Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Heinrich von Friemar“ von Franz Stanonik in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 633–636, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_von_Friemar&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 14:10 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Heinrich von Köln
Nächster>>>
Heinrich von Gent
Band 11 (1880), S. 633–636 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich von Friemar (der Ältere) in der Wikipedia
Heinrich von Friemar in Wikidata
GND-Nummer 118548379
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|633|636|Heinrich von Friemar|Franz Stanonik|ADB:Heinrich von Friemar}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118548379}}    

Heinrich von Friemar (Vrimaria, Frimaria, auch Frimel, Vrimach, Firmaria, Ferraria), gelehrter Augustiner-Eremit des 14. Jahrhunderts. Er stammte aus einem nach dem Dorfe Friemar bei Gotha benannten thüringischen edlen Geschlechte. Die äußeren Verhältnisse seines Lebens sind vielfach noch nicht aufgehellt. Sein Zeit- und Ordensgenosse Jordan von Sachsen (von Quedlinburg) spricht in seinem 1357 veröffentlichten Werke vitas (sic) fratrum öfter von ihm (lib. II, c. 4, 11–13, 18, 19, 22, 27, ed. Leod. 1625, p. 103, 160, 170, 176, 237 ss., 252 ss., 279 s, 310) und stellt ihn als ein Muster eines überaus thätigen und tugendhaften Ordensmannes dar. Ueber seine Lebensschicksale und seine Stellung im Orden deutet er nur gelegentlich an, daß er an der Pariser Universität studirt und gelehrt, daß er dann nach Deutschland zurückgekehrt, sich auch hier eifrig den Studien und dem Predigtamte gewidmet habe, daß er Magister der Theologie und Prior gewesen und über 70 Jahre alt geworden sei. Die Litterärhistoriker und Chronisten des Ordens wiederholen gewöhnlich mit Jordan’s Worten einzelne erbauliche Züge aus seinem Leben und ergänzen dieselben aus alten Urkunden, jedoch so, daß es oft schwer fällt, den Inhalt der Urkunden von ihren eigenen Combinationen zu [634] sondern. Eine weitere Schwierigkeit entsteht dadurch, daß der Name Heinrich in der Familie Friemar öfter vorkommt. Schon 1292 erscheint ein Heinrich von Friemar als rector ecclesiae und in einer Urkunde des Klosters Neuwerk als plebanus (Tentzel, Supplem. III. Historiae Gothanae Sagittarii, p. 53, und Beyer, Heinrich v. Frimar, in den Mittheil. des Vereins f. d. Gesch. u. Alterthumsk. v. Erfurt, 5. H. 1871, S. 126). Dieser war somit Weltgeistlicher. Aber auch im Augustinerorden, und zwar im Kloster zu Erfurt, lebten gleichzeitig zwei Mönche dieses Namens, Oheim und Neffe. Wir ersehen dieses aus einem Kaufvertrage vom Januar 1350 (bei Tentzel, l. c. p. 56), welchen „religiosus vir fr. Heinr. de Frymaria, lector Ord. fr. Heremit. s. Aug. conventus Erffordiensis zu Gunsten seiner Nichte Thela von Frym., der leiblichen Schwester reverendi patris fr. Heinrici de Frym., s. theologie magistri“, abgeschlossen hat. Darum wird auch der Theologie-Professor H. von Friemar in mehreren Urkunden mit dem Beisatze junior bezeichnet. (Vgl. Beyer, S. 127, 129. Kolde, Die deutsche Augustinercongregation und Joh. v. Staupitz, Gotha 1879, S. 42, Anm. 4.) Dagegen glauben wir nicht, daß jener Augustiner H., der sich in einer Urkunde vom J. 1279 Prior von Himmelspforte (bei Wernigerode) und Provincial der Augustiner in Deutschland nennt (bei Kolde a. a. O.), mit einem von diesen beiden identisch oder überhaupt ein von Friemar gewesen. Höhn (Chronologia provinciae rheno-suevicae Ord. fr. Erem. s. Aug. 1744, p. 34, 36 s.) stellt für die J. 1283 und 1289 einen gewissen Walter urkundlich als Provincial fest und läßt erst auf ihn um 1290 den H. von Friemar folgen. Allein dieses letztere scheinen Höhn und andere Chronisten des Ordens aus einer Stelle in Heinrichs Schrift „De origine fratrum Erem. s. Aug.