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Artikel „Matthias von Jagow“ von Rudolf Schwarze in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 654–657, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jagow,_Matthias_von&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 23:37 Uhr UTC)
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Matthias: M. von Jagow, der 42. Bischof von Brandenburg, gehörte dem altmärkischen Zweige seines in den Marken, Pommern und Mecklenburg angesessenen Geschlechtes an und ward geboren 1480, als der älteste von den vier Söhnen des Claus v. J., Erbherrn zu Aulosen (Kreis Osterburg) und der Ermgard von Alvensleben. Der Vater starb wohl vor 1511, die Mutter lebte noch 1524. Von seinem Bildungsgange ist nichts Näheres bekannt, doch wird er bereits 1511 in der Urkunde über die Belehnung der Gebrüder und Vettern v. J. mit den Dörfern Marleben, Triebel, Tobringen (bei Gartow) durch den Herzog Heinrich von Braunschweig-Lüneburg, ebenso 1524 bei der Belehnung mit Calberwisch (unweit Osterburg) durch Joachim I. als Doctor beider Rechte bezeichnet (Riedel I, Bd. 25, S. 487 und Suppl. S. 410). 1525 ist er Magdeburger Domherr und Inhaber einer Minor-Präbende (der sogenannten praeb. janitoria, wie statt januaria bei Riedel I, 5. 269 zu lesen) beim Stendaler Domstift; um dieselbe Zeit war er auch Propst des Nonnenklosters in Spandau (Krüger, Geschichte von Spandau S. 81). – Am 15. Juli 1526 ward M. nach dem Tode des Bischofs Dietrich v. Brandenburg, vom Kurfürsten Joachim I., auf Grund der ihm durch die Bulle vom Jahre 1447 für die märkischen Bisthümer zustehenden Befugniß, zu dessen Nachfolger nominirt, darauf vom Capitel gewählt, sowie von der Curie und dem Kurfürsten bestätigt. Am 4. Februar 1528 hielt er seinen Einzug in das Stift, dann begab er sich nach Ziesar, der damaligen bischöflichen Residenz. Es war vor Allem wichtig, wie M. sich verhalten würde gegenüber der immer wachsenden kirchlichen Bewegung, welche von dem zum Brandenburger Bisthum gehörigen Wittenberg ausgegangen war. In den sächsischen und anhaltinischen Theilen der Diöcese hatte sie, unter dem Schutze der Landesherren bereits festen Fuß gefaßt, nur von den Marken hatte sie Joachim I. noch fern zu halten versucht. Daher hatte M. beim Antritt seines Amtes geloben müssen: „die Kirchen und Klöster seiner Diözese in geistlichen und weltlichen Dingen zu reformiren, von der Ketzerei zu reinigen und deren Eindringen zu verhindern.“ Und in diesem Gegensatz gegen [655] die Wittenberger beharrte der Bischof während der ganzen Regierungszeit Joachim’s I., mag er auch gelegentlich in der Neustadt-Brandenburg einem tüchtigen Pfarrer (dem Thomas Bawitz, welcher später die Reformation in der Stadt einführen half) das deutsche Messelesen gestattet haben. Einen Beweis dafür liefert das Schreiben, in welchem er 1534 mit Bewilligung des Kurfürsten den Papst bittet, die Aufhebung des alten Prämonstratenserklosters Leizkau zu gestatten (Riedel I, 10, S. 89 und I, 24, S. 486). Die verabscheuungswürdige Ketzerei, führt er aus, habe unter ihrem Häresiarchen Luther die Kirche verstört, und bewirkt, daß auch das Kloster von den Mönchen bis auf vier oder fünf verlassen sei; sein Wunsch ist, die Besitzungen des Klosters mit den bischöflichen Tafelgütern zu vereinigen, um der eingerissenen Finanznoth zu steuern. Doch ehe die Einziehung Leizkau’s zu Stand und Wesen kam, starb Joachim I. und sein Nachfolger Joachim II. nahm das Kloster in seine Aufsicht