ADB:Laurer, Johann Friedrich (2. Artikel)
[WS 1], Botaniker, geboren zu Bindlach bei Bayreuth am 26. September 1798, † zu Greifswald am 23. November 1873, erhielt seine Vorbildung auf dem Gymnasium in Bayreuth und trat darauf in die Officin des Apothekers Funk als Lehrling ein. Dieser, sowie namentlich der Regensburger Botaniker David Heinrich Hoppe, den L. im Funk’schen Hause kennen lernte, förderten im hohen Maße die schon im Knaben früh erwachte Neigung zur Pflanzenwelt. Als Hoppe’s Begleiter auf dessen Fußreisen in die Salzburger Alpen trat L. in nähere Beziehung zu dem Greifswalder Professor Hornschuch, dem er 1824 an die dortige Universität folgte, um unter Aufgabe des nur widerwillig erwählten pharmazeutischen Berufes, sich dem Studium der Medicin zu widmen. Mit eiserner Arbeitskraft verfolgte L. trotz ungünstiger äußerer Verhältnisse, in die ihn der frühzeitige Tod seines Vaters versetzt hatte, beharrlich sein Ziel. Daneben bereicherte er seine botanischen Kenntnisse durch häufige Excursionen, die ihn zumal in späteren Jahren, als er sich in gesicherter Lebenslage befand, wiederholt in die Alpen führten. Der Großglockner, den er noch als siebzigjähriger Greis besuchte und die Kärnthner Berge waren sein hauptsächliches Forschungsgebiet. Waren es zunächst die Moose, mit deren Untersuchung und Bestimmung sich L. beschäftigte, so wandte er sich später ausschließlich dem Studium der Flechten zu und erlangte als Systematiker dieser kleinen, aber schwierigen Pflanzengruppe die Stellung einer Autorität in der botanischen Wissenschaft. Die sehr werthvolle Moossammlung Hornschuch’s ging nach dessen 1850 erfolgtem Tode in Laurer’s Besitz über. 1830 wurde er auf Grund seiner Dissertation: „Disquisitiones anatomicae de Amphistomo conico“ von der Universität Greifswald zum Dr. med. promovirt und habilitirte sich noch in demselben Jahre als Privatdocent für Anatomie und Physiologie. Zugleich wurde L., nachdem er vier Jahre lang als Assistent des Anatomen Rosenthal gewirkt hatte, als Prosector an dem anatomischen Institut angestellt, in welcher Stellung er 24 Jahre hindurch verblieb. 1836 erfolgte seine Ernennung zum außerordentlichen Professor. Die von ihm angestrebte Lehrthätigkeit wurde durch mancherlei Intriguen erschwert und so habilitirte er sich 1849 auch noch für Pharmacologie und deren Nebenzweige. Erst im J. 1863, nach langem vergeblichen Harren erhielt L. die Bestallung als ordentlicher Professor der medicinischen Facultät für das Fach der materia medica. Seine erst im späteren Lebensalter geschlossene, durchaus glückliche Ehe mit der Wittwe des Universitätsbuchhändlers Koch wurde 1858, schon nach sechs Jahren, durch den Tod der Gattin gelöst. L. überwand diesen Schlag zwar ohne daß die befürchtete Rückwirkung auf sein Gemüthsleben eintrat, das gerade während der Zeit seines Ehestandes durch die ihm widerfahrenen Zurücksetzungen auch seinen Körper ungünstig beeinflußt und seine Aufnahme in eine Heilanstalt nöthig gemacht hatte; dennoch führte er von jetzt ab nur mehr ein einsames, auf sich selbst beschränktes Leben und folgte nach 15 Jahren seiner Gattin im Tode nach, obwol er im übrigen von kräftiger Constitution und bis ins hohe Alter hinein von beneidenswerther physischer Kraft und Elasticität war. L. besaß, [605] vielleicht in Folge übergroßer Bescheidenheit, eine gewisse Scheu, die Resultate seiner Untersuchungen zu publiciren, so daß die Zahl seiner selbständig erschienenen Arbeiten nur gering ist. In Folge der Ueberlassung seiner Funde an seine lichenologischen Freunde, findet man aber vielfach die Spuren seiner wissenschaftlichen Arbeit in Werken, die nicht seinen Namen tragen, obwol L. den Anspruch erheben konnte, seiner Zeit einer der tüchtigsten Flechtenkenner Deutschlands zu sein. Mit werthvollen Beiträgen betheiligte sich L. an den von v. Flotow in der Regensburger „Flora“ 1825 erschienenen „kritischen Bemerkungen“, sowie an den von demselben Verfasser ebendort 1828 herausgegebenen „Lichenologischen Bemerkungen“, worin er das im Riesengebirge gesammelte Material verwerthet hatte. Selbständig von L. bearbeitet kam 1827, ebenfalls in der „Flora“, die erste umfassende Flechtenflora der Insel Rügen heraus, die 87 Arten behandelt, und noch in demselben Jahre unterzog er sich der Bearbeitung der von dem Reisenden Sieber auf den Inseln Bourbon und Mauritius und in Australien gesammelten Flechten (Linnaea 1827, II. Bd.). Als Fortsetzung der von Hoppe und Funk begonnenen Beschreibungen und Abbildungen deutscher Lichenen in Sturm’s „Flora Deutschlands“ gab L. 1833 ausführliche Beschreibungen und kritische Bemerkungen heraus, die von trefflichen Abbildungen 30 seltener Arten begleitet waren. Er bereicherte endlich die Kenntniß der Flechtenflora Böhmens durch seine Mitarbeit an dem von Emil Kratzmann 1855 publicirten Werkchen „Führer von Marienbad“, worin 154 Flechtenspecies beschrieben sind. Auch an den von Hepp und Rabenhorst veranstalteten „Lichenes exsiccati“ betheiligte sich L. in nicht geringem Umfange. Sein unter Aufwendung großer Geld- und Zeitopfer aufgebrachtes lichenologisches Herbar vermachte er testamentarisch der Berliner Staatssammlung. In anderer Weise noch bewies L. seine Uneigennützigkeit und seinen Wohlthätigkeitssinn durch zwei gemeinsam mit seiner Gattin begründete Stipendien zur Unterstützung hülfsbedürftiger Studirender der Universität Greifswald.
Laurer: Johann Friedrich L.- A. Minks, Nekrolog in Flora 1873, Nr. 34. – Münter, Joh. Friedrich Laurer, 1873.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Über diese Person existiert in Band 18 ein weiterer Artikel.