“ erschlossen zu haben, worin er sagt, daß er zugleich mit Aegyd. Romanus u. A. dem Generalcapitel des Ordens zu Regensburg 1290 beigewohnt habe (bei Dielmann, Vita Henr. de Vrimaria vor dessen De spiritibus eorumque discretione, Antw. 1652, S. 32). Erst in Urkunden vom J. 1297 (bei Höhn 38 s.) ist die Rede von einem Provincial Heinrich. Wir zweifeln jedoch, ob der Beisatz de Frimaria in jenen Urkunden vorkommt; wenigstens gesteht Höhn, S. 40, daß er in alten Handschriften zu Mainz zum J. 1303 noch von einem Provincial von Deutschland, Namens Heinrich von Mellingen (in der Schweiz), gelesen habe. Dagegen schließt sich Höhn lieber der Combination Höggmayer’s an, wornach die deutsche Provinz schon 1299 in vier neue getheilt und die neue sächsisch-thüringische Provinz der Leitung des H. von Friemar unterstellt worden wäre. Wenn man jedoch bedenkt, daß schon für die Priesterweihe ein Alter von 24 Jahren und für die Provincialswürde noch weitere Verdienste vorausgesetzt werden müssen, so kann man die Anwesenheit des H. von Friemar († 1354) auf dem Generalcapitel zu Regensburg kaum anders erklären, als durch die Annahme, daß er als Ordenskleriker von etwa 15–16 Jahren bei jener Feierlichkeit für den Besuch der Pariser Universität bestimmt wurde. Sicher ist, daß auf den Generalcapiteln u. A. auch über die Vertheilung der Brüder auf die einzelnen Studienanstalten Beschlüsse gefaßt wurden. Da ferner Trithemius (script. eccl. c. 589) sagt, er habe viele Jahre zu Paris gelehrt und dieses den Andeutungen Jordan’s durchaus nicht entspricht, so dürfen wir wol annehmen, daß H. die meisten Jahre zwischen 1290–1317 in Paris verlebt hat, erst als Schüler, dann als Lehrer. In einer Urkunde vom 22. Juli 1317 wird zum ersten Male seine Anwesenheit in Erfurt erwähnt (Beyer, 127). Das Generalcapitel von Rimini (1318) betraute ihn mit dem Ehrenamte eines Examinators für jene jüngeren Ordensbrüder aus ganz Deutschland, welche die hohen Schulen besuchen sollten und mit der Leitung der Studien im St. Thomaskloster in Prag. Wol mit Recht vermuthen Höhn, Dielmann und Beyer, daß jener Theologie-Professor [635] H., welcher auf dem Provincialcapitel zu Himmelspforte 1320 als Stellvertreter des Ordensgenerals den Vorsitz führte, unser H. von Friemar und der ebendaselbst genannte Diffinitor Heinrich, lector in Erfordia, sein Oheim gewesen. In einer Urkunde vom October 1323 wird der erstere als Professor der Theologie in Erfurt und als Beichtvater des Grafen Berthold von Henneberg erwähnt und in letzterer Eigenschaft wieder im J. 1339 (Kolde, 50, Tentzel, 53). Beyer fand seinen Namen in noch mehreren Erfurter Urkunden und zwar aus den J. 1324, 1326 (hier und während einiger Jahre wird er ausdrücklich Prior genannt), 1342 („Fr. Henricus lector, dictus de Vrymania junior, tunc principalis conventus“), 1346 und 1350. Laut des noch erhaltenen Grabsteins im Chor des Augustiner-Eremitenklosters in Erfurt ist er am 21. April 1354 gestorben, womit auch der im Todtenbuche des Klosters angegebene Gedächtnißtag übereinstimmt. Der Name des Lectors erscheint auch noch später in den Urkunden. Eine für uns unlösbare Schwierigkeit macht ein von Beyer, S. 128, angeführtes Testament, worin