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Artikel „Godiswintha, Westgothenkönigin“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 430–431, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Godiswintha&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 22:49 Uhr UTC)
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Godiswintha, Westgothenkönigin (a. 554–589), Gemahlin Athanagild’s (a. 554–567), und von ihm die Mutter von Brunichildis und Gaileswintha (Galsuenda, s. diese Artikel), heirathete als dessen Wittwe den gewaltigen König Leovigild (a. 567–586, s. den Artikel). Leidenschaftliche Arianerin, erblickte sie in dem Katholicismus, wie ihr zweiter Gemahl, nicht mit Unrecht die größte Gefahr für das Ketzerreich, dessen Feinde sämmtlich in dem rechtgläubigen Bekenntniß ihre Vereinung fanden. Byzanz, die Franken, die suebischen Nachbarn in Portugal und die eigenen romanischen Unterthanen der Gothen hatten zusammenwirkend das Reich wiederholt an den Rand des Verderbens gedrängt. Mit Anstrengung hatte es der starke Arm Leovigild’s gerettet, gegen den sich auch der zum Katholicismus abgefallene eigene Sohn erster Ehe, Hermenigild (s. den Artikel), im Bunde mit all jenen Feinden des Vaters, empörte. Als nun dieser ihr Stiefsohn mit ihrer Enkelin, Ingunthis, der Tochter Brunichildens, vermählt ward, den Gegensatz zu den Merowingen zu mildern, hatte die Großmutter wol vorausgesetzt, daß diese ebenso zum Arianismus übertreten werde wie ihre beiden Töchter bei der Vermählung mit den Merowingen Sigibert und Chilperich (s. die Artikel) den Katholicismus angenommen hatten. Da sich aber Ingunthis, noch auf der Reise nach Spanien von dem eifrigen Bischof Fronimius von Agde in dem Festhalten an ihrem Glauben bestärkt, beharrlich des Uebertritts weigerte, scheint G. in der That sich bis zu Mißhandlung der Enkelin haben fortreißen lassen. Jedoch sind jene Berichte der eifrig katholischen Quellen – Gregor von Tours läßt sie zur Strafe für ihren Katholikenhaß auf Einem Aug’ erblinden – mit Vorsicht aufzunehmen. Auf der einen Seite die einäugige, häßliche, Jugend und Schönheit beneidende böse Stiefmutter des Martyrs Hermenigild, auf der anderen die jugendlich schöne, für ihren Glauben leidende Königstochter, sind mehr Gestalten der Legende, d. h. der Kirchenfabel, wie des Märchens als der Geschichte. Als G. die Enkelin an den Haaren schleifte, mit Füßen trat, blutig schlug, in den Fischteich warf, wo blieb einstweilen der Königssohn und Gemahl? – so fragt man billig. Jedesfalls bewog Ingunthis ihren Gatten zur Annahme des Katholicismus, was ihn nothwendig zur Empörung gegen den Vater und zum Bündniß mit allen jenen katholischen Reichsfeinden drängte. Kein Wunder, daß G. nach Hermenigild’s Untergang (13. April a. 585) und Leovigild’s Tod (a. 587) den Uebertritt ihres zweiten Stiefsohnes, Leovigild’s Nachfolger, Rekared I. (a. 586–601), s. den Artikel) zu dem verhaßten Glauben (a. 589, III. Concil von Toledo) mit bitterstem Haß aufnahm, den sie anfangs zwar klüglich verbarg – sie trat sogar scheinbar selbst über, soll jedoch die von katholischen Priestern geweihte Hostie nie verschluckt haben –, aber später in einer gefährlichen Verschwörung mit Bischof Uldila, dem Haupt der (nun verfolgten) Arianer, und mit dem merowingischen König Guntchramn (s. den Artikel) entlud. Allein der Anschlag ward entdeckt, Uldila verbannt, das Heer Guntchramn’s bei Carcassonne aufs Haupt geschlagen (a. 589). Da [431] überlebte die leidenschaftliche Greisin das Scheitern ihrer Pläne nicht: nach dem dunklen Ausdruck der Quelle (vitae tunc terminum dedit) ist Hinrichtung ausgeschlossen, Selbstmord nicht unmöglich, aber auch natürlicher Tod sehr wohl anzunehmen, von welchem z. B. bei Kaiser Tiberius II. derselbe Johannes von Biclaro den gleichen Ausdruck braucht.

Quellen und Litteratur: Dahn, Die Könige der Germanen, V, 1870, S. 125–164; – Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker, I, 2. Aufl. 1899, S. 371–389.