Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Lassen, Christian“ von Johannes Klatt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 784–788, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lassen,_Christian&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 15:48 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Lassenius, Johannes
Band 17 (1883), S. 784–788 (Quelle).
Christian Lassen bei Wikisource
Christian Lassen in der Wikipedia
Christian Lassen in Wikidata
GND-Nummer 119512831
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|784|788|Lassen, Christian|Johannes Klatt|ADB:Lassen, Christian}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119512831}}    

Lassen: Christian L., Begründer der indischen Alterthumswissenschaft, geb. zu Bergen in Norwegen am 22. October 1800 (so nach sämmtlichen uns zugänglichen Quellen, nur J. Kraft, Norsk Forfatter-Lexicon, Christiania 1863, S. 727 und ihm folgend Oettinger, Mon. des dates haben den 22. December), † zu Bonn am 8. Mai 1876. Trotz seiner Geburt in Norwegen hat Deutschland Anspruch auf L., da er, abgesehen von seiner ersten Jugend, sein Leben in Deutschland zugebracht, dort gewirkt und seine zweite Heimath gefunden hat. Er besuchte die Kathedralschule seiner Vaterstadt, studirte darauf in Christiania, begab sich aber bald nach dem Tode seines Vaters, des Rechtsgelehrten Nicolai Christian Vendelboe L. († 1818) in Begleitung seiner Mutter, die ihrer Gesundheit wegen ein milderes Klima aufsuchte, nach Altona. 1822 bezog er die Universität zu Heidelberg und später die zu Bonn. Aus letzterer durch A. W. v. Schlegel den damals ganz neuen indischen Studien zugeführt und durch desselben Vermittlung von der preußischen Regierung mit einem Reisestipendium versehen, sammelte er von 1824–26 in London und Paris durch Abschreiben und Vergleichen von Sanskrithandschriften das Material für seine künftigen Studien. In Paris veröffentlichte er mit Eugen Burnouf zusammen sein erstes Werk „Essai sur le Pali, ou langue sacrée de la presqu’île au-delà du Gange“, Par. 1826, 8°, die erste wissenschaftlich methodische Darstellung des Pali, der heiligen Sprache der Buddhisten, von welcher an die Kenntniß dieser Sprache eigentlich erst datirt. Nach Deutschland zurückgekehrt, habilitirte er sich am 11. August 1827 als Privatdocent in Bonn mit der „Commentatio geogr. atque hist. de Pentapotamia Indica“, Bonn 1827, 4°, welche die alte Geographie und Geschichte des Pendschab auf Grund der griechischen und indischen Nachrichten, welche letzteren er zum ersten Male erschloß, zum Gegenstande hat, eine Schrift, die man schon als einen Vorläufer der indischen Alterthumskunde ansehen kann. Sein nächstes Werk war ein philologisches, die von ihm und Schlegel gemeinschaftlich besorgte Ausgabe der bekannten indischen Fabelsammlung „Hitopadesas id est institutio salutaris, P. I, text. sanscrit., P. II, comm. crit.“, Bonn 1829, 31, 4°. Die lateinische Uebersetzung, welche Schlegel übernommen hatte (p. XVI), ist nicht erschienen. Durch dieses Werk wurde er zusammen mit Schlegel Begründer der Sanskritphilologie in Deutschland, da es die erste nach den Regeln der philologischen Kritik veranstaltete Ausgabe eines größeren, und zwar profanen Sanskrittextes war. Es ist auch jetzt noch immer die beste Ausgabe des Hitopadeça. Neben der kritisch-historischen Schule der Sanskritphilologie, deren Sitz Bonn war, bestand damals die sprachvergleichende Schule, die in Berlin ihren Sitz und in Bopp ihren Repräsentanten hatte. Ueber des letzteren „Ausführliches Lehrgebäude der Sanskrita-Sprache“ schrieb L. eine eingehende [785] Recension in Schlegel’s „Indischer Bibliothek“ 1830, III, 1–113. Es folgten zwei weitere philologische Arbeiten, die Ausgabe des ersten Actes des indischen Drama’s Mâlatîmâdhava („Malatimadhavae fabulae Bhavabhutis