ADB:Heinrich der Fromme (Herzog von Sachsen)

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Artikel „Heinrich der Fromme, Herzog zu Sachsen“ von Heinrich Theodor Flathe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 601–602, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_der_Fromme_(Herzog_von_Sachsen)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 06:46 Uhr UTC)
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Heinrich der Fromme, Herzog zu Sachsen, geb. am 17. März 1473, gest. 18. Aug. 1541, jüngster Sohn Herzog Albrechts des Beherzten und Sidonia’s Podiebrad, ein Fürst, der nicht durch seine Persönlichkeit, sondern nur durch die Zeit und die Verhältnisse, in welche sein Leben fiel, von Bedeutung geworden ist. Den ersten Beweis seiner geringen Befähigung gab er bereits im J. 1499, wo er als Stellvertreter seines Vaters in Friesland das der Fremdherrschaft ohnehin entschieden abgeneigte Volk durch Verletzung des Herkommens, Steuerforderungen und Erbauung einer Zwingburg bei Harlingen zur Empörung reizte, so daß sein Vater in Person herbeieilen mußte, um dieselbe zu dämpfen und den in Franeker belagerten H. zu befreien. Ebenso wenig gereicht diesem die Härte, mit der er an den Besiegten Rache nahm, zur Ehre. Diese unliebsamen Erfahrungen, verbunden einerseits mit der fortdauernden Widerspänstigkeit der Friesen, andererseits mit seiner Scheu vor anstrengender Thätigkeit, waren jedenfalls der Grund, weshalb H. schon am 27. April 1501 in Betreff des ihm durch das väterliche Testament zugewiesenen Frieslands mit seinem Bruder Georg einen Vergleich schloß, demzufolge dasselbe von ihnen beiden gemeinschaftlich regiert, H. aber an Herzog Georgs Hofe mit Kost und 2000 Fl. unterhalten werden sollte, und weshalb er zwei Jahre später ganz auf Friesland verzichtete, zufrieden, in dem brüderlichen Vertrage zu Leipzig vom 30. Mai 1505 die ihm bereits von seinem Vater für den Fall des Verlustes von Friesland bestimmten Aemter Freiberg und Wolkenstein, jedoch mit Ausschluß des Bergregals, und statt des vierten Theiles der Landeseinkünfte eine Rente von 12500 Fl. und 12 Fuder Wein zu erhalten. Seitdem nahm H. seinen Sitz in Freiberg und er hätte hier, seines Herzens Neigung folgend, ganz ungestört der Bequemlichkeit pflegen und sich des zwanglosen Umgangs mit Bürgern und Bergleuten erfreuen können, hätten ihn nicht einerseits seine Unfähigkeit mit seinem bescheidenen Einkommen gehörig hauszuhalten, andererseits die durch die Reformation veranlassten Wirren immer neue Unruhe und Sorgen verursacht. Während jene ihn in [602] finanzieller Abhängigkeit von seinem Bruder hielt, brachte ihn seine eifrig protestantische und energische Gemahlin Katharina (Tochter Herzogs Magnus II. von Mecklenburg, vermählt am 6. Juli 1512, deren ältere Schwester mit dem Kurfürsten Johann dem Beständigen vermählt war) mehr und mehr unter den Einfluß des kurfürstlichen Vetters zu Wittenberg, wobei sie besonders von dem 1533 durch Georg vertriebenen und in Heinrichs Dienst getretenen Anton von Schönberg unterstützt wurde. Eine Zeitlang widerstand ihr H. aus Rücksicht auf seinen Bruder, aber da, wie sein Secretär Freydinger berichtete, der Kurfürst und die Herzogin mit Fleiß und ohne Unterlaß anhielten, er solle allein Gott vertrauen und Herzog Georg fahren lassen, so gab er endlich nach und ließ es geschehen, daß 1536 die Einführung der Reformation durch den aus Wittenberg gesendeten Jacob Schenk begonnen und im folgenden Jahre durch Spalatin, J. Jonas und L. Beyer vollendet wurde; am 26. Sept. 1536 war H. für sich und seinen ältesten Sohn Moritz dem erneuerten Schmalkaldischen Bunde beigetreten. Dadurch trübte sich sein Verhältniß zu Herzog Georg immer mehr, zumal sich H. standhaft weigerte, demselben für den Fall seiner Nachfolge im Albertinischen Sachsen Zusicherungen wegen Erhaltung des alten Kirchenwesens zu geben. Vielmehr brach dieses, sobald H. durch Georgs Tod 1539 zur Regierung des ganzen Landes gelangte, überall von selbst zusammen. Ohne Rücksicht auf die Abmachungen des Bischofs von Meißen und die durch Sebastian von Weidmühl und Christoph von Gersdorf überbrachten Drohungen des Königs Ferdinand begann unverzüglich die Einführung der Reformation mittelst einer allgemeinen Visitation der Kirchen und Schulen durch die von dem Kurfürsten gesandten Visitatoren; das ganze Regierungssystem wurde durch die Verabschiedung der Räthe des verstorbenen Herzogs, durch die Ernennung Antons von Schönberg und des Marschalls Hans von Schleinitz an ihre Stelle geändert und das Land vom heiligen zum Schmalkaldischen Bunde hinübergeführt, alles ohne Befragung der Stände, bis die Geldnoth den Herzog nöthigte, dieselben auf Nov. 1539 nach Chemnitz zu berufen. Ihre Beschwerden über das bisherige eigenmächtige Verfahren beschwichtigte H., indem er die Verfügung über die säcularisirten Kirchengüter einem ständischen Ausschuß überwies, der die Verwendung derselben zum Besten der Kirchen und der Universitäten überwachen sollte. Trotzdem riß in den öffentlichen Geschäften immer größere Unordnung ein; aus Unwillen über die eigenmächtige Verheirathung seines Sohnes Moritz mit des Landgrafen Philipp von Hessen Tochter Agnes ließ er sich von Anton von Schönberg bestimmen in seinem Testamente, vom 5. Mai 1541, der Albertinischen Erbordnung zuwider zu verfügen, daß sein Land nicht an den ältesten Sohn allein, sondern an seine beiden Söhne kommen solle, wogegen jedoch Moritz sogleich vor etlichen Mitgliedern des ständischen Ausschusses Verwahrung einlegte. Die zunehmende Stumpfheit des Herzogs bewog etliche der letzteren zu der Bitte, er möge seinem Sohn Moritz die Mitregentschaft übertragen, bevor jedoch diese noch ins Werk gesetzt werden konnte, starb H. am 18. Aug. 1541 und wurde seinem Wunsche gemäß in Freiberg begraben. Seine Gemahlin Katharina überlebte ihn bis zum 6. Juni 1561, wo sie 84 Jahr alt auf ihrem Wittwensitz Wolkenstein starb. Von seinen drei Söhnen Moritz, Severin und August war der zweite schon am 10. Oct. 1533 gestorben; von seinen drei Töchtern war Sibylle mit Herzog Franz I. von Sachsen-Lauenburg, Emilie mit Markgraf Georg von Brandenburg-Bayreuth und Sidonie mit Herzog Erich II. von Braunschweig-Calenberg vermählt.