ADB:Matthias (Erzbischof von Mainz)

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Artikel „Mathias, Erzbischof von Mainz“ von Karl Menzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 657–663, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Matthias_(Erzbischof_von_Mainz)&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 03:11 Uhr UTC)
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Mathias: Erzbischof von Mainz (1321–1328), war der Sohn des Grafen Heinrich von Buchegg, Landgrafen von Burgund, und wurde um das J. 1280 geb. Er hatte zwei ältere Brüder, Hugo und Berthold, von denen der erstere im Dienst und in der Gunst des Königs Robert von Neapel stand, der letztere dem Deutschorden angehörte. M. trat in den Benedictinerorden und wurde Custos des Klosters Murbach im Elsaß und von da Propst des Gotteshauses zu Luzern. Da die Grafen von Buchegg seit langem Lehensleute und Anhänger der Habsburger waren, schloßen die Brüder in dem Thronstreit, der seit 1314 zwischen Ludwig von Baiern und Friedrich von Oesterreich entbrannt war, sich entschieden dem letzteren an. Dieser Parteistellung verdankte M. sein Emporkommen. Schon im J. 1319 hatte er Aussicht auf den bischöflichen Stuhl zu Constanz erhoben zu werden. Aber es sollte sich ihm eine glänzendere Stellung eröffnen. Als der Erzbischof Peter von Mainz am 4. Juni 1320 gestorben war, bat der König von Neapel den Papst, dem Grafen M. das erledigte Erzstift zu verleihen. Johannes XXII. zögerte, sei es, daß er den Empfohlenen erst kennen lernen wollte, sei es, daß ihm die Erhebung eines entschieden habsburgisch-gesinnten Mannes während des Thronstreites bedenklich schien. Da eilte M., offenbar von den Habsburgern gerufen, nach Avignon und gab diesen hier, am 10. Juni 1321 das Versprechen, daß er, wenn er Erzbischof von Mainz werden sollte, dem König Friedrich und nach dessen Tod seinen Brüdern wider Jedermann mit dem Erzstift behilflich sein wolle. Seine Brüder, die Grafen Hugo und Berthold, die ebenfalls anwesend waren, bestärkten die Urkunde durch ihre Mitbesiegelung. Außerdem verpflichtete sich M. für die während der langen Erledigung des Mainzer Stuhles aufgelaufenen erzbischöflichen Einkünfte, dem Papste die Pauschsumme von 30,000 Gulden zu bezahlen. Nun wollte der Papst dem Drängen der habsburgischen Partei nicht länger widerstehen. Im October oder November wurde M. mit Uebergehung der Capitelswahl zum Erzbischof von Mainz ernannt und begab sich sogleich mit seinem Bruder Berthold nach Deutschland. Unterwegs in Colmar wiederholte er am 30. Novbr. 1321 das dem König Friedrich in Avignon gegebene Versprechen. In Mainz wurde er von dem bisherigen Verweser, dem Erzbischof Balduin von Trier, ehrenvoll empfangen, am 13. December übernahm er die Regierung des Erzstiftes. Sein Bruder Berthold wurde Comthur des Deutschordens–Hauses in Mainz. Da die Ernennung des Grafen von Buchegg allgemein als eine Unterstützung der habsburgischen Sache betrachtet wurde, hielt der Papst es für nöthig, bei dem König Ludwig, mit dem er damals noch auf gutem Fuße stand, sich am 23. September 1322 förmlich zu entschuldigen. M. suchte möglichst rasch festen Boden und Ansehen in seinem Erzstift zu gewinnen. Er bestätigte am 15. December 1321 der Stadt Mainz die ihr von seinen Vorgängern gegebenen Privilegien, er bewilligte dem Mainzer Klerus verschiedene Vortheile, er stellte die Ruhe in Bingen her, die durch eine Erhebung der Bürgerschaft gegen den Rath gestört war, er suchte die Rechnungen des Erzstiftes in Ordnung zu bringen und Handel und Wandel in den Rheinlanden durch ein Landfriedensbündniß mit den Städten Mainz, Straßburg, Worms, Speier und Oppenheim zu sichern und zu heben (3. April 1322). Die Verabredungen, die er mit den genannten Städten, namentlich wegen Erhebung eines Rheinzolles bei Oppenheim traf, wurden am 13. Juni 1322 von dem König Friedrich genehmigt. Solche Maßregeln waren nöthig, denn die erzbischöflichen Finanzen befanden [658] sich, wie die Abrechnungen ergaben, in keinem glänzenden Zustande. M. konnte von der dem Papst versprochenen Geldsumme nur 3000 Gulden bezahlen. Gleichwohl ließ Johann XXII., der auf die Verbindung mit dem ersten Kirchenfürsten Deutschlands größten Werth legte, die der versäumten Zahlung angedrohte Strafe nicht zur Ausführung kommen, sondern bewilligte eine längere Frist; auch verlängerte er ihm am 2. Octbr. 1322 den Termin der Bischofsweihe.

