ADB:Mühlenbruch, Christian Friedrich

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Artikel „Mühlenbruch, Christian Friedrich“ von Otto Mejer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 463–467, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BChlenbruch,_Christian_Friedrich&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 19:01 Uhr UTC)
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Mühlenbruch: Christian Friedrich (Simon) M., Rechtsgelehrter, geb. am 3. Oct. 1785, † am 17. Julius 1843. Ein Sohn des Rathschirurgen M. in Rostock und auf der dortigen und der Güstrower Schule vorgebildet, begann er seine Universitätsstudien schon im J. 1800 an der Universität daselbst, setzte sie in Greifswald und seit Ostern 1803 in Göttingen fort, ging dann nach Heidelberg und promovirte dort am 18. April 1805. Seine Dissertation handelt „De origine, vi et indole stipulationum“ (Mannheim 1805). Im Herbste desselben Jahres habilitirte er sich als Docent des römischen Rechtes an der Rostocker Universität, ließ sich (1806) als Advocat immatriculiren, und schrieb schon in seinem ersten Docentensemester ein „Lehrbuch der Encyklopädie und Methodologie des positiven in Deutschland geltenden Rechtes, zum Gebrauch academischer Vorlesungen“, das, weil der Druck wiederholte Störungen erlitt, allerdings erst im October 1807 (Rostock und Leipzig bei Stiller, XVI und 542 S. 8°) erschien und deshalb in seinem staatsrechtlichen Theile von vorn herein weit hinter der Zeit zurück war; denn es stellt noch die Rechtszustände des alten Reiches dar. Das Buch zeichnet sich durch litterarischen Fleiß und durch lebendige, gut gefaßte Darstellung aus, und zeigt in der richtigen Schätzung deutscher Rechtsgeschichte und in einer gewissen Wehmuth, mit der es „die Liebe für Alles, was vaterländisch ist, nur den Völkern der alten Welt“ zuschreibt, patriotische Gesinnung. Es beginnt mit einem Ueberblick des römischen Rechtes, bei welchem der Verfasser sich zu der hier ganz richtig auf Pütter zurückgeführten historischen Methode bekennt, geht aber auch auf deutsches, sogar bis zur Staatspraxis hin auf öffentliches Recht ein, und war geeignet, von dem zwanzigjährigen Verfasser nicht geringe Erwartungen zu erregen. Dieser zeigte sich jetzt auch speciell als Romanist, indem er zur Ankündigung seiner Vorlesungen für den Winter 1807–8 die Probe einer größeren rechtsgeschichtlichen Arbeit über römisches Familienrecht, die ihn schon seit einiger Zeit beschäftigt hatte, in einer „Prolusio de Romanorum gentibus et familiis“ (63 S. 4°) erscheinen ließ. Unter den angekündigten Vorlesungen aber war, neben zwei römischrechtlichen, auf Adolf Dietrich Weber’s Veranlassung jetzt auch eine über deutsches Privatrecht, mit welcher einer akademischen Lücke abgeholfen werden sollte. Ein solches Nebeneinander war um jene Zeit, wie das Beispiel von Arnold Heise zeigt, nicht ganz ungewöhnlich.

