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Artikel „Heinrich, Karl Friedrich“ von Karl Felix Halm in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 647–648, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich,_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 20:33 Uhr UTC)
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Heinrich: Karl Friedrich H., Philolog, geboren am 8. Februar 1774 zu Molschleben im Herzogthum Gotha, wo sein Vater Superintendent war, gestorben am 20. Februar 1838. Vorgebildet auf der Klosterschule zu Donndorf und sodann auf dem Gymnasium zu Gotha, wo er den Unterricht eines Jacobs und Manso genoß, bezog H. 1791 die Universität zu Göttingen, wo er nach des Vaters Wunsche Theologie studiren sollte, aber angeregt durch die gediegenen Vorträge Heyne’s, dessen Lieblingsschüler er geworden ist, ganz dem Studium der Philologie sich zuwandte. Noch als Student entwickelte er eine beträchtliche litterarische Thätigkeit, die von einer umfassenden Kenntniß und gutem Verständniß besonders der alten Dichter zeugte. Nachdem er schon 1792 in einer Gratulationsschrift an seinen Lehrer Jacobs mit einem „Specimen animadversionum“ zu des Musäos Gedicht von Hero und Leander hervorgetreten war, folgte 1793 eine Ausgabe des Gedichts mit kritischen Noten; das Jahr darauf erschien eine „Particula prima observationum in auctores veteres“, ferner eine Fortsetzung der erklärenden Anmerkungen zur Aeneide von Nöhden[WS 1] (Buch 5–12, Braunschweig, in 2 Bdn.), 1794–1805 eine verbesserte Auflage von Köppen’s Anmerkungen zum Homer. Von Manso empfohlen erhielt H. 1795 eine Lehrstelle am Maria-Magdalena-Gymnasium zu Breslau. Hier vollendete er seine treffliche Schrift, „Epimenides aus Kreta“ (Leipz. 1801), und beschäftigte sich aufs eifrigste mit einer kritischen Ausgabe der Gedichte des Hesiodos, von welcher umfassenden Arbeit aber nur das Scutum Herculis mit den griechischen Scholien (Breslau 1802) erschienen ist. 1804 folgte er einem Rufe als Professor der griechischen Litteratur an die Universität Kiel, woselbst er in einer erfolgreichen vierzehnjährigen Wirksamkeit sich als philologischer Lehrer einen bedeutenden Ruf erwarb. In diese Zeit fällt außer zahlreichen Programmen, deren Abfassung ihm als Professor eloquentiae oblag (drei über Juvenalis 1806–11, über den Homerischen Diaskeuasten 1807, über die Hermaphroditen 1805, Memoria Phil. Gabr. Hensleri 1806 etc.), die Herausgabe der von A. Mai[WS 2] aufgefundenen Fragmente Ciceronischer Reden in Gemeinschaft mit dem Juristen Cramer. Im J. 1818 wurde ihm die Auszeichnung zu Theil, an die neu errichtete Universität zu Bonn berufen zu werden, für deren schnelles Aufblühen ihm ein Ehrenantheil gebührt. Den größten Zulauf fanden seine Vorlesungen über Juvenalis, die er durch treffende Witze, scharfe Polemik, aber auch durch manche pikante Derbheiten zu würzen verstand. Aber der Schwerpunkt seiner Leistungen lag doch in der Leitung des philologischen Seminars, worüber ein dankbarer Schüler, Professor W. Esser (Programm von Münster 1852/3, S. 6–9), eine lebensvolle Schilderung gegeben hat. Heinrich’s litterarische Thätigkeit, die in den früheren Jahren so betriebsam gewesen, war in Bonn wie verstummt, sei es, daß er an sich selbst zu hohe Anforderungen stellte oder daß ihm die Schaffenslust entschwunden war. Es erschien nur noch eine Textausgabe der Rede des Lykurgos gegen Leokrates (1821) und von Cicero’s Büchern „De re publica“ (1823). Eine vielversprechende größere Ausgabe des letzteren Werks mit kritischem Commentar (1828) ist ein Fragment geblieben. Erst nach seinem Tode kamen die zwei Hauptwerke Heinrich’s, die ihm in der Geschichte der Philologie einen ehrenvollen Platz sichern, ans Licht, der Commentar zu Juvenalis und zu Persius, der erste von seinem Sohne Karl Berthold H.[WS 3] 1839 in 2 Bdn., der letztere von Otto Jahn 1844 herausgegeben. Beide Arbeiten waren nach ihren wesentlichen Theilen schon in der Kieler Periode entstanden, ebenso auch [648] ein gelehrter Commentar zur Rede des Lykurgos (s. die von J. Freudenberg[WS 4] 1850 zu Bonn herausgegebenen schedae Lycurgeae), keine derselben war zeitgemäß fortgeführt worden, so daß sich aus ihnen, so verdienstlich auch namentlich der Commentar zum Juvenalis ist, kein vollständiges Bild der Leistungsfähigkeit des gelehrten Verfassers gewinnen läßt. Eine von seinem Sohne versprochene Sammlung der kleineren Schriften Heinrich’s, die viel Neues bringen sollte, ist leider durch dessen frühzeitigen Tod vereitelt worden.

Dr. Heinrich in den Verhandlungen der Philologenversammlung zu Bonn, 1842, S. 89–92.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Georg Heinrich Nöhden (1770–1826), Aufseher des Münzkabinetts am British Museum zu London.
  2. Angelo Mai (1782–1854), Präfekt der Biblioteca Apostolica Vaticana.
  3. Karl Berthold Heinrich (1819–1849), a. o. Professor der Medizin zu Königsberg.
  4. Johannes Freudenberg (1808–?), Lehrer in Bonn.