestellt, um eine Chronik der Stadt Bern „vom burgundischen Krieg bis uff diese Stund“ zu schreiben, zu welchem Zweck ihm die Archive der Stadt geöffnet und Empfehlungsbriefe zur Erlangung gleicher Gunst an Zürich, Luzern und Schaffhausen ausgestellt wurden. Abgesehen von einem kleinen lateinischen Werke über den Jetzer’schen Handel, welches man zweifelnd Anshelm’s Autorschaft zuschreibt, und einem gleichfalls lateinischen Abriß der Weltgeschichte (1540), ist es jene in deutscher Sprache geschriebene Chronik, die ihn zu einem der hervorragendsten schweizer Historiker der Reformationszeit macht. Sie umfaßt die Zeit von den Anfängen Berns bis zum Jahre 1526 (herausgegeben in 6 Bänden von E. Stierlin[WS 1] und J. R. Wyß. Bern, L. A. Haller 1825–1833). Aus der in der Berner Stadt-Bibliothek vorhandenen lückenhaften Fortsetzung, welche die J. 1526–1536 umfaßt, sind Auszüge abgedruckt im „Schweizerischen Geschichtsforscher“ Bd. X. S. 273–406. Die älteren Theile des Werkes beruhen auf den Arbeiten der früheren Berner Chronisten, wo diese Quellen versagten, lag A. unzweifelhaft ein reiches urkundliches Material vor, endlich berichtet er von vielem selbst Erlebten. Die Darstellung, keineswegs auf bernerische, ja nicht einmal schweizerische Verhältnisse beschränkt, besonders werthvoll für die Erzählung der italiänischen Feldzüge, der Reformation, des Bauernkrieges, ist gedrungen und kräftig, vom Streben nach historischer Treue erfüllt. A. verräth ein ziemlich großes Maß klassischer Bildung, und zeigt sich, ein bitterer Feind des Pensionswesens, von warmer Liebe für seine zweite Heimath erfüllt.[2]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 484. Z. 1 v. o. l.: starb zwischen 1543 und 1546. [Bd. 45, S. 666]
  2. S. 484. Z. 19 v. u.: Neue Ausgabe der Chronik vom histor. Verein des Kantons Bern. Bern 1884. Vgl. Archiv des histor. Vereins des K. Bern. Bd. XI, S. 443. [Bd. 45, S. 666]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Rudolf Emanuel Stierlin (1779–1866), Pfarrer am Berner Münster, Dekan und Historiker.