Die Schlacht bei Mühldorf am 28. September 1322, in der König Friedrich von seinem Gegner geschlagen und gefangen wurde, veranlaßte den Erzbischof zu einem vorübergehenden Parteiwechsel. Dies war schon zu bemerken, als er sich von einem Anhänger Ludwigs, dem Bischof Markward von Eichstädt, am 29. Juni 1323 zu Aschaffenburg die bischöfliche Weihe ertheilen ließ und denselben als Kanzler des Mainzer Stuhles bestätigte. Am 20. Juli erhielt er dann als Gewählter und Geweihter von dem König Ludwig mehrere Vergünstigungen; so wurde ihm bewilligt, am Zolle zu Ehrenfels von jedem Fuder so lange 4 große Turnose zu erheben, bis er davon 8000 Mark eingenommen. Die Stadt Oppenheim und etliche Dörfer wurden ihm für 30,000 Pfund Heller verpfändet. Auch die Räthe des Erzbischofs wurden dabei wegen ihrer Verdienste von dem König mit Geldanweisungen bedacht. Aber ein entschiedener Anhänger Ludwigs des Baiern wurde M. keineswegs. Als er am 9. August 1323 den Reinhard von Stralenburg als Burgmann in Schauenburg aufnahm, ließ er zu, daß dieser bei dem Hilfsversprechen gegen Jedermann den König Ludwig ausnahm, falls dieser mit dem Erzbischof von Mainz in Zwiespalt gerathen sollte. Freilich König Ludwig, der bald nach seinem Siege wegen seines Eingreifens in Italien mit dem Papste zerfallen war, suchte den Erzbischof aufs engste an sich zu knüpfen; er ertheilte ihm im Januar 1324 neue Vergünstigungen für seine Städte Oberlahnstein und Sobernheim. Zum Danke dafür unterließ M. die Veröffentlichung des ersten Processes, welchen Johann XXII. am 8. October 1323 wider den König erlassen hatte. Sehr bald trat der Papst noch feindlicher gegen den König auf; am 23. März 1324 machte er ihm den zweiten Proceß; zugleich gab er sich alle Mühe, dessen Anhang im Reiche zu mindern. Er schrieb am 17. April 1324 an den Erzbischof M., der bereits am 5. September 1323 das Pallium empfangen hatte, und tadelte ihn wegen seiner Gemeinschaft mit Ludwig und wegen Nichtverkündigung des ersten Processes; er forderte ihn auf, seine Nachlässigkeit durch gewissenhafte Behandlung des zweiten Processes wieder gut zu machen. Der Ueberbringer dieses Briefes war Graf Hugo von Buchegg, der offenbar noch den besonderen Auftrag hatte, seinen Bruder von der Partei Ludwigs völlig abzuziehen. Die Mahnungen des Papstes und die Vorstellungen des Bruders hatten den erwarteten Erfolg. Sogleich zeigte sich der Papst dankbar. Am 20. August 1324 erließ er dem Erzbischof die Strafe der Excommunication, in welche er verfallen sollte, weil er von den 27,000 Gulden noch immer nichts bezahlt hatte. Deshalb wurde M. keineswegs ein ganz gefügiges Werkzeug der päpstlichen Politik. Dies sollte Johann XXII. in einer wichtigen Sache erfahren. Nachdem er am 23. März den Bann und am 11. Juli 1324 die Absetzung gegen Ludwig von Baiern ausgesprochen, war er weit davon entfernt, sich seinem Gegner Friedrich von Oesterreich zu nähern. Er grollte diesem vielmehr, weil er seine Sache nicht völlig dem päpstlichen Stuhle anheim gestellt, sondern mit dem Schwerte dafür zu kämpfen gewagt hatte; er wollte allerdings den gebannten