und Verwaltung. Auf eine darüber von seinem Onkel, dem Cardinal Albrecht am 15. Juli 1537 erhobene Klage (Riedel I, 24, S. 496) erwiderte am 25. d. M. der Kurfürst (das. I, 10, S. 89–90): daß der Bischof nicht geeignet sei, der eingerissenen Unordnung im Kloster zu steuern, „da sein Leben wenig unsträfflicher sei“. In Folge dessen erließ der Cardinal an M. ein Ermahnungsschreiben, sein häusliches Leben zu bessern und beauftragte gleichzeitig den Bischof Busso von Havelberg auf ihn in dieser Richtung persönlich einzuwirken (1. August 1537. Riedel I, 24, S. 497 und 498). Man sieht, noch stehen Kurfürst und Bischof sich innerlich fern und fast feindselig gegenüber. Aber Joachim II. (s. Bd. XV, S. 78), ohne sich durch das raschere Vorgehen seines Bruders, des Markgrafen Johann von Küstrin, beeinflussen zu lassen, wartete für die Durchführung der Reformation in seinen Landen die Zeit ab, bis die Gemeinden durch die nunmehr unbehinderten lutherischen Prädicanten für dieselbe gewonnen und in ihrer Mitte die noch vorhandenen Gegensätze ausgeglichen sein würden. So konnte es geschehen, daß auch M. von der bloßen Duldung zur tieferen Erkenntniß der evangelischen Lehre geführt wurde und für diese, nachdem er bei sich Wandel geschafft, als der einzige der drei Landesbischöfe das Gewicht seines Einflusses in die Wagschale der noch schwankenden Meinungen legte. Das Jahr 1539 brachte die Entscheidung. Bereits am 15. Februar baten die Rathmannen von Berlin und Cölln Namens der Bürgerschaft den Kurfürsten, ehe er zum Fürstentage nach Frankfurt a. M. sich begab, in den nächsten Ostern (6. April) das Sacrament unter beiderlei Gestalt genießen zu dürfen. Bald nach Ostern aber verhandelte der aus der Landeshauptstadt heimkehrende Bischof am 15. April, im Hause des Matthias von Schwanebeck zu Teltow mit einer Anzahl „Junkern aus dem Teltow“ wegen der reinen göttlichen Lehre, zu der sich Alle bekannten, doch mit der Zusage ihre widerstrebenden Pfarrer nicht zu verjagen, sondern ihnen Unterhalt zu reichen und sich inmittelst nach Predigern der reinen Lehre umzuthun. Als dann gleichzeitig die Beschlüsse der Frankfurter Versammlung (der sogenannte Frankfurter Anstand vom 15. April) einen friedlichen Ausgleich der religiösen Streitigkeiten hoffen ließen, überdies der Tod des Herzogs Georg des Bärtigen (am 17. April) die Evangelisation auch des Albertinischen Sachsens unter seinem Bruder Heinrich zur Folge hatte, glaubte auch Joachim II., nach abermaliger Berathung mit Melanchthon, mit einem offenen Bekenntniß vor seinem Lande nicht mehr zurückhalten zu dürfen. Und Bischof M. stand nicht an, dem Kurfürsten am 1. November in der Nikolaikirche zu Spandau mit dem ganzen Hofe, jenen Landsassen aus dem Teltow sowie einer Anzahl Prädicanten, und darauf am 2. November im Dom zu Berlin mit den Vertretern der Bürgerschaft das Abendmahl unter beiderlei Gestalt zu spenden, damit Zeugniß ablegend von seiner Mitarbeit an [656] dem Reformationswerke, welches nunmehr allerorten im Lande mit großer Freudigkeit betrieben wurde. Bei der Abfassung der etwa sechs Monate später von Joachim II. erlassenen „Kirchenordnung, wie man sich beide mit der Leer und Ceremonien halten sol“, war der Bischof nicht direct betheiligt. Dieselbe kam vielmehr, unter steter Mitwirkung des Kurfürsten und Besprechung mit den Reformatoren, durch den nach Berlin berufenen Propst, Georg Buchholzer (s. Bd. III, S. 482) und den früheren Hofprediger Georgs des Frommen von Anspach, Jacob Stratner zu Stande, voller Schonung gegen alles, was nicht mit der heiligen Schrift in Widerspruch zu stehen schien, aber um desto mehr die Hauptartikel der evangelischen Lehre betonend. Der Bischof hatte als Anhang eine „Bewilligung und Bestettigung“ hinzugefügt, mit deutlichem Hinweis auf seinen Amtseid, welcher, wie er ihn jetzt erfaßte, ihm auferlegt habe: „alle Irrthümer zu meiden, sie nicht zu lehren, noch ihre Lehre zu gestatten, vielmehr aber das göttliche Wort auszubreiten und zu fördern.