ADB:Friedrich (Herzog von Braunschweig-Lüneburg)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Friedrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel“ von Ferdinand Spehr in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 497–501, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich_(Herzog_von_Braunschweig-L%C3%BCneburg)&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 12:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Friedrich Ulrich
Band 7 (1878), S. 497–501 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Friedrich I. (Braunschweig-Wolfenbüttel) in der Wikipedia
Friedrich I. in Wikidata
GND-Nummer 122954157
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|7|497|501|Friedrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel|Ferdinand Spehr|ADB:Friedrich (Herzog von Braunschweig-Lüneburg)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=122954157}}    

Friedrich, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, geb. 1313[WS 1], † 1400, war der älteste Sohn des Herzogs Magnus II., mit der Kette, von Braunschweig. Der Vater, welcher am 25. Juli 1373 im Treffen bei Leveste am Deister gegen den Grafen Otto von Schaumburg fiel, hatte schwerlich daran gedacht, daß er in dem Kampfe den Tod finden würde und daher nichts darüber bestimmt, wie es mit der Regierung des Landes Braunschweig gehalten werden sollte. Seine Söhne, auch der erstgeborne Friedrich, waren noch unmündig und Herzog Otto der Quade oder Böse (malus) von Braunschweig-Göttingen säumte nicht auf Grund eines mit Herzog Magnus im J. 1370 auf gegenseitige Vertheidigung und, falls einer von beiden söhnelos versterbe, auf gegenseitige Nachfolge geschlossenen Vertrages, mit Hülfe des Bundes der Sterner sich in den Besitz der braunschweigischen Lande zu setzen und als nächster Agnat die Vormundschaft über Herzog Magnus’ unmündige Kinder zu übernehmen und in Braunschweig und Wolfenbüttel zu schalten, als sei er Regent des Herzogthums. Herzog Magnus II. war mitten im Streite mit dem Herzog Albrecht von Sachsen und dem Kurfürsten Wenceslaus von Sachsen, in welchen er wegen des [498] Besitzes des Fürstenthums Lüneburg gerathen war, auf welches beide Theile ihrer Abstammung wegen Anspruch machten, mit Tode abgegangen und es liefen seine Söhne Gefahr sowol das väterliche Erbe, als auch die beanspruchte Herrschaft über das Fürstenthum Lüneburg zu verlieren. Ihre staatskluge Mutter Katharina, geb. Prinzessin von Anhalt, schloß jedoch, einen Vergleich der zweifelhaften Entscheidung durch das Schwert vorziehend, wegen der lüneburgischen Lande eine Vereinbarung mit den Herzögen Albrecht von Sachsen und dessen Oheim Wenceslaus dahin ab, daß die Regierung des Fürstenthums abwechselnd von den sächsischen und braunschweigischen Fürsten geführt werden solle und die sächsischen Herzöge als die ältesten zuerst regieren, nach deren Tode aber die Söhne des Herzogs Magnus II. und dann wieder die sächsischen Fürsten und so stets abwechselnd beide Prätendenten zur Regierung gelangen sollten. Die Herzogin Katharina von Braunschweig vermählte sich in zweiter Ehe mit dem Herzoge Albrecht von Sachsen und Lüneburg, welcher zu Celle residirte und es wurde festgesetzt, daß ihre Söhne Friedrich und Bernhard, wenn sie zu Jahren gekommen sein würden, sich mit den Töchtern des Kurfürsten Wenceslaus von Brandenburg vermählen sollten. Zufolge dieses Vergleichs führten die sächsischen Herzöge im Lüneburgischen die Vormundschaft über die Herzöge Friedrich und Bernhard. Im J. 1374 schlossen die vier Söhne des Herzogs Magnus II. unter