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Artikel „Giesebrecht, Adolph Friedrich Benjamin“ von Wilhelm von Giesebrecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 158–159, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Giesebrecht,_Adolf&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 02:59 Uhr UTC)
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Giesebrecht: Adolph Friedrich Benjamin G., Pädagog, der zweite Sohn Benjamins G., geb. den 26. Febr. 1790 zu Mirow, gest. 7. Octbr. 1855 zu Königsberg in Preußen. Seine Schulbildung erhielt er in seinem Geburtsort und auf dem Berlinischen Gymnasium zum grauen Kloster und studierte dann Theologie und Philologie erst zu Frankfurt an der Oder, dann zu Göttingen. Wenig über zwanzig Jahre alt wurde er 1810 als Conrector an der Oberschule zu Frankfurt an der Oder und bald darauf als Collaborator am Friedrichs-Werderschen Gymnasium in Berlin angestellt; hier war es, wo Schleiermacher durch seine Predigten einen Eindruck auf ihn machte, der für sein ganzes geistiges Leben bestimmend war. Als 1813 der Waffenruf zur Befreiung des Vaterlandes erscholl, gab er seine Stelle in Berlin auf und trat in das mecklenburg-strelitz’sche Husarenregiment ein, konnte aber wegen Krankheit nicht mit demselben ausziehen. Nach seiner Genesung trat er 1815 eine Stelle am Gymnasium zu Neu-Strelitz an, und als die Regierung von Mecklenburg-Strelitz zur Hebung der Volksbildung ein Schullehrerseminar zu gründen beschloß, schien ihr Niemand geeigneter, als G., um diese neue Schöpfung in das Leben zu rufen. Nachdem er im Auftrage des Großherzogs eine längere Reise nach der Schweiz [159] unternommen hatte, um besonders die Einrichtungen Pestalozzi’s in Iferten kennen zu lernen, richtete er das Seminar in Mirow ein, dem er bis zum Jahre 1826 vorstand. Obwol er mit allen den Unterrichtsgegenständen, welche für die Volksschule wichtig sind, sich gründlich vertraut gemacht und auch den beschreibenden Naturwissenschaften, die ihm früher ferne gelegen, großen Fleiß zugewendet hatte, fühlte er sich doch in seiner Stellung nicht ganz befriedigt und legte sie nieder, als er mit der Regierung wegen der Handhabung der Disciplin in Differenzen gerieth. Er kehrte nach Berlin zurück, wo er am Friedrichs-Werderschen Gymnasium und der Gewerbeschule Beschäftigung fand. Im J. 1828 wurde er als Conrector an das Gymnasium zu Prenzlau berufen, wo er fünf glückliche Jahre verlebte und seinen eigenen Hausstand gründete. Ungern schied er von dort, als er 1833 die Direction des Gymnasiums in Neu-Stettin übernehmen mußte. Wie er an sich strenge Forderungen zu stellen gewohnt war, so verlangte er auch viel von der Pflichttreue seiner Collegen und dem Fleiße seiner Schüler: er war deshalb Manchen kein bequemer Director, aber seine geistige Bedeutung und der Ernst seines ganzen Wesens erzwang ihm doch überall Achtung und Anerkennung. Im J. 1842 wurde er zum Provinzialschulrath für Pommern ernannt und lebte als solcher in Stettin bis zum J. 1848, wo er nach Königsberg übersiedelte, da ihm die gleiche Stellung für die Provinz Preußen übertragen wurde. Selten hat ein Schulrath mit einer gleich vielseitigen Bildung, einer gleich reichen Erfahrung und mehr Pflichteifer seine Stellung angetreten und ausgefüllt. Obwol G. unablässig mit gelehrten Studien beschäftigt war, hat ihm seine Amtsthätigkeit doch wenig Zeit zu litterarischer Thätigkeit gelassen. Was er veröffentlicht hat, ist meist in den Programmen der Gymnasien zu Prenzlau und Neu-Stettin enthalten; so die Abhandlung über Q. Claudius Quadrigarius (1831), die „Symbolae criticae et hermeneuticae ad Taciti Agricolam“ (1835), die „Geschichte des Gymnasiums zu Neu-Stettin“ (1840). Seine letzte Schrift: „Drei Schulreden und ein Fragment“ (Königsberg 1854) wurde durch die Verdächtigung veranlaßt, daß er den christlichen Charakter der Gymnasien nicht bestimmt genug wahre; diese Verdächtigung war gegen einen Mann gerichtet, der stets eine entschieden kirchliche Gesinnung bethätigt hatte und in Königsberg der Mittelpunkt aller Bestrebungen für die innere Mission war.

Nekrolog von Th. Adler in Mützell’s Zeitschrift für das Gymnasialwesen 1856.