Ludwig von dem Reiche verdrängen, allein nicht durch diesen unglücklichen Friedrich, sondern durch einen mächtigeren, ihm völlig ergebenen Fürsten. So kam er auf den Gedanken, den König Karl IV. von Frankreich durch die Kurfürsten zum römischen König wählen zu lassen oder ihn nöthigenfalls durch päpstliches Machtwort [659] zu ernennen. Da er bei dem Könige und merkwürdiger Weise auch bei Friedrichs tüchtigstem Vorkämpfer, seinem Bruder Leopold, Beifall fand, begannen die weiteren Verhandlungen. König Karl und Herzog Leopold kamen im Juli 1324 in Bar an der Aube persönlich zusammen und hier gab der Herzog jenem am 27. das Versprechen, daß er bei den Kurfürsten seine Königswahl betreiben, die Zustimmung seiner Brüder, namentlich des gefangenen Friedrich auswirken, und wenn sie sich widersetzten, dem König bewaffnete Hülfe leisten wolle. Der Herzog, der durch große Versprechungen gelockt wurde und unter dem französischen Könige den meisten Einfluß im Reiche zu üben hoffte, beeilte sich in der That, im Sinne seines Versprechens zu handeln. Noch im Herbste 1324 oder Anfang 1325 kam er mit den Machtboten des Papstes und des Königs Karl und den geistlichen Kurfürsten in Rhense am Rhein zusammen und brachte die Erhebung des Capetingers zur Verhandlung. So sonderbar die Sache war, so sonderbar war der Ort der Berathung. Die Herren scheuten, wie es scheint, das feste Land und fanden sich in einem Rheinschiffe zusammen. Aber da zeigte sich, daß die alte habsburgische Partei doch habsburgischer gesinnt war, als ihr streitbarer Führer Herzog Leopold. Der Deutschordens-Comthur Graf Berthold von Buchegg, der als Begleiter oder Abgesandter seines Bruders, des Erzbischofs, anwesend war, widersprach dem Plane so entschieden, daß er sogleich als aussichtslos betrachtet werden konnte. Durch diese Haltung mochte Erzbischof M. bei dem Papste in Verdacht gerathen, daß er sich wieder auf Ludwigs Seite neige; in der That erhielt er am 10. December 1324 aus Avignon die Mahnung, gegen denselben schärfer vorzugehen, aber bald bewies er dem Papst, daß, wenn er auch den französischen König abgelehnt habe, er noch keineswegs an einen neuen Abfall zu dem gebannten und abgesetzten Baiern denke. Er publicirte die päpstlichen Processe, er schloß am 18. März 1325 zu Durlach mit den Bischöfen von Würzburg und Straßburg und dem Herzog Leopold und seinen Brüdern Albrecht, Heinrich und Otto, ein Bündniß zum Schutze ihrer Lande und Leute und zu Ehren und Dienst des heiligen Vaters, des Papstes und des Stuhles zu Rom, namentlich gegen Herzog Ludwig von Baiern und alle seine Diener und Helfer. Der Papst beglückwünschte den Erzbischof am 22. April 1325 wegen dieser vortrefflichen Haltung. Wie sehr er trotz des Scheiterns der Rhenser Verhandlungen sich dem Erzbischof zu Dank verpflichtet fühlte, zeigen die Gnaden, die er ihm und seinem Bruder ertheilte. Am 1. Juli 1325 ließ er von jener Schuldsumme von 27,000 Gulden, von der immer noch nichts bezahlt war, ein gut Theil, nämlich 7000 Gulden, nach und gestattete ihm, die bleibenden 20,000 Gulden in drei Terminen zu bezahlen, von denen der