ADB:Godomar
Gundobads (s. d. Art.). Im Jahre 523 ward sein älterer Bruder König Sigismund (s. d. Art.), 516–523, der seinen eigenen Sohn Segerik auf Anstiften einer zweiten Gemahlin ermordet hatte, von den Frankenfürsten unter dem Vorwand der Rache für diesen Mord eines Verwandten (Segeriks Schwester war die Gemahlin Theuderichs von Austrasien) angegriffen, geschlagen und auf der Flucht in seinem Versteck von Burgunden selbst ergriffen und an den Frankenkönig Chlodomer ausgeliefert, der ihn bald darauf tödten ließ (523). G. hatte schon nach des Königs Gefangennehmung thatsächlich die Vertheidigung des Reiches übernommen und ward nun nach Sigismunds Tod zum König gewählt (524). Die merowingischen Brüder Theuderich und Chlodomer versuchten in Verfolg der Politik ihres Vaters Chlodovech das ungleich schwächere Volk zu unterwerfen: aber in der Schlacht bei Visorontia (Véséronce) fiel Chlodomer: Theuderich führte das entmuthigte Frankenheer zurück und scheint dem siegreichen G. für die Zukunft Friede versprochen zu haben: wenigstens nahm er an dem späteren Angriff seiner Brüder gegen Burgund nicht Theil. Noch im J. 524, ungewiß, ob vor oder nach der Schlacht, hielt G. einen Reichstag zu Ambaracum (Ambérieux), auf welchem die durch Kriege zerrütteten Verhältnisse des Reiches geordnet werden: zumal die Ansiedlung von Einwanderern beschäftigt den König: so von Gothen, aber auch Burgunden, welche aus ostgothisch gewordenen Landestheilen in das burgundisch gebliebene Reichsgebiet einwandern, aus der Verschollenheit zurückkehrende, für todt gehaltene Heermänner, Unfreie, welche in das Ausland verkauft, aber in die Heimath zurückgeflüchtet waren: die neuen Ansiedelungen in dem entvölkerten Reiche geschehen theils durch Hospitalitas d. h. Landtheilung mit den römischen Grundbesitzern, theils durch Landleihe des Königs. Auf die Fürsorge des Königs, dieser Entvölkerung zu steuern, die im Krieg fortgeschleppten Gefangenen zurückzuführen, bezieht sich offenbar auch die zu St. Offange gefundene Inschrift: der König hatte Angehörige der keltischen Völkerschaft der Brandobrigi, welche (von den Franken 523) als Kriegsgefangene fortgeführt waren, aus der Knechtschaft losgekauft (dies die richtige Deutung von Binding und Jahn: andere irrige Auffassungen s. daselbst). Auch die Verhältnisse zwischen Katholiken und Arianern werden berührt (es ist der tit. 107 der Lex Burgundionum, der die Beschlüsse von Ambérieux enthält: freilich ist schwer zu entscheiden, ob dieser Reichstag von Gundobad 501 (Binding) oder von G. 524 (Bluhme, Jahn) abgehalten wurde. Gegenüber der nur verschobenen fränkischen Gefahr suchte sich G. auf die Ostgothen zu stützen: er erhielt wol schon im J. 526, nach Theoderich des Großen Tod, von dessen Enkel Athalarich einen Theil des von diesem a. 523 besetzten Gebietes im Wege des Vertrages gegen das Versprechen „ergebener Dienstwilligkeit“ zurück. Aber das schwache Burgundenreich war auf die Dauer gegen die mächtig um sich greifenden [322] Franken nicht zu halten: im J. 532 griffen die merowingischen Brüder Chlothachar und Childebert abermals den Nachbarstaat im Südosten an: sie belagerten Autun: G., vermuthlich zum Entsatz heran gerückt, ward in der Nähe dieser Stadt geschlagen: er entkam, aber sein Name wird nicht mehr genannt: er ist seither verschollen und die Frankenkönige unterwerfen und theilen das ganze Reich der Burgunden.
Godomar, letzter König der Burgunden, 524–532, Sohn- Bluhme, Das westburgundische Reich und Recht im Jahrb. d. gem. D. Rechts von Bekker und Muther I. 1. Leipzig 1857. – Der burgundische Reichstag zu Ambérieux, ebenda V. 2. 1861. – Lex Burgundionum und Lex romana Burg. in Pertz, Monumenta Germ. hist. Leg. III, Hannover 1863. – Derichsweiler, Gesch. d. Burgunden, Münster 1863. – Binding, Das burgund.-roman. Königreich I., Leipzig 1868 (der II. Band, welcher die Rechtsentwicklung im burgund. roman. Königreich enthalten sollte ist sowie die angekündigte neue Ausgabe der L. Burg. noch nicht erschienen). – Jahn, Die Geschichte der Burgundionen I. II., Halle 1874 (daselbst p. XVII sehr reiche Litt.-Angaben). Dazu Dahn im litt. Centralbl. 1875.