Nach seiner Arbeit über die römischen Gentes und seiner Encyklopädie zu schließen, würde M., wenn ihm schon damals eine größere rein akademische Lebensaufgabe zu Theil geworden wäre, anscheinend die Wege der historischen Juristenschule gegangen sein. Allein bereits 1808 wurde er in den Rostocker Rath gewählt. Die Stadt erfreute sich einer beinahe freistaatlichen Selbständigkeit, und erwies ihrem jugendlichen Mitbürger nach damaligen Anschauungen ein überaus ehrenvolles Vertrauen, indem sie ihn zum Rathsherrn ernannte. [464] Indeß die Geschäfte der stadtväterlichen Praxis erforderten gelegentlich einen größeren Vorrath von Geduld mit dem Unverstande der Parteien, als das von der Mutter angeerbte heißblütige Temperament des neuen Senators aufzuwenden hatte: sie mißfielen ihm, und da der Rath das Recht besaß, welches er erst 1827 aufgegeben hat, die Hälfte der Universitätsprofessoren zu ernennen, so benutzte M. schon nach zwei Jahren (1810) die Vacanz einer „räthlichen“ Professur in der Juristenfacultät, sich dies Amt übertragen zu lassen, und so zu seinen Vorlesungen zurückzukehren. Daneben blieb er Advocat. Er war aber unterdeß in ausgedehnten geselligen Verkehr gerathen, der seinen Mittelpunkt in musikalischen und theatralischen Aufführungen besaß, und in beiderlei Hinsicht ein durch Begabung und Neigung hervortretendes Mitglied dieses Kreises widmete er dessen heiterem Treiben ein paar Jahre lang so viel Zeit, daß ihm zu litterarischen Arbeiten und eingehenden Studien keine Ruhe blieb. Um sie wieder zu gewinnen, nahm er zu Michaelis 1815 einen Ruf nach Greifswald an. In Rostock hatte er die ganze Zeit Nichts geschrieben, als ein Programm „De jure ejus cui actionibus cessit creditor“ (1813), es deutet an, in welcher Richtung er arbeitete; in Greifswald vollendete er seine Monographie über die „Lehre von der Cession der Forderungsrechte nach den Grundsätzen des römischen Rechts“ (Greifswald 1817, Aufl. 2 1826, Aufl. 3 1835), durch die er sich einen Platz unter den ersten Romanisten der Zeit sicherte.

Nach Rostock als „fürstlicher“ Professor zurückzukehren lehnte er jetzt ab, nahm hingegegen eine von der preußischen Regierung ihm angebotene Versetzung nach Königsberg an (Ostern 1818), wo er zwar um Weihnachten desselben Jahres seinen Platz in der Facultät mit einer Disputation über ein „Observationum juris romani specimen primum“ (Regiom. 1818) förmlich einnahm, aber nicht heimisch werden konnte, so daß er auf seinen Wunsch schon 1819 nach Halle versetzt ward. Die 14 Jahre, welche er hier gelehrt hat, sind die frischesten und fruchtbarsten seines wissenschaftlichen Lebens gewesen. Er las im Sommer Institutionen und Civilproceß, im Winter Pandekten, daneben gelegentlich Exegetica und ein paar Mal auch noch deutsches Privatrecht. Als Lehrbuch für seine Vorlesungen schrieb er seine dreibändige „Doctrina Pandectarum“ (Halle 1823–25, Ausg. 2 1827, Ausg. 3 1838), wohl das letzte in Deutschland lateinisch, und zwar in vortrefflichem Latein, das er auch im Sprechen mit vollendeter Leichtigkeit beherrschte, geschriebene juristische Compendium; ebenso deutsch seinen grundrißartigen, aber umfänglichen „Entwurf des gemeinrechtlichen und preußischen Civilprozesses“ (Halle 1827, Ausg. 2 1838). Im J. 1825 wurde er neben dem beinahe erblindeten Schmelzer als Viceordinarius Leiter des Spruchcollegiums, das damals überaus beschäftigt war, und dessen Praxis durch das Vertrauen, welches er ihm gewann, sich noch mehr ausdehnte. Diese Stellung veranlaßte ihn, im J. 1828 seine „Rechtliche Beurtheilung des Städel’schen Beerbungsfalles“ herauszugeben. Daneben übernahm er die Leitung des juristischen Theiles der Halleschen Litteraturzeitung, welche Aufgabe er mit großem Eifer betrieb, wurde seit 1831 Mitherausgeber des Archivs für die civilistische Praxis, und lieferte sowohl