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Artikel „Athalarich“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 68–69, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Athalarich&oldid=- (Version vom 9. Dezember 2024, 02:03 Uhr UTC)
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Athalarich, Ostgothenkönig, a. 526–534, Sohn Amalaswintha’s, der Tochter Theoderich’s des Großen (s. beide Artikel) und eines Amalers anderen Zweiges, Eutharich Killika (bisher in Spanien lebend), dem der König die Tochter vermählt hatte, da er eines Sohnes darbte und einem Enkel zweiseitig amalischer Abstammung den Thron am besten zu sichern glaubte. Auch sollte wol Eutharich die Regentschaft (wie die privatrechtliche väterliche Muntschaft) über den a. 517/518 geborenen Knaben führen, falls er noch waffenunfähig König würde. Deshalb ward Eutharich, der enge Verbindung mit Kaiser Justinus suchte, durch das Consulat des Jahres 519 geehrt: als Consul gewann er durch prachtvolle Circusspiele zu Rom, durch Freigebigkeit und Milde die Stimmung der Italer. Da er aber bald darauf starb, mußte Theoderich auf andere Weise die Thronfolge des unmündigen Enkels zu sichern suchen. Er ließ zu diesem Zweck die Grafen und Edeln der Gothen sowie die gesammte Bevölkerung – Römer wie Gothen – der Residenzstadt Ravenna schwören, keinen anderen als A. als seinen Nachfolger anzuerkennen, während dessen Waffenunreife seine Mutter die Regentschaft (wie die Muntschaft) führen sollte. In der That leisteten gleich nach des großen Königs Tod die Gothen und die Römer in Italien, Dalmatien, Gallien A. den Treueid, wie auch dieser beiden Völkern eidete, jenen Huld, diesen Schutz versprechend: denn in der letzten Zeit Theoderich’s war das Verhältniß der beiden Nationen zu bittrer Feindseligkeit vergiftet: deshalb ließ die Regierung zu Ravenna Gothen und Römer sich auch gegenseitig Treue gegen den Herrscher geloben. Allein es gelang durch alle begütigenden Maßregeln und Worte nicht, gutes Einvernehmen unter den beiden Bevölkerungen herzustellen: die Gothen verachteten die unkriegerischen Italier und beschuldigten sie, nicht ohne Grund, geheimer hochverrätherischer Verbindungen mit dem Kaiser zu Byzanz, diese aber haßten die Gothen als Barbaren, verachteten sie als – arianische – Ketzer, fürchteten deren Neigung zu Gewaltthaten und sehnten die kaiserlichen, die katholischen Fahnen zur Befreiung herbei. [69] Amalaswintha erbitterte die Gothen durch ihre starke Hinneigung zu den Römern (s. A. D. B. I, 381, wo es aber heißen muß „die Edeln ertrotzten“): die Regentschaft eines Weibes verstieß ohnehin gegen germanisches Recht. Und nun mußte die nationale Partei, die eifrig gothisch Gesinnten, zumal die Geschlechter des alten Volksadels mit Ingrimm sehen, wie die durchaus verrömerte Fürstin den Knaben zu einem römischen Imperator, nicht zu einem germanischen Heldenkönig zu erziehen bemüht war: sie schickte ihn trotz seiner Jugend in die Schule eines Grammaticus und hielt gothische Knaben von ihm fern. Als sie ihn einst wegen geringen Fehls schlug und er weinend entlief, empörte das die vornehmen Gothen im Palast, die ihn so trafen. Sie zwangen die Regentin, die ganze Erziehungs- und Lebens-Einrichtung Athalarich’s zu wechseln: er ward unter Entfernung seiner bejahrten (römischen?) Hofmeister von jungen (wol nur gothischen?) Gesellen umgeben, die ihn alsbald zu Trunk und Ausschweifung jeder Art verführten: er verfiel infolge dessen in Siechthum und starb im Frühjahr a. 534.

Dahn, Die Könige der Germanen II, 1862, S. 177–190; – Urgesch. d. germanischen und romanischen Völker I², 1898, S. 250–252.