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Artikel „Frisch, Johann Leonhard“ von Friedrich August Eckstein in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 93–95, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Frisch,_Johann_Leonhard&oldid=- (Version vom 6. Dezember 2024, 12:02 Uhr UTC)
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Frischherz, Johann
Band 8 (1878), S. 93–95 (Quelle).
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Frisch: Johann Leonhard F., Schulmann, Sprach- und Naturforscher, geboren am 19. März 1666 in Sulzbach bei Nürnberg, † in Berlin am 21. März 1743. Sein Vater war Licentiatus jur. und geheimer Registrator der Herren von Nürnberg, seine Mutter eine Tochter des Goldarbeiters Fecher in Straßburg. Schon im vierten Lebensjahre besuchte er die Lorenzer Schule in Nürnberg und wurde außerdem von seinem Großvater, dem Senior des geistlichen Ministeriums daselbst, im Griechischen unterrichtet. Die Versetzung seines Vaters nach Schnabelwied unterbrach den Schulunterricht; er mußte Hauslehrern übergeben werden. 1680 kam er auf das Gymnasium nach Nürnberg, wo er seinen Unterhalt durch Singen erwerben und auch weitere Mittel für die Universitätsstudien sparen mußte. 1683 begann er dieselben in Altdorf, setzte sie 1686 in Jena und 1688 in Straßburg fort, wo er zugleich jungen französischen Edelleuten Unterricht in der deutschen Sprache ertheilte. Dann unternahm er eine Reise durch Frankreich und die Schweiz und bestand nach seiner Rückkehr die Prüfung als Candidat der Theologie in Nürnberg. Die Aussicht auf eine feste Stellung als Prediger gab er auf, um seit October 1691 ein Wanderleben zu beginnen, das er fast acht Jahre fortsetzte. Ueber Wien kam er nach Ungarn, wo er als Substitut eines Predigers in Neusohl so viel Anfechtungen erlitt, daß er sich denselben durch die Flucht entzog. Darauf schloß er sich in dem Türkenkriege einem kaiserlichen Heere als Dolmetscher an und kehrte 1693 über Venedig nach Nürnberg zurück. Nun widmete er sich in Bodenhausen-Oberdachsbach der Landwirthschaft, wurde 1695 Hofverwalter in Arnstein auf dem Eichsfelde und 1696 in Blankenburg am Harze. Durch Vermittelung der Stiftspröpstin von Quedlinburg wurde er Erzieher eines Grafen von Erbach. Aber schon 1698 unternahm er unter großen Mühen eine neue Reise über Mainz und Köln nach Holland, von wo er über Hamburg nach Berlin kam. Sein Landsmann, Diaconus Astmann an der Nicolaikirche, veranlaßte ihn in Berlin einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen und zunächst durch Privatunterricht seinen Unterhalt zu suchen. Spener, dessen Bekanntschaft er gemacht hatte, vermittelte seine Anstellung als Subrector an dem Berlinischen Gymnasium zum grauen Kloster. Damit war für ihn eine bleibende Stätte gewonnen; er verheirathete sich noch 1699 mit Sophie Elisabeth Drumann aus Blankenburg. An der Schule rückte er 1708 in das Conrectorat und am 2. April 1727 trat er das Rectorat an. 1706 wurde er auf den Betrieb von Leibniz in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen und 1731 Director der historisch-philologischen Klasse derselben. Als er am 21. März 1743 im 78. Lebensjahre starb, hinterließ er acht Kinder (fünf Sohne und drei Töchter).