für diese zwei Zeitschriften, wie für die Heidelberger und die Schunk’schen Jahrbücher eine nicht geringe Zahl werthvoller Beiträge. So hatte er sich den Ruf erworben, daß er, wie das hannoversche Universitätscuratorium für Göttingen es in einem Berichte vom Jahre 1833 ausdrückt, „ohne Zweifel zu den gediegensten und geistreichsten Rechtsgelehrten Deutschlands gehöre“. Er hatte sich dabei im Laufe der Zeit von der Richtung der historischen Juristenschule in wesentlichen Punkten entfernt. Zum Theil vielleicht durch seine germanistischen Lehraufgaben, mehr wohl durch die Erfahrungen seiner früh in der Verwaltung und dem Rechtsleben einer nicht unbedeutenden [465] Handelsstadt, später als Vorsitzender einer Spruchbehörde, welche mehr zu thun hatte, als mancher große Gerichtshof, gehandhabten Praxis, war er dahin gelangt, bei Behandlung rechtswissenschaftlicher Fragen von den Verhältnissen und Bedürfnissen der Gegenwart auszugehen. Das Interesse des Historikers an der Entwickelung als solcher war bei ihm zurückgetreten: wenn er zum Verständniß der Rechtsquellen auch genaue geschichtliche Arbeit für unentbehrlich hielt, so war es doch nur in den Grenzen des durch ihre praktische Anwendbarkeit gegebenen Zweckes. In der Einleitung seiner Schrift über den Städel’schen Erbfall hat er seine Grundgedanken über das Verhältniß zwischen Theorie und Praxis im Zusammenhange ausgesprochen, und damit ohne es zu beabsichtigen auch seine persönliche wissenschaftliche Stellung charakterisirt. Die Aeußerung gehört zu denen, welche in der Geschichte der neueren deutschen Rechtswissenschaft zu orientiren vorzugsweise geeignet sind. In welchem Grade M. das Vertrauen der preußischen Regierung gewonnen hatte, zeigte sich, als im J. 1828 der außerordentliche Regierungsbevollmächtigte Geheimrath v. Witzleben aus seiner Stellung zur Universität Halle schied. M. und neben ihm der Universitätsrichter Schultze wurden (Rescr. v. 17. März 1828) mit der Stellvertretung in diesem einflußreichen Amte beauftragt; das Beneficialwesen verwaltete M. ausschließlich. Er war in dieser neuen und verantwortlichen Aufgabe schnell orientirt und löste sie mit großer Geschäftsgewandtheit; allein sie drückte ihn und er bat wiederholt, sie ihm wieder abzunehmen; was alsdann durch die Anstellung des Geheimrathes Delbrück 1831 geschah. Eine damals noch mehr als späterhin werthvolle Ordensauszeichnung bekundete die dankbare Anerkennung seitens der Regierung. Einen Ruf nach Jena, wo er an Schnaubert’s Stelle Ordinarius der Juristenfacultät werden sollte, hatte M. schon 1826 abgelehnt, und war dafür, unter Erhöhung seines Gehaltes, zum Geheimen Justizrath ernannt worden, hatte dann das früher Lafontaine gehörige ausgedehnte Gartengrundstück vor dem Kirchthore gekauft, den damals schönsten Garten in Halle, hatte das Haus ausgebaut, und pflegte dort gastlich eine ausgedehnte, wiederum vorzugsweise musikalische Geselligkeit. Ein Denkmal derselben ist erhalten in einem zum Jubiläum des Kanzlers Niemeyer gedichteten und von Mühlenbruch componirten Liede, welches im Handel erschienen ist. M. schien für immer in Halle festgeworden.

Da nahm er im Februar 1833 eine an ihn gelangende Berufung als erster Pandectist nach Göttingen an Meister’s Stelle zu Michaelis dieses Jahres an, ohne viel zu verhandeln und ohne wesentliche Gehaltserhöhung. Als entscheidenden Grund nennt er, außer seiner Erwartung, auf der Göttinger Bibliothek besser als zu Halle die juristische Litteratur bei einander zu finden, die ihm bei seiner unlängst begonnenen Fortsetzung des Glück’schen Pandectencommentars unentbehrlich sei, „die immer unerfreulicher werdende Lage eines juristischen Lehrers an der Universität“ Halle. Durch die Residenzuniversitäten, durch Heidelberg und dadurch, daß der Zustand der kleinen Universitäten besser geworden