Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Ludwig der Bärtige“ von Karl Robert Wenck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 588–589, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludwig_der_B%C3%A4rtige&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 00:14 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Ludwig Günther I.
Nächster>>>
Ludwig der Springer
Band 19 (1884), S. 588–589 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ludwig der Bärtige in der Wikipedia
Ludwig der Bärtige in Wikidata
GND-Nummer 137957602
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|19|588|589|Ludwig der Bärtige|Karl Robert Wenck|ADB:Ludwig der Bärtige}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137957602}}    

Ludwig der Bärtige, der Ahnherr des ersten thüringischen Landgrafenhauses, Zeitgenosse König Konrads II. und Heinrichs III. Soviel die spätere Tradition von ihm zu erzählen weiß, so wenig ist historisch sicher zu stellen. Weder von gleichzeitigen Geschichtschreibern, noch in echten Urkunden wird seiner Erwähnung gethan. Die erste Kunde von ihm bringt ein kleines Reinhardsbrunner Geschichtswerk „Ueber den Ursprung der Fürsten Thüringens“, das um 1200 verfaßt in der vorliegenden Gestalt aus den dreißiger Jahren des 13. Jahrhunderts stammt, in dieser Redaction aber bereits unter der Benutzung der vor 1227 gefälschten Reinhardsbrunner Urkunden gelitten hat. – Die Reinhardsbrunner Tradition von dem fränkischen Ursprunge des Geschlechts wird bestätigt durch das Zeugniß Eikes von Repgow, des Dichters Johann von Würzburg, namentlich aber durch urkundlich beglaubigte Thatsachen: die Söhne Ludwigs des Bärtigen haben vom Vater ererbte Besitzungen am mittleren Main innegehabt, im Jahre 1100 haben dieselben „Beringer und Ludwig von Schauenburg, Brüder und Grafen“ als fränkische Bevollmächtigte die Veräußerung von Schweinfurt an das Erzstift Magdeburg bezeugt (s. Neue Mittheilungen des thüring.-sächs. Vereins X, 129). Dazu kommt der fränkische Name „Ludwig“ und die ganz unbedenkliche Angabe, daß L. zu St. Alban in Mainz begraben sei. Zweifellos ist jetzt auch, daß L. als Mainzer Lehensmann nach Thüringen gekommen ist. So sehr man in Reinhardsbrunn nachmals das Lehensverhältniß der Landgrafen zu vertuschen suchte und obwohl durch jene Fälschung eine große kaiserliche Schenkung in die Tradition eingeschmuggelt wurde, so blieb doch in jener Chronik unvermittelt daneben die durchaus wahrscheinliche und durch spätere Verhältnisse (Streitigkeiten mit dem Erzstift, mainzisches Marschallamt der Landgrafen) bestätigte Angabe einer Lehensübertragung durch den Mainzer Erzbischof Bardo stehen. Chronologisch wird sie dadurch beglaubigt, daß in die Zeit Bardo’s (1031–1051) nach urkundlicher Tradition die Bestimmung der Grenzen der Pfarrei Altenberga fällt. Altenberga, eine Stunde von dem späteren Reinhardsbrunn gelegen, befindet sich unter den Gütern, welche L. d. B. von den Thüringern Günther (von Kefernburg?) und Biso oder Busso (von Gleichen?) erwarb. Denn auch durch Kauf hat er sich in Thüringen festgesetzt. Ganz in der Nähe von Altenberga führte er die Schauenburg auf. Durch Vermählung mit Cäcilie von Sangerhausen gewann er zu jenen Besitzungen inmitten des Thüringer Waldes neue am Südfuße des Harzes. Cäcilie, Ludwigs Gattin, entstammte aus einem kleinen sächsischen Dynastengeschlecht, wahrscheinlich gehörte ihm Hamezo, 1015 Graf im Westergau, an, ein anderer Träger dieses Namens, 1085 kaiserlicher Gegenbischof von Halberstadt, war der Bruder Cäciliens. Dies ist das dürftige Gerippe der Thatsachen, welche sich mit hinreichender Sicherheit feststellen lassen. [589] Uncontrolirbar bleiben die sagenhafte Erzählung von Ludwigs reichem Bruder Hugo, den er beerbte, ferner die sicher übertriebenen Angaben der gefälschten Urkunden über das Besitzthum Ludwigs, tendenziös erfunden ist die Verwandtschaft Ludwigs mit den Karolingern und der Kaiserin Gisela, spätere Zuthat sind, wie alles Andere, auch die näheren Zeitangaben. Verlegen die Reinhardsbrunner Historien die Einwanderung Ludwigs in das Jahr 1034, so läßt sie sich doch nur in die Zeit Bardo’s (1031–1051) fixiren.

Knochenhauer, Geschichte Thüringens zur Zeit des ersten Landgrafenhauses, Gotha 1871. Seine Darstellung, die sich noch auf die Reinhardsbrunner Historien des 14. Jahrhunderts und die gefälschten Urkunden stützte, ist in Hauptpunkten durch spätere Forschung berichtigt. C. Wenck, Die Entstehung der Reinhardsbrunner Geschichtsbücher, Halle 1878. A. Groß, Die Anfänge des ersten thüringischen Landgrafenhauses, Götting. Dissert. 1880. Naudé, Die Fälschung der ältesten Reinhardsbrunner Urkunden, Berlin 1883. C. Wenck, Zur Entstehungsgeschichte der Reinhardsbrunner Geschichtsbücher und der Erfurter Peterschronik. Neues Archiv f. ältere Deutsche Geschichtskunde Bd. X. 1884.