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Artikel „Ineichen, Josef“ von Christian Johnen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 668–669, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ineichen,_Josef&oldid=- (Version vom 6. November 2024, 16:03 Uhr UTC)
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Ineichen: Josef I., Professor der Physik und Mathematik am Lyceum in Luzern, wurde geboren am 12. Februar 1792 in Hochdorf (Kanton Luzern). Nach dem Besuche des Gymnasiums und Lyceums in Luzern war er 1816–18 Privatlehrer in Genf, studirte dann, mit einem Staatsstipendium versehen, von 1819–1823 Mathematik und Naturwissenschaften in Göttingen und Paris, und war von 1823 ab bis zu seiner Pensionirung im Sommer 1870 Professor der Physik und Algebra (oder Mathematik) am Lyceum der Kantonsschule in Luzern. Er war ein vorzüglicher und pflichttreuer Lehrer und hat sich um die Fortentwicklung des Lyceums verdient gemacht, u. a. durch die Schöpfung des physikalischen Cabinetts. Auch in der Verwaltung des Lyceums war er seit 1826 als Mitglied der Schulcommission, seit 1830 als Mitglied des Erziehungsrathes, seit 1833 als Mitglied und seit 1840 als Präsident der Bibliothekcommission thätig. Bei der Verfassungsänderung im J. 1841 aus diesen Aemtern entfernt, wurde er nach dem Sturz des Sonderbundes wieder 1848 in den Erziehungsrath, 1852 in die Studiendirection und zum Inspector des Gymnasiums, 1859/60 zum Inspector der Realschule gewählt, bis er freiwillig 1862 aus dem Erziehungsrath ausschied.

Im politischen Leben Luzerns trat er in entschieden liberalem Sinne hervor; er war von 1828 ab unmittelbar gewähltes Mitglied und von 1883 bis 1848 mittelbares, vom Kantonswahlcollegium gewähltes Mitglied des Großen Rathes. Auch gehörte er von 1832–1869 lange Zeit dem Großen Stadtrath von Luzern an. Von 1843–1862 war er Mitglied des Sanitätscollegiums, von 1833–1881 Mitglied und seit 1848 Präsident der Maaß- und Gewichtscommission des Kantons, endlich von 1852–1862 Mitglied der topographischen Commission desselben. Namentlich hat ihn die Regelung der Maaß- und Gewichtsverhältnisse des Kantons andauernd beschäftigt, wozu er u. a. im J. 1837 seine Maaß- und Gewichtstabellen (gedruckt auf Staatskosten, mit einer historischen Einleitung) und 1851 bei Einführung des neuen Münzsystems die Luzerner amtlichen Münzreductionstabellen ausarbeitete; er half dann auch noch 1874–1878 bei der Einführung [669] des metrischen Maaßes mit, trotzdem er sich 1864 dagegen ausgesprochen hatte. Auch die naturwissenschaftlichen Beobachtungen Luzerns lagen ihm viele Jahre hindurch ob.

In der Geschichte der Stenographie ist I. durch seine Vertretung der geometrischen Methode von Horstig bekannt, die er 1813 erlernt hatte und ständig anwandte. Sein ganzer Nachlaß, namentlich die Hefte, nach denen er am Lyceum docirte, waren stenographisch geführt. Er ertheilte auch zu Anfang der dreißiger Jahre am Lyceum Unterricht in der Stenographie und verfaßte dazu eine Anleitung („Stenographisches Alphabet nach Horstig“, 1831, 2. Aufl. 1850). In den Jahren 1830–1840 stenographirte er mehrere Verhandlungen des Luzerner Großen Rathes sowie die Debatte desselben über die Jesuitenberufung vom 9. September 1842, die in zwei Auflagen im Druck erschien.

I. gab 1823 das Lehrbuch der organischen Chemie von Gmelin in französischer Uebersetzung heraus (Paris 1823) und schrieb selbst: „Grundlehren der Algebra“ (Luzern 1827), ein bis Anfang der siebziger Jahre am Gymnasium in Luzern gebrauchtes Schulbuch, „Entwicklungsgang der Ansichten über das Weltsystem“ (Schulcatalog 1865/1866), veröffentlichte auch Aufsätze über den Einfluß des Mondes auf die Witterung (Luzerner Hauskalender 1857), über den Papinischen Topf (Dingler, Polytechn. Journal, Bd. 205, 1872), und über Knallgasexperimente (Pogg. Annalen Bd. 95, 1855).

Er war seit 1831 verheirathet und starb in Luzern am 22. April 1881 im 90. Lebensjahre.

Biographie von Prof. Arnet im Jahresbericht der höheren Lehranstalt Luzern 1880/1881. – Illustr. schweizerisches Unterhaltungsblatt f. Stolze’sche Stenographen, 4. Jahrg., Wetzikon 1881, S. 84–87 mit Bild.