actus primus“, Bonn 1832, 8°) und die Ausgabe nebst Uebersetzung der Sânkhyakârikâ, eines Textbuches der Sânkhya-Philosophie („Gymnosophista sive Indicae philosophiae documenta. Vol. I, fasc. I, Isvaracrishnae Sankhya-Caricam tenens“, Bonn 1832, 4°). Diesem ersten Hefte sollten die Haupttexte der anderen philosophischen Systeme der Inder folgen (p. IV), was indessen aus Mangel an Geldmitteln unterblieben ist. Zu der letztgenannten Schrift gehört auch eine Abhandlung über die Namen, welche die indischen Philosophen bei den Griechen führen, im Rheinischen Museum für Philologie, I. 171–90, 1838. Doch nun verließ L. für einige Zeit den indischen Boden und versuchte sich zunächst in der Erklärung der umbrischen Inschriften („Beiträge zur Deutung der eugubinischen Tafeln“: Rhein. Mus. f. Philol., I. 360–91; II. 141–66, 1833, 34. Auch sep.: Beitr. I, Bonn 1833, nicht weiter erschienen), darauf in der Entzifferung der altpersischen Keilinschriften („Die altpersischen Keilinschriften von Persepolis. Entzifferung des Alphabets und Erklärung des Inhalts“, Bonn 1836, 8°), welche letztere Schrift ihm theils großen Ruhm, theils auch eine schwere Anklage einbringen sollte. Mit der genialen Combination, durch welche Grotefend in den altpersischen Keilinschriften die Namen Hystaspes, Darius und Xerxes entdeckt und damit eine Anzahl Buchstaben richtig bestimmt hat, läßt sich annähernd vergleichen der neue fruchtbringende Gedanke, in einer Inschrift des Darius Völkerverzeichnisse zu vermuthen, von welchem sowol L. in der eben erwähnten Schrift, als auch Burnouf in seinem nur einen Monat später erschienenen Mémoire sur deux inscriptions cunéiformes, Par. 1836, 4°, bei ihren Entzifferungsversuchen ausgingen. Burnouf schrieb in dem Vorwort dieser Schrift (p. V), daß er die Existenz seines Mémoire schon vor drei Jahren an einer anderen Stelle (im Comment. sur le Yaçna) angezeigt habe. L. dagegen äußerte sich im Vorwort seines Werkes (Mai 1836), daß er erst, als der Druck schon über die Hälfte vollendet war, von dem Vorhaben Burnouf’s Kenntniß erhalten habe, und S. 15, daß die Angabe Herodot’s (IV. 87) ihn auf den Gedanken gebracht habe, Völkerverzeichnisse in den Keilinschriften von Persepolis zu suchen. Dem widerspricht nun allerdings ein Passus in einem im November 1835 an Bohlen geschriebenen Briefe Lassen’s, welcher nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt war und nur durch Indiscretion von den Freunden Bohlen’s nach dem Tode desselben veröffentlicht worden ist (in P. v. Bohlen, Autobiographie, 2. Aufl., S. 154 f.): „Unter den vielen Reisenden … war Burnouf, mit dem ich zendisirt habe, wie Sie denken können … Was Burnouf für Entdeckungen gemacht hat nicht nur im Zend, sondern auch in den Keil-Inschriften, ist zum Erstaunen. So hat er die Namen aller alt-persischen Provinzen aus einer der größeren Keil-Inschriften entziffert“. A. Holtzmann, dessen „Indravidschaja“ von L. in schonungsloser Weise beurtheilt worden war (Neue Jenaische Allg. Lit.-Ztg. 1842, 1127–32), erhob auf diese Briefstelle hin gegen L. den Vorwurf, sich den Ruhm der Entdeckung Burnouf’s angeeignet zu haben (Beiträge zur Erklärung der persischen Keilinschriften, Heft 1, Karlsruhe 1845, S. 7–10). In neuester Zeit hat P. de Lagarde von neuem „Lassen’s großen Diebstahls“ an die Oeffentlichkeit gezogen (Symmicta, II, Gött. 1880, S. 124), worauf A. Weber in seiner Erwiderung (Zeitschr. d. Deutsch. Morgenl. Ges. XXXIV. 