Das wechselvolle Leben hat auf seine Bildung wesentlich eingewirkt. Durch den Aufenthalt in verschiedenen Ländern verschaffte er sich eine genaue Kenntniß der neueren Sprachen, namentlich auch der damals sehr vernachlässigten slavischen (er hat Leibniz im Russischen unterrichtet); mit den classischen Sprachen war er von Jugend an bekannt. Daneben bezeigte er früh große Neigung zu naturwissenschaftlichen Studien, in denen ihn seine Beschäftigung mit der Landwirthschaft befestigt hatte, und ein großer praktischer Sinn führte ihn auf allerlei nützliche Erfindungen. Er ist der Erfinder des Berliner Blau; den Seidenbau („das Seidenwerk“, wie er sagt) hat er nicht blos durch Vorschläge, sondern auch durch praktische Anleitung und entschiedenen Vorgang gefördert, denn er legte auf eigene Kosten Maulbeerplantagen an und erzielte einen ansehnlichen Ertrag an Seide. In gleichem Interesse unternahm er zwei naturgeschichtliche [94] Kupferwerke. 1720 begann er die „Beschreibung von allerlei Insecten in Deutschland“ und ließ in 13 Heften bis 1738 dies deutsche Gewürm, das er selbst nach dem Leben gezeichnet und sein Sohn gestochen hatte, nachfolgen; 300 Insecten waren deutsch benannt und genau beschrieben zum ersten Male in deutscher Sprache; er dachte noch an ein viertes Hundert. Auch eine Sammlung der meisten deutschen Vögel hatte er zusammengebracht, sie lebendig erhalten, um ihre Eigenthümlichkeiten genau zu beobachten, und sie dann ausstopfen lassen. Aus dieser Sammlung ist das Werk entstanden: „Vorstellung der Vögel Deutschlands und beyläufig auch einiger Fremden; nach ihren Eigenschaften beschrieben“. Sein Sohn Ferdinand Helfreich (geb. 1707, † 1758) lieferte die Kupferstiche, welche sauber colorirt wurden. F. führte es nur bis zum Beschlusse der vierten Klasse, dann übernahm sein jüngster Sohn Just Leopold (geb. 1714, † 1787), welcher Prediger in Grüneberg in Schlesien war, unter Beihilfe des Barons v. Zorn in Danzig, die Vollendung, welche 1763 mit 254 Kupfertafeln und 307 Abbildungen erfolgte. Für dieses Werk, das erst unsere Zeit seit Naumann übertroffen hat, wurde F. Mitglied der kaiserl. Leopoldinischen Akademie mit dem Namen Vegetius.

Seine linguistischen Studien dehnten sich nach dem Umfange seiner Sprachkenntnisse ziemlich weit aus. – Auf die slavischen Sprachen beziehen sich fünf Schulschriften aus den J. 1727–36. Schon 1712 war das „Nouveau dictionnaire de passagers franç. allem. et allem. franç.“ in Leipzig erschienen, welches 1733, 1739, 1746, 1771, 1793 wiederholt ist und wegen der etymologischen Erörterungen einen ganz anderen Werth noch hat, als es nach dem Titel scheinen könnte. Die Märkische griechische Grammatik hat er 1737 neu herausgegeben und wol schon an der Ausarbeitung derselben einen hervorragenden Antheil genommen. Obschon er treu seiner Zeit die Beispiele meist aus dem Neuen Testament nahm, hat er doch auch die classischen Schriftsteller herangezogen und Grammatiker und Scholiasten zur Erklärung des Attischen Sprachgebrauchs vielfach benutzt. Höher steht sein Verdienst um die deutsche Sprache, die er nach Schilter’s verdienstlichen Bemühungen zuerst wieder historisch durchforschte und etymologisch begründete. Außer mehreren Schulprogrammen müssen die „Supplementa ad Schilteri glossarium“, welche in den Miscellan. Berolin. gedruckt sind, die neue Ausgabe von Bödiker’s „Grundsätzen der deutschen Sprache in Reden und Schreiben“ (1731) und besonders das „Teutsch-lateinische Wörterbuch“ (zwei Quartbände 1741) hier angeführt werden. Dieses Werk, das Ergebniß dreißigjähriger Arbeit, zu der ihn, wenn der Eifer erkaltete, Leibniz immer wieder aufmunterte, wird jetzt nach Grimm’s Vorgange auch von den Germanisten gebührend beachtet; für die lateinische Phraseologie ist es auch beachtenswerth, obschon er die Auswahl nicht streng trifft und zu viel Modernes durch breite Umschreibungen wiedergibt. 1727 gab er heraus: „Liber symbolicus Russorum oder der größere Katechismus der Russen aus der Slavonischen Sprache ins Teutsche übersetzt“, wobei er die Petersburger Ausgabe von 1722 zu Grunde gelegt und in der Vorrede zugleich eine ausführliche Geschichte dieses Confessionswerks geliefert hat. Sein Schulamt hat er, weil er sich einer guten Gesundheit erfreute, fast bis an das Ende seines Lebens ununterbrochen verwaltet; nur in dem letzten Vierteljahre war er von schwerer Krankheit heimgesucht. Den Unterricht in Mathematik, in Naturwissenschaften und in der deutschen Sprache hat er erweitert; ja er war einer der Ersten, welcher auf die Pflege desselben in der Schule größere Aufmerksamkeit wendete. Mit besonderer Vorliebe soll er biblische Geographie in der obersten Klasse gelehrt haben. Ein schönes Bildniß in einem großen allegorischen Oelgemälde seines Sohnes ist in dem großen Hörsaale des grauen Klosters, ein guter Kupferstich findet sich vor dem Wörterbuche.

[95] Vgl. J. Wippel, Das Leben des weil. berühmten Rectors J. L. F., Berlin 1744. 4. A. Ferd. Ribbeck, Oratio ad J. L. F. memoriam secularem celebrandam, Programm des grauen Klosters, 1830, S. 17.