sich einen Vergleich, welchem zufolge der älteste regierender Herr in den braunschweigischen Landen sein sollte. „Damit Land und Leute der Herrschaft Braunschweig bei Gnaden und Ehren, bei Würden und Eintracht verblieben, sollte dieselbe ewiglich ungetheilt sein, nach dem Rechte der Erstgeburt vererbt werden und sonach augenblicklich an Herzog Friedrich fallen, doch durfte er weder Schloß noch Stadt, weder Land noch Leute verkaufen, ohne die Einwilligung der Brüder und der Mannschaft und Städte seines Landes eingeholt zu haben.“ Seit dieser Zeit scheint F. sich nicht mehr in die Verhältnisse der lüneburgischen Lande gemischt zu haben, wenigstens kommt sein Name in den Lüneburg betreffenden Urkunden nicht weiter vor und sein Bruder Bernhard wird neben den sächsischen Herzögen allein namhaft gemacht. – Es war kein freudevolles Leben, welches Herzog F. in seiner Jugend führte. Otto der Quade suchte auf jede Weise die nach Unabhängigkeit strebende Stadt Braunschweig sich unterthan zu machen und ließ derselben, so viel er konnte, seine Unhulden fühlbar werden. Ein Aufstand der Gilden gegen den Rath im J. 1374, welcher die Macht und Geltung der Stadt und die Entwickelung des Gemeinwesens für lange Zeit hemmte, gab ihm besondere Gelegenheit, sich der Stadt unfreundlich zu bezeigen. Neun Bürgermeister waren bei dem Aufruhre hingerichtet oder sonst um’s Leben gekommen; der neue Rath war unerfahren in den Geschäften und nicht im Stande die gegebenen Verheißungen zu erfüllen. Die Hanse verhängte den Bann über die aufrührerische Stadt, schloß sie von dem Handel mit allen Bundesstädten aus, nahm ihr das Stapelrecht und belegte die auswärts lagernden Güter der Braunschweiger mit Beschlag. Diese Wirren und den Hader der Bürger unter sich benutzte Otto der Quade, um die Stadt mehr und mehr unter seine Botmäßigkeit zu bringen. Bald lasteten die Folgen des Aufruhrs schwer auf derselben, aber acht Jahre währte es, ehe die Bürger sich in das Unvermeidliche fügten und sich vor der Hanse in Lübeck beugten und demüthig um Gnade und Wiederaufnahme in den Bund baten, die ihnen unter harten Bedingungen gewährt wurde. Otto der Quade hatte keinen Schritt gethan, um die Versöhnung anzubahnen und zu vermitteln. Gegen ihn wendete sich der Haß der Braunschweiger vorzugsweise und dem Rathe der Stadt fiel seine Herrschaft eben so lästig, wie solche dem Herzog F. war, der, tief ergriffen von dem Mißgeschick, welches auf Braunschweig lastete, seine Abhängigkeit von dem Vormunde schmerzlich [499] fühlte. Otto behandelte den jungen Fürsten mit Härte und Geringschätzung; seine Ritter nannten den rechtmäßigen Landesherrn spöttisch den „Herzog mit den drei Pferden“ und der Erbe des Landes wurde von allen Regierungshandlungen fern gehalten. F. war der einzige der braunschweigischen Fürsten, der sich der Stadt in ihrer Bedrängniß angenommen und sich für die Aussöhnung mit der Hanse warm verwendet hatte. Dafür hingen ihm die Bürger Braunschweigs mit Liebe an; zwischen ihm und dem Rathe der Stadt wurden Verabredungen getroffen, um mit List die Herrschaft des Herzogs Otto in Friedrich’s Landen zu Ende zu bringen. Am 25. März 1381 begab sich F. mit diesem in Wolfenbüttel zur Messe in eine außerhalb der Burg gelegene Kirche; unter dem Vorwande, daß ihm die Nase blute, verließ er das Gotteshaus, begab sich eiligst in die Burg, ließ die Zugbrücke aufziehen, setzte die daselbst gefangen gehaltenen braunschweigischen Bürger in Freiheit und gab den im nahen Walde versteckten Braunschweigern ein verabredetes Zeichen, worauf diese ihm zur Hülfe