erste zu Weihnachten 1325 sein sollte. An demselben Tage bestellte er ihn auf zwei Jahre als delegirten Richter in allen Judenprocessen, die in seinem Erzstifte, in Stadt und Land, vorkommen würden. Ueberhaupt stand damals der Papst mit dem Erzbischof in regem Verkehr. Am 25. Juli dankte er ihm für die Mittheilungen, die er ihm durch seinen Bruder gemacht habe, und ermahnte ihn, das zum Nutzen der Kirche begonnene Werk mit Klugheit und Tapferkeit zu betreiben. Auch diesem Bruder, wohl Berthold, der außerdem eine eigne Angelegenheit in Avignon betrieb, zeigte sich der Papst dankbar; er bestätigte ihm die vom Hochmeister des Deutschordens übertragene Doppelcomthurei von Sumiswald und Gebweiler mit ausdrücklicher Biegung etlicher Ordensstatuten, welche dieser Verleihung entgegen waren. Durch solche Gnaden wollte der Papst die beiden Grafen von Buchegg nicht allein belohnen, er wollte sie auch in Zukunft für seine Politik gewinnen. Denn an dem französischen Königsplane hielt er trotz der früheren üblen Erfahrung mit aller Zähigkeit fest. Aber die habsburgische Partei blieb ebenso hartnäckig in ihrem Widerstande. Seit König [660] Friedrich durch den Trausnitzer Vertrag vom 13. März 1325 seine Freiheit wieder erlangt und namentlich, seit Herzog Albrecht an Stelle seines am 28. Februar 1326 verstorbenen Bruders Leopold die Führung der Partei übernommen hatte, war dieselbe entschlossener wie je, an dem Königthum Friedrichs festzuhalten und den Papst zur Anerkennung desselben zu bewegen. Zu letzterem Zwecke wurde vom Herzog Albrecht und den Erzbischöfen von Mainz und Köln beschlossen, eine heimliche Gesandtschaft, zu der Albrecht selbst und die Grafen von Buchegg und Virneburg gehören sollten, nach Avignon vorzubereiten und ihr möglichst bald etliche Vertrauensmänner vorauszuschicken. Aber der Papst hielt umsomehr an seinem früheren Plane fest, als er über die Abmachungen Friedrichs mit dem gebannten Ludwig in hohem Grade erzürnt war; er lehnte den Habsburgischen Antrag zwar nicht unbedingt ab, aber seine Antwort ließ seine Stimmung und Abneigung deutlich genug erkennen. Auch beeilte er sich, den König von Frankreich von diesen Verhandlungen genau zu unterrichten. Und noch immer hoffte er die Kurfürsten für dessen Erhebung zu gewinnen. Keinen andern Sinn können die Gnaden und Gefälligkeiten haben, die er im J. 1326 dem Erzbischof von Mainz erwies. Am 18. März ließ er ihm von der Schuldsumme, von der immer noch nichts bezahlt war, wieder 5000 Gulden nach; am 13. August wies er auf dessen Bitten den erzbischöflichen Tafelgeldern die Pfarrei Gernsheim zu und zwar ausdrücklich, um ihn für die Kosten der Ausrüstung der Schlösser Starkenburg und Weinheim zum Widerstand gegen Ludwig von Baiern zu entschädigen; am 21. December verlängerte er dem Erzbischof, der am 25. December mit der Zahlung der 15,000 Gulden beginnen sollte, die Frist abermals; nicht minder freundlich war es, daß Johann XXII. den Landgrafen von Hessen, der sich feindlich zu dem Mainzer stellte, am 4. Mai 1326 und im folgenden Jahre wiederholt zu Frieden und Freundschaft mahnte. Seine Absicht