“ Bald eröffnete sich dem nunmehr Sechzigjährigen eine neue Thätigkeit, als er zur Mitwirkung bei der vom Kurfürsten angeordneten Kirchenvisitation neben dem Kanzler Joh. Weinleb und dem oben genannten Jacob Stratner berufen wurde. Wie die von Weinleb entworfene Instruction und die meist von seiner Hand geschriebenen, jetzt größtentheils gedruckten Concepte der Visitationsabschiede ergeben, bezweckte dieselbe, den Uebergang der alten Zustände in die neuen nach bestimmten Normen zu regeln, das Kirchen- und Stiftsvermögen vor Zerstreuung zu bewahren und zweckmäßig zu verwerthen, die neuen Geistlichen einzuweisen, die Schulen herzurichten u. dgl. Nachdem die Visitatoren, in den einzelnen Ortschaften von Deputirten der Landschaft und Städte unterstützt, von 1540–1542 ihre Aufgabe in der Kur- und Altmark erfüllt hatten, trat eine Pause ihrer Thätigkeit ein, weil Weinleb während der Abwesenheit des Kurfürsten im Türkenkriege 1542 die Regierungsgeschäfte führen mußte. Erst 1543 ward die Visitation auf die Uckermark ausgedehnt und damit in den ihr gewiesenen Grenzen – die Priegnitz als Sprengel des Bischofs von Havelberg und einige Theile des Lebuser Sprengels waren ausgeschlossen – vollendet. Kurze Zeit darauf, im J. 1544 ward der Bischof aus dem Leben abgerufen. Sein Name ist mit der Einführung der Reformation in den Marken eng verknüpft; aber der Einsatz eigener Kraft und Bedeutung, welchen er dazu mitbrachte, ist oft höher geschätzt worden, als er bei unbefangener Betrachtung erscheinen muß. Im J. 1541 hatte er sich mit Katharina v. Rochow vermählt; auf die Mittheilung davon verschrieb der Kurfürst ihm und seiner Gemahlin „aus sonderlichem und gnädigem Willen“ das Dorf Wachow, welches bisher unter dem Abt von Lehnin gestanden hatte. Die Ehe blieb kinderlos; einige Jahre nach des Bischofs Tode heirathete die Wittwe den Arend von Treskow zu Slaventin. – Die Vacanz des Sprengels dauerte bis 1545, dann ward der Herzog Joachim von Münsterberg zum Bischof nominirt, nachdem er dafür seine Ansprüche auf das Herzogthum Crossen aufgegeben und die Kirchenordnung angenommen hatte. Doch resignirte er seine Würde schon 1560. Nun gestattete der Kurfürst keine neue Wahl mehr. Er setzte vielmehr den Kurprinzen Johann Georg als Administrator ein, welcher bei seinem Regierungsantritte in den Marken 1571 die Tafelgüter des Bisthums mit den kurfürstlichen Domänen vereinigte, das 1544 evangelisch gewordene Domcapitel indessen bestehen ließ.

Riedel, codex diplom. Brandenburgensis. -– Joh. Müller[WS 1], Geschichte der Reformation der Mark Brandenburg. – Schäffer, Reformationsgesch. der Stadt Brandenburg. – Hädicke, die Reichsunmittelbarkeit und Landsässigkeit der Bistümer Brandenburg u. Havelberg, im Progr. d. Landesschule Pforta [657] 1882. – Außerdem vgl. L. v. Ranke, Deutsche Gesch. im Zeitalter d. Reformation, Bd. 4; Droysen, Gesch. d. Preuß. Politik, Bd. 2 u. a.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Auf dem Titelblatt steht „Doctor Adolph Müller, Professor“.