sei, als ehemals, habe besonders Halle gelitten, welches von Dem, „was die Menge reizt“, Nichts biete. Die Jugend derjenigen höheren und reicheren Gesellschaftskreise, die ehedem ihre Söhne dorthin gesandt haben, wende sich jetzt mit Vorliebe nach Berlin, und so sei in Halle keine Lehrfreude mehr. Mitgewirkt haben dürfte jener schöne Gartenbesitz, der, da M. eine große Familie hatte, ihm auf die Länge zu theuer wurde, und für den er gerade einen geeigneten Käufer fand. Nichtsdestoweniger wurde es ihm schwer, Göttingen, wohin er im Herbste 1833 übersiedelte und wo er dann noch beinahe zehn Jahre vor stets gefüllten Auditorien mit der größten Anerkennung seiner Zuhörer [466] gelehrt hat, mit Halle zu vertauschen. Die Facultät hatte in Göttingen zu hannoverscher Zeit auf die Besetzung der Lehrstühle keinen Einfluß; auch M. war also nicht von ihr vorgeschlagen, und mußte nun empfinden, daß er einem Theile ihrer Mitglieder und ebenso dem nichtjuristischen Freundeskreise Göschens nicht genehm war; denn man hatte hier diesem, der schon seit 1822 in Göttingen lehrte, die Stellung des ersten Romanisten zugedacht. Zudem waren die Wohnungsverhältnisse nicht erfreulich, der gesellige Ton weniger leicht und angeregt, als der Hallische, es kamen häusliche Leiden, die M. um so schwerer drückten, je mehr er an seiner Familie hing, nach einem halben Jahre verlor er seine Frau; die Acclimatisation, welche dem älteren Mann ohnehin nicht leicht und durch Mühlenbruchs reizbare Natur noch schwerer war, schritt unter solchen Hindernissen sehr langsam vorwärts. Er zog sich zurück und widmete sich litterarischer Arbeit. Zunächst an der Fortsetzung des Glück’schen Commentars, von welcher in den Jahren 1833 u. folg. die Bände 35–41 aus Mühlenbruch’s Feder erschienen sind. Dann bearbeitete er sein Pandectenlehrbuch: „Lehrbuch des Pandectenrechts nach der Doctrina Pandectarum“, deutsch, 3 Bde. (Halle 1835, Asg. 2 1837. Asg. 3 1839. Asg. 4 nach Mühlenbruch’s Tode, von Madai, 1844), gab auf Anlaß des Buchhändlers „Heineccii antiquitates jurisprudentiam illustrantes“ (Francof. 1841) neu heraus, veröffentlichte in demselben Jahre 1841 ein „Erachten über den Bentink’schen Erbfall“ und im folgenden ein Institutionenlehrbuch (Halle 1842); wobei er in seiner Thätigkeit für die Litteraturzeitung und in mancherlei kleineren Arbeiten mit unverminderter Arbeitskraft fortfuhr. Als er im Februar 1836 einen Ruf nach Leipzig an Wächter’s Stelle erhielt, empfand er doch, daß Göttingen auch Vorzüge habe, und zögerte, sich zu entschließen. Unter dem Drucke seiner Verstimmung hatte er anfangs in der Erwartung, seine Lehrthätigkeit werde ihn auf die Länge auch nicht mehr befriedigen, den Gedanken gefaßt, diese Gelegenheit zu ergreifen, um sei es von Sachsen, sei es von Hannover, einen künftigen Rückzug von der Universität zugesichert zu erhalten, der ihn dann zugleich in großstädtische Umgebungen führen sollte: in einem kleinen, an Büchern und an Kunstgenüssen armen Orte dagegen wollte er nicht Richter sein, weshalb er einen gleichzeitigen Ruf an das mecklenburgische Oberappellationsgericht in Parchim ohne Weiteres ablehnte. Nun war es weder für die sächsische noch für die hannoversche Regierung leicht, ihm die Erfüllung seines Wunsches zuzugestehen, und daher zogen die Verhandlungen sich hin. Endlich ließ sich M., als man in Dresden schon annehmen zu sollen meinte, er komme sicher nach Leipzig, doch in Göttingen halten; entscheidend für seinen Entschluß war die Kunde von Gegensätzen, die in der Leipziger Facultät seiner warteten, und die er lieber vermied. Allmählich wurde es ihm in Göttingen auch wohler, namentlich als er im Winter 1836/37 sich wieder verheirathete und seitdem von Neuem an der Geselligkeit lebhaften Antheil nahm, schienen die alten unbehaglichen Gegensätze überwunden zu werden.