war dabei freilich die, die Kraft des Erzbischofs nicht durch den kleinen Krieg zersplittern zu lassen, sondern für die Lösung der großen Fragen des Reiches und der Kirche zu gewinnen. Fortwährend tauschten Papst und Erzbischof Briefe und Botschaften aus und noch that M. jenem nicht genug, am Februar 1327 mahnte ihn der Papst, über die Angelegenheiten des Reiches häufiger zu schreiben; dabei sprach er ihm sein Bedauern aus, daß er von Ludwig dem Baier fortwährend belästigt werde. Die Boten, welche M. um diese Zeit nach Avignon geschickt hatte, wurden, wie Johann ihm am 5. August mittheilt, wegen Erledigung wichtiger Angelegenheiten des Reiches längere Zeit zurückgehalten. Den französischen Plan mußte der Papst im J. 1328 aufgeben, da König Karl IV., der letzte Capetinger, am 1. Februar starb. Weil aber jetzt durch die Vorgänge in Italien, durch die Kaiserkrönung Ludwigs und die Erhebung eines Gegenpapstes der Zorn Johanns auf das heftigste erregt wurde, war vorauszusehen, daß er alsbald sich nach einem anderen Candidaten umsehen werde. Auch jetzt war er zur Anerkennung Friedrichs nicht zu bewegen. Am 4. März 1328 gab er dem Herzog Albrecht, der abermals darum nachgesucht hatte, einen entschieden ablehnenden Bescheid. Es war nur die Frage, ob sich die Kurfürsten, oder nur etliche unter ihnen, zu einer Neuwahl bewegen lassen würden. Wie es scheint, wurde M. unter Vermittlung seines Bruders Hugo am ehesten dafür gewonnen. Am 17. März 1328 bat der Papst die geistlichen und weltlichen Fürsten für den Grafen von Buchegg, der nach Deutschland zurückkehrte, um sicheres Geleit; am 5. April forderte er dann die Kurfürsten geradezu auf, von Neuem einen römischen König zu wählen. Offenbar hatte Graf Hugo diesem Schreiben bereits vorgearbeitet. Schon am 12. April fand – wie wenigstens der Papst dem König von Neapel berichtete – bei Mainz eine Versammlung geistlicher und weltlicher Wahlfürsten [661] statt, welche den Beschluß faßten, am 31. Mai in Frankfurt zur Königswahl zu schreiten. Welche Kurfürsten dabei waren, welchen Candidaten sie im Auge hatten, ist unbekannt. Ohne Zweifel stand M. an der Spitze, denn er wurde am 7. Mai von dem Papste ermächtigt, den angesetzten Wahltermin um 6 bis 8 Wochen hinaus zu schieben, wenn dadurch die Wahl eines geeigneten Königs erzielt werden könne. Durch die Zeilen läßt sich erkennen, daß das Vorhaben auf Schwierigkeiten und Bedenken gestoßen war. Aber um jeden Preis sucht der Papst den Erzbischof auf der eingeschlagenen Bahn festzuhalten. Nachdem er ihm in rührender Langmuth am 1. Januar 1328 die Zahlungsfrist für die 15,000 Gulden abermals verlängert hatte, ernannte er seinen Bruder Berthold, der zuletzt im Deutschordens-Hause zu Basel gelebt hatte, am 7. Mai zum Bischof von Speier. Er wollte dadurch wol den politischen Einfluß des ihm willfährigen Mainzer Erzbischofs stärken. Ob M. sich seitdem viel um eine neue Königswahl bemüht, läßt sich nicht erkennen. Allzu eifrig wird er schwerlich gewesen sein; ihn beschäftigte damals vollauf der hessische Krieg; auch machte Krankheit und Tod seiner Thätigkeit bald ein Ende.