das sepulcrum vener. Mag. Henrici de Vrimaria felicis memoriae und zwar eben im Chor der oben genannten Kirche erwähnt wird. Die Vermuthung Beyer’s, daß man ihm bei Lebzeiten das Grabmal errichtet und der Testator den bestimmt erwarteten Tod des vielleicht eben schwer erkrankten H. als bereits geschehen angenommen hätte, befriedigt nicht. Auffallend ist auch die Angabe des Felix Milensius (Alphab. de monach. et monast. etc., Prag. 1613, p. 234 s., bei Dielmann, l. c. p. 4 u. 44), er habe in einer alten Prager Handschrift gelesen, daß H. von Friemar im J. 1353 Studien-Vorstand im Prager Kloster gewesen sei. Wir bemerken nur, daß sie keiner bisher sicher gestellten Thatsache direct widerspricht. Denn einerseits konstatirt Beyer, daß nach 1350 sein Name aus den Erfurter Urkunden verschwindet und Jordan sagt, er habe ungeachtet einer sehr schmerzlichen Unterleibskrankheit seine rastlose Thätigkeit bis in sein letztes Jahr fortgesetzt. – Von seinen zahlreichen Werken führt Jordan folgende namentlich an: „Super libros ethicorum Aristotelis“; „Super decretali „cum Martha“ de celebratione missarum“; „De perfectione hominis interioris ex libris collationum patrum“ (wird von Trithemius u. A. in zwei Werke aufgelöst); „De exemptione“; „Quodlibet duo“; „Quaestiones multae ordinariae“; „Opus solemne sermonum de sanctis“ (217 an der Zahl). Hiervon sind nur die sermones im Drucke erschienen (Hagenoae 1513, Par. 1514). Trithemius führt nebst diesen Werken theils im Buche De script., eccl., theils im Catal. viror. illust., theils im Chron. Hirsaug. (ad a. 1340) noch an: „Super sententias ll. 4“ (gedruckt unter dem Titel: „Additiones ad ll. sent.“ mit dem Commentar des Aegyd. Romanus zum Lombardus, Basil. 1497, Colon. 1513); „De quadruplici instinctu“ (gedruckt Venet. 1498, Hagen. 1513, Par. 1514, Antw. 1652); „De 10 praeceptis (kommt handschriftlich sehr häufig vor; wird mitunter auch dem Alex. v. Hales, Alb. M., Heinr. v. Hessen und Nic. v. Lyra zugeschrieben; unter Lyra’s Namen gedruckt: Par. 1493, Colon. 1498, 1504); „Expositio orationis dominicae et salutationis angelicae“ (von Oudin, De script. eccl. III. 912, irrthümlich mit den gleichnamigen opuscula des Thom. v. Aquino identificirt); „De 4 modis intelligendi s. scripturam“; „Sermones de tempore“; „In cantica canticorum (vielleicht identisch mit De conceptione mentali super: „Veniat dilectus“); „De incarnatione“ (wol aus seinen Quaest. ordinariae, deren Anfang lautet: „Utrum verbum sit ratio alicujus alterius productionis“); „De 7 vitiis principalibus“ (ist nur das 1. Cap. aus De perfectione hom.). Schipphower (bei Meibom, Script. r. Germ. II. 149) nennt noch: „De origine fratrum Erem. s. Aug.“ (1334 verfaßt; Handschriften in Paris, Fulda, Rom; soll nach Eman. Leal zu Venedig 1514 gedruckt worden sein). In deutschen Bibliotheken kommen handschriftlich noch unter [636] seinem Namen vor; „Passio Dni n. literaliter et moraliter explanata“ (gedr. Landsh. s. a., Par. 1514, Hagen. 1517); „De occultatione vitiorum sub specie virtutum“; „De nocturnis illusionibus“; „De mortificatione propriae voluntatis“; „De libertatis ord. Min.“ (wol identisch mit „De exemptione“).

Außer der bereits angeführten Litteratur vgl. noch: Joh. Capgrave (um 1450) De illustr. Henricis l. III. c. 12 ed. Hingeston, London 1858, S. 181 ff. Gandolfo, Dissert. hist. de 200 celeb. Augustinianis script., Rom. 1704, p. 166 ss. Ossinger, Biblioth. Augustiniana, Ingolst. 1768, p. 952 ss.; für das Bibliographische besonders Dielmann und Tentzel.