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Artikel „Hardegg, Julius Friedrich Moritz Karl von“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 557–558, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hardegg,_Julius_von&oldid=- (Version vom 12. Dezember 2024, 01:25 Uhr UTC)
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Hardegg: Julius Friedrich Moritz Karl (v.) H., Militärschriftsteller, geb. 11. April 1810 zu Ludwigsburg, † 16. Sept. 1875 in Stuttgart, Sohn eines k. württembergischen Leibarztes, durchlief die Kriegsschule zu Ludwigsburg mit so viel Auszeichnung, daß er im J. 1828 als Lieutenant gleich dem Generalstabe zugetheilt wurde. Im J. 1833 gab ihn König Wilhelm, dessen Vertrauen er stets in ganz besonderem Maße genoß, seinem Kronprinzen, dem jetzt regierenden König Karl, als Militärgouverneur bei. Diese von 1833–43 dauernde Aufgabe führte ihn auf längere Zeit nach Berlin, wo er mit Vorliebe die Vorlesungen von Ranke hörte und davon eine bleibende Neigung zu geschichtlichen Studien gewann. Als Major im Generalstabe gab er in den Jahren 1843–49 den Zöglingen der Kriegsschule und Offizieren der Garnison Ludwigsburg Unterricht in der Kriegsgeschichte und Generalstabswissenschaft. Litterarische Früchte dieser Thätigkeit waren die „Grundzüge einer Anleitung zum Studium der Kriegsgeschichte, zum Zwecke des Unterrichtes im k. württembergischen Generalquartiermeisterstab“ (1851) und die „Skizze eines Vortrages über Generalstabswissenschaft“ (1854 und zuletzt in 3. Aufl. 1865; in französischer Uebersetzung von D. Dekeuwer, Paris 1856). Hatte H. mit diesen kleineren Schriften schon über die Armee seines Heimathlandes hinaus anregend gewirkt, so wurde sein großes Werk „Vorlesungen über Kriegsgeschichte“, dessen erster Theil 1852 erschien, für die Offiziersbildung der ganzen deutschen Armee und selbst für die des Auslandes von ungewöhnlicher Bedeutung. Er gab darin nicht blos eine Geschichte der Kriege, sondern auch eine Darstellung des ganzen Kriegswesens in einer für das Studium überaus bequemen, streng schematischen Anordnung des Stoffes, von dessen geistvoller Beherrschung ebenso auch die klare Erzählung, die verständliche Beschreibung, das schneidige Urtheil des Verfassers im Einzelnen Zeugniß gibt. Der zweite Band erschien im J. 1856. Aber H., welcher inzwischen zum Generaladjutanten des Königs und 1859 zum Commandanten der württembergischen Infanteriedivision und Gouverneur von Stuttgart aufgerückt war, ermangelte über seinen Berufsgeschäften der Zeit zur Fortsetzung des Werkes. Der dritte Band wurde deshalb mit seiner Zustimmung von dem württembergischen Hauptmann Max Biffart bearbeitet und im J. 1862 ausgegeben. Nach dem Thronwechsel von 1864 wurde H. gegen seinen Willen zum Bevollmächtigten bei der Militärcommission des Bundestages zu Frankfurt a. M. ernannt, ließ sich aber schon im J. 1865 zur Ruhe setzen. Aus tiefer gemüthlicher Verstimmung raffte er sich wieder zu rüstiger Thätigkeit auf, als durch die erhöhte Werthschätzung militärwissenschaftlicher Studien nach dem Feldzuge von 1866 eine neue Auflage seines größeren Werkes nöthig wurde. Unter dem Titel: „Anleitung zum Studium der Kriegsgeschichte“ gab er den 1. und 2. Band (1868) neubearbeitet heraus, mußte aber, von einem schweren Nervenleiden überwältigt, die Fortführung des schon angefangenen dritten Bandes im J. 1871 fremder Hand überlassen. Es ehrte ihn und sein Werk, daß unter Zustimmung des Grafen von Moltke der preußische Generallieutenant Theodor Freiherr v. Troschke diese Aufgabe übernahm. Als aber auch dieser am 11. Februar 1876 starb, führte der großh. hessische Hauptmann Zernin dasselbe zu Ende. Noch ist als eine kleinere Studie von H. zu nennen: „Die Belagerung von Sebastopol im J. 1854–55, übersichtlich dargestellt nach dem großen Werke: „Journal des opérations du génie etc. etc.“ des französischen Geniegenerals Niel“, Stuttg. 1859. J. v. H. wird zuweilen verwechselt mit seinem jüngeren Bruder Oskar, welcher als württembergischer Generallieutenant und [558] Kriegsminister a. D. zu Stuttgart im J. 1877 starb. Dieser hat im Feldzuge von 1866 am 24. Juli die Württemberger in dem Treffen bei Tauberbischofsheim commandirt, während J. v. H. nie Gelegenheit fand, seine Wissenschaft vor dem Feinde zu erproben.

Vgl. Allgem. Militärzeitung, 1875. Jahresberichte über die Veränderungen im Militärwesen von v. Löbell, 1875. Poten, Handwörterbuch d. ges. Milit. Wissenschaften, Bd. 4.