405, Note 1) diesen Angriff gegen den bereits Verstorbenen rügte, „den todten Löwen an der Mähne zausen, sei kein Heldenstück“; vgl. ferner de Lagarde, Aus dem deutschen Gelehrtenleben, Gött. 1880, S. 97 f. und A. Weber, Zu weiterer Klarstellung (Beilage zum 35. Bande d. Ztschr. d. D. Morgenl. Gesellschaft, [786] S. 7–9). Jedoch der beste Beweis, daß die Sache von Holtzmann und de Lagarde nicht richtig aufgefaßt worden ist, ist wol der Umstand, daß das Freundschaftsverhältniß zwischen L. und Burnouf unverändert blieb. L. widmete Burnouf im folgenden Jahre seine Prakrit-Grammatik, und aus der Art und Weise, wie Burnouf z. B. im Journ. asiat. III. Sér., VIII. 21 (Juli 1839) die Verdienste Lassen’s anerkennt, geht deutlich hervor, daß er keinen Groll irgend welcher Art gegen L. hegte. Weder L. noch Burnouf haben sich jemals über Holtzmann’s Angriffe geäußert. Wir glauben, bei der Lauterkeit der Gesinnung, die aus allen Werken Lassen’s hervorleuchtet, ihm keine unedle Handlungsweise zutrauen zu dürfen, abgesehen davon, daß er ein Mann war, der selbst genug besaß, um nicht einem Anderen sein Eigenthum zu rauben. Er beschäftigte sich noch wiederholt mit den altpersischen Keilinschriften in der Ztschr. f. d. Kunde d. Morgenl., Bd. II, III u. VII, besonders aber VI: „Die altpersischen Keilinschriften nach Hrn. N. L. Westergaard’s Mittheilungen“ (S. 1–188, 467 bis 580, 3 Tafeln, 1845), auch in Ersch und Gruber’s Encyklopädie, Artikel „Persepolis“ (1842). Nachdem wir diese keilschriftlichen Studien Lassen’s vorweggenommen haben, fahren wir in der Aufzählung seiner übrigen Schriften fort. Der Buchhändler Koenig in Bonn wurde sein neuer Verleger, bei dem die meisten seiner folgenden Werke, darunter auch die beiden ersten Bände seiner „Indischen Alterthumskunde“ (ed. I) erschienen, während seine früheren Werke bei dem Buchhändler Weber gedruckt worden waren. Das nächste war die Ausgabe des Gîtagovinda, einer der schönsten Dichtungen der Sanskritlitteratur („Gita Govinda, Jayadevae poetae Indici drama lyricum“, Bonn 1836, 4°), darauf folgte eines seiner Hauptwerke, die Prakrit-Grammatik („Institutiones linguae pracriticae“, Bonn 1837. 8°), zwar nicht der Zeit nach das erste Werk, da die Grammatik des verdienten Hoefer schon 1836 erschienen war, aber auf weit umfassenderes Material, namentlich auch die indischen Grammatiker gestützt und die Resultate jahrelanger Studien enthaltend, während Hoefer’s Schrift eine Erstlingsarbeit war, übrigens noch immer das maßgebende Werk, da, soviel auch seitdem für das Prakrit geschehen ist, doch noch kein neuer Versuch einer Grammatik gemacht worden ist. Eine Vorarbeit zur indischen Alterthumskunde wurden ferner die „Beiträge zur Kunde des indischen Alterthums aus dem Mahâbhârata“, in der Ztschr. f. d. Kunde des Morgenlandes, Bd. I–IV, 1837 bis 1842, fortgesetzt unter dem Titel: „Untersuchungen über die ethnographische Stellung der Völker im Westen Indiens“, ebend. Bd. IV u. V, 1842 u. 44. In diesen Abhandlungen, die sich an die Calcuttaer Ausgabe des Mahâbhârata anschlossen, legte L. den Grund zur Kritik des indischen Epos, für welches erst in neuester Zeit A. Holtzmann wieder thätig geworden ist, knüpfte daran historische Untersuchungen über das alte Indien und zwei sprachwissenschaftliche Abhandlungen über die Sprache der Balutschen und der Brahuî (in Balutschistan). Letztere erkannte er schon ganz richtig als verwandt mit den drâvidischen Sprachen Südindiens, doch ist die genauere Vergleichung, die er sich für eine Schlußabhandlung vorbehalten hatte, nicht mehr erschienen. Die „Anthologia Sanscritica“, Bonn 1838, 8°, leistete während vieler Jahre den Universitätsstudien gute Dienste, und hätte noch bessere geleistet, wenn L. nicht durch den Wunsch, möglichst viel Ungedrucktes zu geben, verleitet worden wäre, einige für Anfänger ziemlich ungeeignete Stücke aufzunehmen. Nachdem diese Stücke in Gildemeister’s neuer Bearbeitung (ebend. 1865) durch geeignetere ersetzt worden waren, erlebte das Buch schon nach drei Jahren eine neue Auflage (ebend. 