Nicht allein die großen Fragen des Reiches, auch die vielfachen Angelegenheiten seines Erzstifts beschäftigten den Erzbischof. Von seinem Landfriedensbund mit den rheinischen Städten wurde schon oben berichtet. Das Bündniß, welches mehrmals in den Jahren 1323, 1325 und 1327 erneuert und durch den Beitritt des Bischofs Emich von Speier und des Markgrafen Friedrich von Baden erweitert wurde, führte zu manchen Verwicklungen. Als Graf Eberhard von Würtemberg das den Markgrafen von Baden gehörige Schloß Reichenberg im Murrthale angriff, rückte Erzbischof M. mit einem Heere heran und nöthigte den Grafen zum Abzug (1325). Ein andermal gings mit den Städtern unter Führung des Grafen Johann von Sponheim gegen den Rheingrafenstein, um den Wildgrafen Hartrad von Daun und die übrigen Gemeiner für die Gewaltthaten, welche sie von der Burg aus den rheinischen Kaufleuten zugefügt hatten, zu züchtigen. Der Wildgraf wurde gezwungen, den Bündnern das Schloß zu öffnen. Darauf wurde am 20. Juni 1328 der Friede durch die Bürger von Oppenheim vermittelt. Einen langdauernden Streit hatte M. mit dem Landgrafen Otto von Hessen, der die von seinem verstorbenen Bruder Johann hinterlassenen Mainzer Lehen, welche der Erzbischof für heimgefallen erklärte, nicht herausgeben wollte. Nachdem die angestellten Vermittlungsversuche und Rechtsverhandlungen zu keiner Verständigung geführt hatten, begann der Krieg, für den M. sich durch Bündnisse mit vielen in der Wetterau und Hessen ansässigen Grafen und Herrn wohl vorbereitet hatte. Graf Johann von Nassau-Dillenburg wurde am 24. März 1327 als Kriegshauptmann bestellt. Im August rückte der Erzbischof mit trierischer, würtembergischer und badischer Hilfe ins Land und eroberte die Festung Gießen. Wohl mahnte der Papst wiederholt zum Frieden, aber der Landgraf setzte den Krieg fort und wurde darin offenbar vom König Ludwig aus Haß gegen den Erzbischof M. bestärkt. Nach Otto’s Tod (Januar 1328) wandte sich das Kriegsglück seinem Sohne Heinrich dem Eisernen zu, der sich Gießens wieder bemächtigte und dem Grafen von Nassau am 10. August 1328 bei Wetzlar eine schwere Niederlage beibrachte. Die Folge war, daß die Mainzer Lehen bei Hessen verblieben, was erst später durch einen Vertrag festgestellt wurde. Auch mit den Bürgern von Mainz gab es Händel wegen ungerechter Zollforderungen und Steuern. Durch Vermittlung der Bürger von Worms und Speier ließ sich aber M. überzeugen, daß er Unrecht habe und so verbriefte er am 11. März 1325 den Mainzern von Neuem, daß ihre eingesessenen Stadtbürger an den erzstiftischen Zöllen keinen Zoll geben und für ihr Gut frei von Bete, Steuer und Schatzung sein sollten. Der Papst [662] Johann XXII. beglückwünschte den Erzbischof, wie die Bürger, wegen dieses Ausgangs. Gleiches Rechtsgefühl zeigt M. in einer geistlichen Sache. Als die Propstei bei St. Victor zu Mainz erledigt war, übertrug er dieselbe seinem Neffen Johann von Münsingen. Das Capitel, welches sein Wahlrecht nicht preisgeben wollte, machte dagegen Einwendungen und schlug vor, den Streit durch ein Schiedsgericht zu schlichten. Als der Spruch das Wahlrecht des Capitels anerkannte, fügte sich der Erzbischof. Die Versöhnung war ihm um so leichter, als das Capitel ebenfalls den Neffen gewählt hatte. Auch als Friedensstifter findet man den Erzbischof; im J. 1324 im Streite zwischen der Geistlichkeit und der Bürgerschaft der Stadt Erfurt; im J. 1327 zwischen dem Bischof Wolfram von Würzburg und dem Abt Heinrich von Fulda. – Für die territoriale Ausbildung und