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Artikel „Leydolt, Franz“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 518–519, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leydolt,_Franz&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 05:59 Uhr UTC)
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Leydolt: Franz L., Mineralog, geb. am 15. Juli 1810 in Wien, widmete sich in seiner Jugend dem Geschäfte seines Vaters, eines Seidenfabrikanten und folgte erst spät dem Drange nach höherer wissenschaftlicher Bildung, besuchte deshalb philosophische und medicinische Vorlesungen an der Universität Wien und erwarb sich schließlich den Doctorhut der Medicin. Insbesondere war es Mohs, der den Wissensdrang Leydolt’s mächtig belebte und an ihn schloß sich daher auch L. enge an, begleitete denselben 1834 auf einer großen wissenschaftlichen Reise durch Oesterreich und blieb mit ihm in steter inniger Beziehung. Nachdem L. 1838 die Stelle eines Assistenten der Botanik an der Wiener Hochschule unter Frhr. v. Jacquin erlangt hatte, veröffentlichte er seine Inauguraldissertation „Die Plantagineen in Bezug auf naturhistorische Species“, 1837. Nach Mohs’ Tode besorgte L. auf dessen ausdrücklichen Wunsch die Veröffentlichung des Werkchens: „Die ersten Begriffe der Mineralogie und Geognosie von Mohs“, in 2 Thlen., 1842, und entwarf auch eine vortreffliche Biographie seines großen Lehrers: „Fr. Mohs und sein Wirken in wissenschaftlicher Hinsicht“, 1843. Im J. 1843 wurde ihm provisorisch das Lehrfach der allgemeinen Geographie und Naturkunde an dem polytechnischen Institut und 1845 das Lehrfach der allgemeinen Naturgeschichte an der Universität in Wien übertragen und endlich 1847 erhielt L. die ordentliche Professur für Mineralogie und Geognosie am polytechnischen Institute, welche Stellung er bis zu seinem frühzeitigen, zu Neuwaldegg bei Wien erfolgten Tode am 10. Juni 1859 bekleidete. Zahlreiche Publicationen bezeugen den regen Antheil, den L. an mineralogischen Forschungen nahm. In Haidinger’s Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaft erschienen von ihm: „Vortrag über merkwürdige zwillingsartige Zusammensetzung des Ankerits“ (Bd. I, 1846, S. 115); „Ueber merkwürdige Bildung des Schriftgranits“ (das. S. 55), „Ueber ein neues Vorkommen von Olivinit“ (das. IV, 1848, S. 251). Schriften von mehr allgemeinem Inhalt sind: „Anfangsgründe der Zoologie“, 1850, 2. Aufl. 1852 und 3. Aufl. 1858; mit Machatschek gemeinschaftlich bearbeitet: „Anfangsgründe der Mineralogie“, 1853, 2. Aufl 1859. In Verfolgung seiner mineralogischen Studien stellte L. vielfache lehrreiche Versuche über Aetzwirkungen an und zeigte in einer Schrift: „Eine neue Methode, die Achate und andere quarz-ähnliche Mineralien naturgetreu darzustellen“ (Jahrb. d. geol. Reichsanst., II, 124), daß die Achate aus zahlreichen Lagen heterogener Quarzsubstanzen zusammengesetzt seien, die durch Flußsäure mehr oder weniger rasch zersetzt werden. Diese Abhandlung ist mit prächtigen Naturabdrücken geätzter Achate geschmückt. In dem J. 1853 erwählte ihn die Wiener Akademie der Wissenschaften zu ihrem Correspondenten und beförderte ihn 1855 zum wirklichen Mitgliede. Zahlreiche seiner Abhandlungen erschienen von da an in den Schriften dieser Akademie: „Beiträge zur Kenntniß der Krystallformen und Bildungsart des Eises“, 1860 (VII. 477); „Ueber Krystallbildung im Glase und in den Glasflüssen (VIII. 261); „Ueber eine neue Methode, die Struktur und Zusammensetzung der Krystalle zu untersuchen“ (XV. 58 u. 81), worin er zuerst auf die Wichtigkeit der durch Anätzen erlangten Aufschlüsse über die Bildungsweise der Krystalle die [519] Aufmerksamkeit lenkte und in einer weiteren Abhandlung: „Ueber die Struktur und Zusammensetzung des prismatischen Kalkhaloids“ (XIX. 10), welche reich an feinen Beobachtungen ist, fortführte. Ueber den Meteorstein von Borkut veröffentlichte L. eine Abhandlung in den Sitzungsberichten der Akademie (XX. 398), in jenen der geologischen Reichsanstalt verschiedene Vorträge, z. B. „Ueber die Methode, die Struktur und Zusammensetzung der Krystalle und unorganischen Naturprodukte zu untersuchen“ (Sitz. d. geol. R., V. 889); „Untersuchung über den Glimmer“ (das. VI, 1855) etc. Sehr viel Zeit und Sorgfalt widmete L. den Sammlungen und der zweckentsprechenden Anordnung in denselben. Die von ihm hergestellte und vervollständigte mineralogische Lehrsammlung an der polytechnischen Schule in Wien darf als eine der schönsten und zweckentsprechendsten gelten. Auf streng wissenschaftlichem Gebiete war L. zwar kein besonders hervorragender Forscher, aber alle seine Arbeiten tragen doch das Gepräge einer geistreichen Behandlung und gereifter Forschung als das Resultat einer feinen Beobachtungsgabe.

Vgl. Wurzbach, Biogr. Lexikon. XV, 54. Poggendorff, I. 1445.