1868); doch behält die erste Ausgabe wegen des Dhûrtasamâgama ihren selbständigen Werth. Im Anschluß an James Prinsep versuchte sich L. mit Glück in der Entzifferung der baktrischen Münzlegenden („Zur Geschichte der griechischen und indoskythischen [787] Könige in Baktrien, Kabul und Indien durch Entzifferung der altkabulischen Legenden auf ihren Münzen“, Bonn 1838, 8°; ins Englische übersetzt von E. Roer, Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal, N. S. IX, 1840). In das Jahr 1839 fallen zwei kleine Abhandlungen Lassen’s „Objects of Research in Affghanistan“: Journ. As. Soc. Beng., N. S. VIII. 145 ff., und: „Ueber den Gebrauch der Buchstaben zur Bezeichnung der Zahlen bei den Indischen Mathematikern“: Ztschr. f. d. Kunde des Morgenlandes, II. 419 ff.). Nachdem L. schon unterm 15. Juni 1830 zum außerordentlichen Professor mit einem Gehalt von 300 Thalern ernannt worden war, erhielt er am 19. Aug. 1840 eine für ihn neu geschaffene Professur der altindischen Sprache und Litteratur mit einem Gehalt von 700 Thalern. Im folgenden Jahre wurde ihm von der Universität Kopenhagen eine Professur der orientalischen Sprachen angetragen, welche er indessen ablehnte, da er es vorzog, in dem ihm lieb gewordenen Bonn zu bleiben. Ein darauf bezüglicher Brief Lassen’s an den Geheimrath Schulze in Berlin befindet sich auf der Berliner königl. Bibliothek, s. Verzeichniß der von dem verstorbenen preuß. Generallieutenant J. v. Radowitz hinterlassenen Autographen-Sammlung, II. Gelehrte, Berl. 1864, S. 419, Nr. 5693. Die Vorlesungen, die L. an der Bonner Universität ankündigte, waren abwechselnd Sanskrit-Grammatik, Erklärung indischer Schriftsteller, vergleichende Grammatik der indogermanischen Sprachen, indische Alterthümer, Neupersisch und Privatissima über Sanskrit und Zend. Für den Unterricht im Sanskrit bediente er sich theils seiner eigenen Sanskrit-Anthologie, theils später der Chrestomathien von Böhtlingk und Benfey. Den Vorgerückteren interpretirte er folgende Texte: Manu, Bhagavadgîtâ, Hitopadeça, Pañcatantra, Bhartṛihari, Vedântasâra, Raghuvança, Gîtagovinda, Mudrârâkshasa, Mâlatîmâdhava, Prabodhacandrodaya, Çakuntalâ, Mâlavikâgnimitra, Mṛicchakatî, ausgewählte Upanishads, Ṛigveda. Eine Zeit lang las er auch über altpersische Grammatik und die altpersischen Keilinschriften. Statt der indischen Alterthümer kündigte er zeitweilig Alterthümer der wichtigsten Völker des Orients und Alterthümer der vorderasiatischen Völker an. In der ersten Zeit las er auch über alte Geographie und allgemeine Sprachenkunde. Als ordentlicher Professor war er außerdem verpflichtet, Vorlesungen über englische Litteratur zu halten. Bonn war damals der eigentliche Sitz der Sanskritphilologie. Unter Schlegel und L. florirte dort das Studium der indischen Sprache und Litteratur so, daß begeisterte Schüler von einem „zweiten Benares an den Ufern eines zweiten Ganges“ sprechen konnten. Wohl die meisten von den Sanskritanern, die jetzt an den deutschen Universitäten die Stellen einnehmen, haben bei L. ihre Ausbildung erhalten. Seine Antrittsvorlesung als ordentlicher Professor hielt er über das alte Ceylon nach den griechischen und indischen Berichten („De Taprobane insula veteribus cognita …“, Bonn 1842, 4°, auch als Pars I bez., nicht weiter erschienen). Die Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, zu deren Begründern L. gehört hatte, ging, nachdem 3 Bände derselben in Göttingen bei Dieterich erschienen waren, an den Verleger Koenig in Bonn über, und L. übernahm die Redactionsgeschäfte und wurde zugleich der eifrigste Mitarbeiter der Zeitschrift, ließ sie aber nach einigen Jahren, als seine Kränklichkeit zunahm und außerdem die Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft und Weber’s Indische Studien zu erscheinen begonnen hatten, eingehen (Bd. IV–VII, Bonn 1842–50). Die wichtigeren Abhandlungen, die er zu der Zeitschrift beigetragen hat, sind außer den schon erwähnten folgende: „Ueber eine alte Indische Inschrift der königl. Satrapen von Surâshtra …“, IV, 146–202; „Ueber den Ursprung und das Alter des Indischen Thierkreises von C. M. Whish. Bemerkungen dazu“, IV, 302–48; „Eine aus einer Kupfertafel in Sattâra gefundene Inschrift Naravarma’s aus dem [788] Jahre 1104“, VII, 294–352. Von sonstigen Arbeiten Lassen’s sind zu erwähnen die zweite Ausgabe von Schlegel’s Bhagavadgîtâ („Bhagavad-Gita id est θεσπεσιον μελος sive almi Chrishnae et Arjunae colloquium de rebus divinis. Textum rec. adn. crit. et interpr. lat. adj. Aug. Guil. a Schlegel. Ed. II … cura Chr. L.