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Artikel „Hellquist, Karl Gustav“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 168–169, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hellquist,_Karl_Gustav&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 09:27 Uhr UTC)
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Hellquist: Karl Gustav H., Historienmaler, geboren am 15. December 1851 in dem kleinen Dorfe Küngsör an der Südspitze des Mälarsees; † am 19. November 1890 in München. Wie ehedem Winkelmann bahnte H. aus dem Handwerk des Vaters durch eigene Kraft und durch die fördernde Gunst der Verhältnisse sich wacker seine Wege. Freilich bethätigte sich der alte H. neben der Schuhmacherei in den wenigen freien Stunden als Schnitzer, während sein sechsjähriger Knabe seine Wahrnehmungen und Eindrücke in Kohlenzeichnungen ähnlich den Meisterwerken des „kleinen Moritz“ in den „Fliegenden Blättern“ – an Thüren und Wänden versinnlichte. Auch schnitt er allerlei Figuren in Holz und bemalte dieselben. Nach dem frühen Tode des Vaters stand Hellquist’s Mutter mit sieben Kindern allein in der Welt. Mit Hülfe einer das verborgene Genie ahnenden Dame kam der junge H. um 1863 zu dem Decorationsmaler Ahlgrenson nach Stockholm, wo er nebenbei alles Mögliche arbeitete und viele Entwürfe und Zeichnungen für illustrirte Zeitungen lieferte. Nach vier weiteren Jahren gelangte H. in die Antikenclasse der dortigen Akademie, deren Vorstand Graf Rosen den ungewöhnlich begabten Eleven auf das kräftigste förderte. Nun begann ein Componiren von Bildern: „Ebbe Brahe“, „Thors Kampf mit den Riesen“, eine „Findung Moses“, die „Auffindung der Leiche Gustav Adolfs“ u. dgl. Im Winter 1874 auf 1875 löste er die große akademische Preisaufgabe „Gustav Wasa tritt in die Versammlung der gegen ihn verschworenen Bischöfe“, wofür er nicht nur die große goldene Medaille, sondern bald darauf ein Staatsstipendium auf drei Jahre bekam. Nun durchwanderte H. die großartigen Schönheiten der vaterländischen Gebirgs- und Seelandschaften und eilte nach Paris, wo eine neue Kunsttechnik ihn völlig überwältigte. Auf der Rückfahrt zur Heimath besuchte er die Hansestädte und übersiedelte nach München, wo erst Wilhelm v. Diez und insbesondere W. Lindenschmit den größten Einfluß übten. Unzufrieden mit den eigenen Leistungen (darunter ein wieder vernichtetes „Gretchen“) fand er sich mit den Pleinairisten besser zurecht, wie die „Versöhnung des Bischofs Peter Sunnanväder und des Propstes Knut zu Stockholm (September 1526)“ bewies, wobei der Maler mit der herkömmlichen geschlossenen Atelierbeleuchtung brach, aber eine überaus kräftige Farbe beibehielt. Das virtuos gemalte Bild überraschte 1879 ebenso durch die völlig neue, übrigens höchst unsympathische Vorstellung, wie durch seine wirksamst ausgesprochene „Mache“. Gleichartig wirkte die Darstellung des schwedischen Reichsregenten „Sten Sture“, welcher in der Schlacht bei Bogesund tödtlich verwundet, auf der Fahrt über den Mälarsee nach der Hauptstadt am 3. Februar 1520 vom Tode ereilt wird; zurückgesunken lehnt der Held im einspännigen Schlitten, dessen Lenker ehrfurchtsvoll das Haupt entblößt. – Piloty’s Einfluß zeigte sich in Hellquist’s Genrebildern, darunter das Kniestück mit einer blumenpflückenden jungen Dame, in Charakterköpfen, z. B. ein „Schiffer“, ein alter „Schwede“, auch in Landschaften „Aus