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Artikel „Keimann, Christian“ von Heinrich Julius Kämmel, l. u. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 535–536, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Keimann,_Christian&oldid=- (Version vom 16. Oktober 2024, 00:49 Uhr UTC)
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Keimann: Christian K., als Kirchenliederdichter immerhin neben Paul Gerhardt zu nennen, mit dem er in demselben Jahre geboren war, aber auch ein verdienter Schulmann; geb. den 27. Februar 1607 in Pankraz an der Grenze Böhmens und der Oberlausitz, † den 13. Januar 1662 in Zittau als Rector des Gymnasiums. – Sohn eines evangelischen Pfarrers, der später in einem Dorfe bei Zittau Stellung fand, kam er frühzeitig in das Gymnasium dieser Stadt, in welcher er, unter Noth und Mangel lebend, eine gute Vorbereitung zu den akademischen Studien gewann. Er ging 1627 nach Wittenberg, als sein Vater vor dem Grimm der Gegenreformation als exul Christi in Zittau ein Asyl suchte. In Wittenberg hat er sieben Jahre lehrend und lernend zugebracht, mit besonderer Liebe an Erasmus Schmid, den Herausgeber Pindar’s und Hesiod’s, und an Aug. Buchner, den treuen Pfleger deutscher Poesie, sich anschließend, in den wechselvollsten Jahren des großen deutschen Krieges. Als lateinischer Dichter und Stilist hat er schon damals mannigfach sich empfohlen, z. B. durch eine „Historia Joannis Baptistae heroico metro comprehensa“ (1630) und ein Gratulationsgedicht auf Professoren der Universität beim Jubiläum desselben Jahres. Im J. 1634 Magister geworden, erhielt er gleich darauf einen Ruf nach Zittau, wo die Pest und andere Kriegsleiden Alles zerrüttet hatten und auch die Schule fast verödet war. Er hatte nun fünf Jahre lang als Conrector auch das erledigte Rectorat zu verwalten und konnte nur mit höchster Anstrengung die Schule zusammenhalten. Dann wurde er freilich als Rector eingesetzt, mußte aber noch immer 20 Jahre hindurch das Conrectorat mit verwalten und sah erst lange nach dem Friedensschlusse das Lehrercollegium so ergänzt, daß die Schule wieder zu Gedeihen sich aufrichten konnte. Als Schulmann hat er in dieser traurigen Zeit, ohne Ausnahme für die Bedürfnisse seiner Anstalt, eine Reihe von Lehrschriften (für den Unterricht im Rechnen, im Lateinischen, in der Religion) ausgearbeitet, doch auch für das Schultheater, das ja in Zittau zu eigenthümlicher Bedeutung gelangt ist, manches in lateinischer und deutscher Sprache gedichtet. Höhere Bedeutung indeß hat er als Verfasser von Kirchenliedern gewonnen, die seinem Namen bis in die Gegenwart Anerkennung erhalten haben. Seine Lieder sind nicht zahlreich und fast alle durch besondere Veranlassungen hervorgerufen; aber es spricht aus ihnen eine große Innigkeit und ein unter harten Prüfungen bewährtes Herz. Wir erinnern hier nur an die in viele Gesangbücher aufgenommenen: „Meinen Jesum laß ich nicht“[1], „Freuet euch, ihr Christen alle“, „Triumph, Triumph, Victoria“, „Meine Seele Gott erhebet“, „Hosianna David’s Sohne“. Von den 80 geistlichen Oden, welche Otto (Lexikon der Oberlaus. Schriftsteller II. 260) dem frommen Dichter zuschreibt, ist uns nichts bekannt geworden; dafür haben sich mancherlei lateinische Gelegenheitsgedichte von ihm erhalten. Daß seine Dichtungen, die ihn als einen Vertreter der ersten schlesischen Dichterschule erscheinen lassen, ihm den poetischen Lorbeerkranz einbrachten, ist nicht zu verwundern. So unter den Sorgen und [536] Mühen des amtlichen Lebens vorwärtsschreitend, konnte er auch im Kreise der Familie – seine Frau hatte ihm neun Kinder geschenkt – mannichfache Erquickung finden. Dennoch waren seine letzten Jahre durch innere Anfechtungen getrübt und sein Tod erfolgte nach schweren Leiden.

Ueber K. s. Chr. Weise, Memoria Chr. Keimanni, Z. 1689. Schröter, Merkwürdige Exulanten-Historie (Budissin 1715), S. 150 ff. H. Kämmel, Christian Keimann. Ein Beitrag zur Gesch. des Zitt. Gymn., Z. 1856, 4°. Auffallend ist, daß Weise, selbst ein sehr fruchtbarer Dichter, in jener Vita auf die Poesien Keimann’s gar nicht Bezug nimmt; dafür hat dieser in der Geschichte des Kirchenlieds und Kirchengesangs von Koch, Bd. III S. 369 ff. vollkommene Würdigung gefunden.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 535. Z. 8 v. u.: Das Lied „Meinen Jesum laß ich nicht“ dichtete Keimann auf die letzten Worte des sterbenden Kurfürsten Johann Georg I. († 1656), auf dessen Namen die Anfangsbuchstaben der Zeilen der letzten Strophe hinweisen. Es erschien zuerst in einem Einzeldruck, worauf Hammerschmied (Bd. X S. 488) es in seinen „Fest-, Lust- und Dankliedern“ (Dresden 1658) mit der berühmten Melodie versah. [Bd. 15, S. 796]