“ Bonn 1846, 8°), die Ausgabe der fünf ersten Capitel des Vendidad zum Gebrauch bei Vorlesungen („Vendidadi capita quinque priora“, Bonn 1852, 8°), die Abhandlungen „Ueber die Lykischen Inschriften und die alten Sprachen Kleinasiens“: Ztschr. d. Deutschen Morgenl. Gesellschaft, X, 329–88, 1 Taf., 1856, „Ueber die Altindische Handelsverfassung“: ebend., XVI, 427–37, 1862, und schließlich das Hauptwerk seines Lebens, die „Indische Alterthumskunde“, Bd. 1, Geographie und die älteste Geschichte, Bonn, London 1847 (Heft 1 erschien bereits 1843). Bd. II, Geschichte von Buddha bis auf die Ballabhi- und jüngere Gupta-Dynastie, ebend. 1852. Bd. III, Geschichte des Handels und des griechisch-römischen Wissens von Indien und Geschichte des nördlichen Indiens von 319 n. Chr. Geb. bis auf die Muhammedaner, Leipzig, London 1858. Bd. IV, Geschichte des Dekhans, Hinterindiens und des indischen Archipels von 319 n. Chr. Geb. bis auf die Muhammedaner und die Portugiesen, ebend. 1861. Anhang zu Bd. III u. IV: Geschichte des chinesischen und des arabischen Wissens von Indien, ebend. 1862. Die ersten beiden Bände erschienen in zweiter Ausgabe, Leipzig, London 1867, 74. Die Inder selbst haben ja nie daran gedacht, ihre Geschichte zu schreiben, und auch auf europäischem Boden gab es nur wenige Vorarbeiten, es galt vielmehr diese Wissenschaft erst zu begründen. Die gelegentlichen Andeutungen in den Werken der indischen Litteratur, die indischen Inschriften, die Nachrichten der Griechen, Araber, Chinesen und ähnliche Elemente hatte er zu einem Ganzen zu verarbeiten. Schon jetzt bedarf manches in dem Werke der Ergänzung, und je schneller die Wissenschaft von Indien vorschreiten wird, desto eher wird Lassen’s Werk veraltet sein, aber der Ruhm wird ihm bleiben, den Grund zur indischen Alterthumskunde gelegt zu haben. Leider ist das Namen- und Sachregister, von dessen Anfertigung in der Vorrede zu Bd. II, Aufl. 2 die Rede war, doch nicht erschienen. Schon in der Jugend wurde L. von einem Augenleiden heimgesucht, welches er sich in Paris bei der Collation einer Telingahandschrift des Râmâyaṇa zugezogen haben soll, s. Ramayana ed. Schlegel. Vol I, Pars I, Bonn 1829, p. XXXIX. Seit 1840 nahm das Leiden zu, bis er schließlich nur noch einen schwachen Lichtschimmer sah, außerdem wurde seine Sprache undeutlich, und diese Leiden machten es ihm in den letzten Lebensjahren unmöglich, Vorlesungen zu halten und behinderten ihn in seinen wissenschaftlichen Arbeiten. Seit 1860 scheint sein körperliches Befinden sich besonders verschlimmert zu haben, er kündigte seitdem meistens nur eine Vorlesung an und seit Winter 1868/69 gar keine. Verheirathet hatte er sich erst im 50. Lebensjahre, am 15. September 1849, mit Karoline Auguste Wiggers aus Altona. Nach einwöchentlicher Krankheit erfolgte sein lang erwarteter Tod am Abend des 8. Mai 1876.

Vgl. die Nekrologe, Trübner’s Record. X. 82 sq.; Journ. of the R. Asiat. Soc. N. S. IX. Ann. Rep. p. VII–X; Proceed. of the Asiat. Soc. of Bengal, 1876, 101 sqq.; Athenaeum No. 2534. p. 697. Ferner die Conversationslexika, das neueste Encycl. Brit. 9. ed. XIV, 1882, p. 322 sq.; A. De-Gubernatis, Cenni sopra alcuni Indianisti viventi: Rivista Europea, Anno III, Vol. IV., 1872, p. 449 sq. Ein Bild Lassen’s Ill. Nyhedsbl. 1859, No. 46.