Verwaltung des Erzstifts war die kurze Regierung von großer Wichtigkeit. M. verstand es vortrefflich, adeligen freien Besitz in Mainzer Lehensgut umzuwandeln. Er schloß deshalb Verträge mit dem Ritter Hermann von Olm, genannt Teufel, mit Robert Schenk von Schweinsberg und seiner Ehefrau Wila, mit den Grafen Johann und Heinrich von Solms wegen des Schlosses Hohensolms und der dabei liegenden Güter, mit Werner von Hartheim und seiner Ehefrau Agnes wegen des Schlosses Hartheim, mit Heinrich von Ziegenberg, mit dem Grafen Ludwig von Rieneck wegen des Schlosses Grumbach. Durch Aufnahme tüchtiger Burgmannen sorgte er für die Wehrhaftigkeit der festen Plätze des Erzstifts, so setzte er Engelhard von Ebersberg in Buchen ein, den Grafen Friedrich von Wittgenstein in Battenberg, den Herrn Hartrad von Merenberg in Amöneburg, die Gebrüder Thilo und Johann von Ittern in Naumburg, Reinhard von Stralenburg in Schauenburg, Konrad von Trimberg in Ronneburg, den Ritter Heinrich Wolff von Sponheim in Beckelnheim, die Gebrüder von Falkenstein in Fritzlar. Auf der Starkenburg wachte der Burggraf Ritter Hartmut von Kronberg. Das Oeffnungsrecht verschaffte sich Mathias in den Schlössern Waldeck, Schriesheim, Falkenberg, Löwenstein u. A. Auch etliche Erwerbungen sind zu verzeichnen. M. kaufte das Schloß Steinach am Neckar von Konrad Schenken von Erbach für 1000 Pfund Heller, das Vicedominat Rüsteberg in Eichsfeld von dem Herrn von Hauenstein für eine jährliche Pension, verschiedene Zinsen und Gerechtsame zu Niederhall am Kocher vom Kloster Schönthal für 200 Pfund, verschiedene Rechte zu Laufen am Neckar, Brackenheim, Güglingen und Blankenhorn von dem Markgrafen Rudolf von Baden und dem Grafen Ulrich von Würtemberg für 8000 Pfund. Diese Erwerbungen lassen nicht mit Sicherheit auf gute Finanzen schließen. Um Neckarsteinach kaufen zu können, verkaufte M. seine Einkünfte zu Frankfurt in der Judengasse, zu Sossenheim, Eschbach und Höchst an Hartmut von Kronberg um 1000 Gulden. Die Finanzen waren schlecht, weil sie schlecht geordnet waren, weil die Bedürfnisse des Erzbischofs in Krieg und Frieden mannigfach waren und weil der Herr Geld nahm, wo er es fand. Als M. am 13. Mai 1328 mit dem Vogte von Seligenstadt in Aschaffenburg abrechnete, stellte sich heraus, daß er ihm 261 Pfund schuldig bleiben müsse, trotzdem ließ er sich von ihm noch ein junges Pferd für 110 Pfund kaufen und wies ihn auf die Subsidien an, die von den geistlichen Stiftungen erwartet wurden. Aber der Erzbischof erhielt keine Subsidien mehr und der Vogt kein Geld. Im Mai muß M. noch guter Gesundheit und Zuversicht gewesen sein, weil er sich ein muthiges Roß kaufte; am 2. und 5. Juli verweilte er in Seligenstadt und zehrte wieder auf Rechnung des Vogtes. Bald darauf fiel er in eine schwere Krankheit, welcher der Erzbischof, der ohnedies durch die Niederlage seines Feldhauptmanns bei Wetzlar schwer erschüttert war, keinen Widerstand leisten konnte; er starb am 10. September 1328 zu Miltenberg, wahrscheinlich [663] in Gegenwart seiner Brüder, die er an sein Krankenbett hatte rufen lassen; am 26. September wurde er im Dome zu Mainz beigesetzt.

Erzbischof M. hat noch keinen besondern Biographen gefunden. Das Meiste über ihn findet sich in der bei Ludwig dem Baier angegebenen Litteratur. Dazu kommt: E. Leupold, Berthold von Buchegg, Bischof von Straßburg, Straßburg 1882, Trübner. Die Briefe des Papstes Johannes XXII. an M. sind von F. von Löher im 5. und 6. Bande der Archivalischen Zeitschrift in Regestenform mitgetheilt.