Indeß als gegen Weihnachten 1837 die Protestation der Göttinger Sieben wider König Ernst Augusts Aufhebung des hannoverschen Staatsgrundgesetzes von 1833 in die Oeffentlichkeit drang, und gleich darauf die Entlassung der Protestirenden zur Folge hatte, traten sie alsbald wieder hervor. M. hatte seine besten Jahre in dem Preußen König Friedrich Wilhelm III. und gerade in dem Zeitabschnitte 1815 bis 1833 gelebt, in welchem sich dort durch die eminente Arbeit des preußischen Beamtenthums die Verwaltungsorganisation des Großstaates vollzog. In den Anschauungen dieser Entwickelung war er heimisch geworden, hatte einige Jahre hindurch auch praktisch als höherer preußischer Administrativbeamter zu wirken gehabt; und es war erklärlich, daß er Verfassungsfragen [467] im Vergleich mit denen der Verwaltung wohl unterschätzte; jedenfalls nahm er an der seit 1830 aus dem Süden Deutschlands auch in den Norden vorgedrungenen doctrinären Ueberschätzung derselben, welche die Anschauungen mehr und mehr beherrschte, in den vierziger Jahren ihren Höhepunkt erreichte und 1848 ff. Schiffbruch litt, keinerlei Antheil. Nicht daß er geneigt gewesen wäre, den Verfassungsbruch des Königs, oder seinen Gewaltschritt gegen die Universität zu vertheidigen. Aber er hielt seine sieben Collegen zu einem in dieser Form eingelegten Proteste nicht legitimirt, und empfand es als ein der Universität von ihnen zugefügtes Unrecht, daß sie durch das Demonstrative ihres Schrittes dieselbe in Mitleidenschaft gezogen und ihr geschadet hatten. In einem, wie bekannt wurde, von ihm verfaßten Artikel in der Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung von 1838, Nr. 8, der durch Angriffe, die er seiner Meinung wegen in Göttingen bereits erfahren hatte, veranlaßt war, hat er Das mit gewohnter Deutlichkeit ausgesprochen. Er hatte Recht, wenn er behauptete, keineswegs stehe die ganze Universität auf Seite der Sieben; aber er hatte Unrecht, in seinem Unmuthe das edle Pathos außer Ansatz zu lassen, von welchem ihr Verfahren geleitet gewesen war. Die Sache hat ihm viel Leid gebracht. Denn die Tonart politischer Polemik, welche den Gegner ohne Weiteres als niedrig Gesinnten und durch schlechte Gründe Geleiteten behandelt, und die er nun auch über sich ergehen lassen mußte, war damals noch unverbrauchter und daher wirkungsvoller, als sie es jetzt ist, und für die empfindlichen Nerven Mühlenbruch’s eine bittere Erfahrung. Indeß auch Dies ging vorüber. Die Wellen glätteten sich wieder, und M. wandte sich mit neuem Eifer seinen schriftstellerischen Arbeiten zu, von denen schon die Rede gewesen ist.

Da meldeten sich bei dem bis dahin über eine unverwüstliche Arbeitskraft gebietenden Manne die Vorboten der Krankheit, der er später unterlag. In Halle war es ihm nichts Besonderes gewesen, wenn er in spätester Stunde aus heiterer Gesellschaft kam, statt daß er schlafen ging, sich an seinen Schreibtisch zu setzen, und die Nacht durch seine Arbeiten fortzuführen bis weit in den Tag. Er bedurfte keiner Nachtruhe. Jetzt konnte sein heftiger Wille sich schwer darein finden, daß er aufhörte mehr zu vermögen, als ein Anderer, und allmählich in Folge seiner abnehmenden Gesundheit dahin kam, weniger als ein Anderer zu vollbringen. Sein Wollen ließ nicht nach, bis ein schmerzhaftes Sterbelager dem Kampfe und dem Leben ein Ende machte. Daß die Universität tief betrauerte ihn verloren zu haben, zeigte sich bei seinem Begräbniß.

Oesterley, Gesch. d. Univers. Göttingen 1820–1837, 1838. S. 418. Intelligenzblatt zur Allgemeinen Litteraturzeitung, Jahrg. 1843. Nr. 53. Richter und Schneider, Krit. Jahrbb. f. deutsche Rechtswissenschaft, Bd. 14 (1843). S. 765. Göttinger Acten. Persönliche Erinnerungen.