herbeieilten. Als Otto die Burg besetzt und sich von derselben ausgeschlossen sah und das Herannahen der Städter erfuhr, gab er jeden Widerstand auf, setzte schleunigst über die Oker und kehrte nach Göttingen zurück. Im J. 1383 erst vertrug er sich mit Herzog F. und entsagte allen Ansprüchen auf den wolfenbüttelschen Theil der welfischen Lande und behielt sich nur die Nachfolge für den Fall vor, daß die männliche Nachkommenschaft des Herzogs Magnus II. aussterben sollte. – Herzog F. war eifrig bemüht in dem ihm zugefallenen Fürstenthum Wolfenbüttel die gesetzliche Ordnung wieder herzustellen und die Wunden zu heilen, welche der langdauernde Bürgerzwist geschlagen hatte. Seines Vaters Härte und Willkür, dessen Freude an Kampf und Geringschätzung der Städte war nicht auf ihn übergegangen. Ihm galt Gerechtigkeit höher als Eigenwille und dem gegebenen Worte kam er mit unverbrüchlicher Treue nach. Die verwickelten Verhältnisse der Stadt Braunschweig wurden durch ihn geschlichtet. Friedliebend stritt er doch, wenn seine Versuche zum Vergleiche an dem Starrsinn der Gegner scheiterten, mannhaft und tapfer und erwarb sich den Ruf eines tüchtigen Kriegsherrn. Im J. 1385 war Herzog Albrecht von Sachsen-Lüneburg an einer bei der Belagerung des Schlosses Ricklingen unweit Hannover erhaltenen Verwundung ohne männliche Nachkommen gestorben. Heinrich, der jüngere Bruder von Friedrich, und Bernhard, welcher bei der Mutter in Celle verweilte, forderte sein Recht; da rüstete sich Kurfürst Wenceslaus und belagerte diese Stadt, aber während der Belagerung starb auch er und nun vereinigten sich Friedrich und Bernhard, welche im J. 1386, dem abgeschlossenen Vertrage gemäß, Wenceslaus Töchter geheirathet hatten, mit dem Bruder Heinrich gegen Wenceslaus Söhne, den Kurfürsten Rudolf von Sachsen, Wenceslaus und Albrecht und erfochten, besonders mit Hülfe der Stadt Braunschweig, am Fronleichnamstage (28. Mai) 1388 auf der Haide bei Winsen an der Aller einen entscheidenden Sieg, welcher der sächsischen Herrschaft über Lüneburg für immer ein Ende machte. In dem am 15. Juli 1388 zu Uelzen abgeschlossenen Vertrage verzichteten die sächsischen Herzöge auf den Besitz der Herrschaft Lüneburg und gingen mit den Herzögen von Braunschweig eine Erbverbrüderung dahin ein, daß ihnen nach dem Ausgange des braunschweigischen Mannesstammes das Land Lüneburg und die Stadt Hannover zufallen sollte. Sodann verglichen sich die Söhne des Herzogs Magnus unter sich dahin, daß das braunschweigische Land mit einigen zum lüneburgischen gehörenden Schlössern bei F. verbleiben, Bernhard und Heinrich die Herrschaft Lüneburg gemeinschaftlich besitzen sollten. – Durch die lüneburgischen Händel waren die Bestrebungen des Adels, sich der landesherrlichen Gewalt zu entziehen und dem Gebote des Landesherrn nur so weit [500] zu gehorchen und nachzukommen, als es ihnen gefiel, sehr begünstigt. Diesen Trotz und diese Zügellosigkeit zu brechen und den landsässigen Adel auf die ihm gebührende Stellung zurückzuführen, stellte Herzog F. sich zur besonderen Aufgabe. Hauptführer der trotzigen Ritterschaft waren vorzüglich Kurt von Steinberg und Hans von Schwicheldt. Gegen diese und deren Bundesgenossen zog Herzog F. zu Felde und besiegte sie, unterstützt von sächsischer Reiterei, am Ursulatage 1393 bei Beinum. Die Strenge, mit welcher er das Recht übte und über die Erhaltung des gemeinen Landfriedens wachte, seine Thatkraft und Umsicht, die Ritterlichkeit seines ganzen Wesens, dabei die Milde und Leutseligkeit, welche ihn vor vielen Zeitgenossen auszeichnete, machten seinen