Berchtesgaden“, in einem hausirenden Italiener, welcher den [169] Gästen eines Wirthsgartens die Gipsbüsten von „Bismarck oder Moltke“ zum Kaufe anbietet – eine dem Leben abgelauschte Scene (radirt von J. Holzapfel in Lützow’s Zeitschrift XIX, 16, 1884). Bei seiner Vorliebe für historische Stoffe malte er eine „Ankunft Luthers auf der Wartburg“ (1882) und eine „Predigt des Reformators“ ebendaselbst (1883), die „Disputation zwischen dem Canonikus Peder Galle und Olaus Pedri“, einem Schüler Luther’s zu Upsala (1524) vor Gustav Wasa, „Hussens Auszug zum Scheiterhaufen“, die „Einbarquirung der Leiche Gustav Adolfs im Hafen von Wolgast“, wobei der Schwedenkönig unglaublicher Weise im offenen, mit schneeweißem Atlas ausgeschlagenen Sarge von seinen Getreuen getragen wird – eine ziemlich willkürliche, aber malerisch dankbare Licenz, wobei in der Farbengebung das Vorbild Munkacsy’s fühlbar wurde, während die figurenreiche, mit unermüdlichen Kostümstudien ausgestattete „Brandschatzung der schwedischen Hansastadt Wisby durch den Dänenkönig Waldemar“ (1361) unter dem Eindruck von Pradilla’s „Uebergabe von Granada“ entstand. Auch im Porträtfach erwies er sich thätig, insbesondere mit dem tiefempfundenen Freilicht-Bildniß seines Schwiegervaters, des vielseitigen Historienmalers und Professors Ludwig Thiersch (1883). Dann wechselten wieder Gebirgslandschaften und Winterbilder (ein unglückliches Mädchen in abendlicher Schneedämmerung vor einem Bildstöckchen, oder Kinder, die ihren Weihnachtsbaum aus dem Walde heimholen) mit heiteren Begegnissen, wie ein Austern naschender Klosterbruder oder ein „Bettelmönch und Modedame“ auf einer Gartenbank u. dgl. H. war im besten Schaffen. Jedes Jahr reifte ein neues Werk. Das sonst harthörige Publicum hatte seinen Namen erfaßt; für die populäre Verbreitung sorgten Photographie und Holzschnitt, insbesondere die „Illustr. Ztg.“ in Leipzig. Da nöthigte ein unglücklicher Sturz auf dem Eise im J. 1886 den Maler seine Thätigkeit vorläufig einzustellen. Als neues Zeichen erfreulicher Anerkennung erfolgte von Schweden die Ertheilung des Wasa-Ordens und Hofmaler-Titels; Berlin übertrug ihm im Herbste desselben Jahres die Leitung eines Malcurses an der Akademie. Doch kurze Zeit darauf machten sich die unverkennbaren Anzeichen der erlittenen Gehirnerschütterung neuerdings geltend und zwangen den Unglücklichen sein Lehramt aufzugeben. In der Einsamkeit von Berchtesgaden suchte er Heilung zu finden; hier lebte er bis zum 16. März 1889, dann brachte man ihn nach einer Heilanstalt, wo er in geistiger Umnachtung am 19. November 1890 diese Welt verließ. Der Münchener Kunstverein hatte inzwischen eine Collectivausstellung seiner Arbeiten veranstaltet, welche auch nach Wien und Berlin wanderte. Ueberall verlautete die Klage um den edlen, so tragisch zerstörten edlen Geist. Unter seinen Schülern hat sich der Schweizer Gustav Meng-Trimmis hervorgethan.

Vgl. Ferd. Krauß, Von der Ostsee bis zum Nordkap. Wien 1888, S. 881. – Pecht, Deutsche Kunst f. Alle, 1886, S. 263. – Münchener Kunstvereins-Bericht f. 1800, S. 73. – Morgenbl. 327 d. Allgem. Ztg., 25. Nov. 1890. – Nr. 183 d. Neuesten Nachr., 24. April 1890. – H. E. v. B(erlepsch) in Nr. 2476 d. Illustr. Ztg., 13. Dec. 1890 (m. Porträt). – Fr. v. Bötticher, 1895. I, 489 ff. – Singer, 1896. II, 154. – Rich. Muther, Gesch. d. Malerei im XIX. Jahrh., 1893. I, 442; III, 276.