Namen auf der einen Seite geachtet, aber auch gefürchtet, während auf der andern Stifter und Städte, auch solche des Auslandes, sich um seine Gunst bewarben. Die Städte der Altmark, die Stände von Lüneburg, die Bürger der freien Reichsstädte Mühlhausen, Goslar, Nordhausen, auch die Bewohner Erfurts hatten sich in seinen Schutz begeben, und die Dompropstei zu Hildesheim wie das Stift Gandersheim hatten ihm die Wahrung ihrer Rechte übertragen. – Diesem Ansehen und günstigen Rufe entsprang die Sage, daß bei den Verhandlungen, welche von Seiten der Reichsstände wegen der Entsetzung des Königs Wenceslaus von Böhmen, des Sohnes Kaisers Karl IV., als römischer Kaiser, und wegen der Wahl eines Nachfolgers desselben in dieser Würde gepflogen wurden, auch der Namen des Herzogs F. genannt worden sei. Um an den Berathungen über die Wahl Theil zu nehmen wurden von den Kurfürsten die bedeutendsten Fürsten Deutschlands eingeladen, sich gegen Ende des Mai 1400 in Frankfurt einfinden zu wollen. Unter diesen Eingeladenen befand sich allerdings auch Herzog F., aber eine unhaltbare Ueberlieferung ist es, daß hier im Ernst von seiner Wahl die Rede gewesen sei. Um dem ihm befreundeten Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz die Krone zu gewinnen, wußte der Erzkanzler, Erzbischof Johann II. von Mainz, es zu bewirken, daß die definitive Wahl des römischen Kaisers hinausgeschoben wurde. Unmuthig über diese Verzögerung verließ Herzog F. mit seinem Schwager, Kurfürst Rudolf von Sachsen, seinem Bruder Bernhard und anderen ihm anhängenden Fürsten Frankfurt, um in seine Heimath zurückzukehren. Am Tage vor dem Pfingstfeste, am 5. Juni 1400, wurden die sorglos des Weges ziehenden Reisenden in der Nähe von Fritzlar bei dem Dorfe Klein-Englis von einer Schaar schwer geharnischter Reiter überfallen und angegriffen. Tapfer vertheidigten sich die Fürsten nebst ihrem Gefolge und wehrten sich lange Zeit, endlich mußten sie der Uebermacht weichen und sich in ritterliche Haft geben. Nur Herzog F. leistete mannhaft Widerstand. Muthig und scharf stritt er, endlich fiel er unter den Schwertstreichen der Ritter Friedrich von Hartinghausen und Kunzmann von Falkenberg, und „wurde also das edele Blut von Braunschweig wider Gott und wider Ehre jämmerlich ermordet.“ Sogleich nach der That entstand, wol nicht mit Unrecht, der Verdacht gegen den Erzbischof Johann von Mainz, daß dieser die That veranlaßt, um seinen politischen Gegner bei der Königswahl aus dem Wege zu räumen. Friedrich’s Leiche wurde im St. Blasius Dome zu Braunschweig beigesetzt. Da ihm von seiner Gemahlin Anna, der Tochter des Kurfürsten Wenceslaus von Sachsen-Lüneburg, kein Sohn geboren war, theilten seine Brüder Bernhard und Heinrich sich in die Herrschaft des Landes Braunschweig. Seine Wittwe verheirathete sich im J. 1404 wieder mit dem Landgrafen Balthasar von Thüringen und starb im J. 1408; seine älteste Tochter Elisabeth (nach Anderen Katharina) vermählte sich mit dem Grafen Heinrich von Schwarzburg und starb 1439; die jüngere, im J. 1432 verstorbene Tochter Anna mit Herzog Friedrich dem älteren von Oesterreich-Tyrol, zugenannt mit der leeren Tasche.

[501] Dr. Hermes, Herzog Friedrich in: F. Steger, Das Haus der Welfen. Braunschw. 1843. – Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Hannover, Thl. I. Derselbe: Der Mord Herzogs Friedrich von Braunschweig im Archiv des hist. Vereins f. Niedersachsen. Jahrg. 1847. Reichstagsacten Bd. III, passim.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. offenbar ein Druckfehler, Friedrich ist um 1357 geboren