ADB:Friedländer, Emil Gottlieb

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Artikel „Friedlaender, Gottlieb“ von Ernst Friedländer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 778–780, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedl%C3%A4nder,_Emil_Gottlieb&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 08:56 Uhr UTC)
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Friedlaender: Emil Gottlieb F., geboren zu Berlin am 25. September 1805, besuchte das Friedrich-Werder’sche Gymnasium daselbst bis Ostern 1824, worauf er in Bonn und Berlin Philologie studirte und hier sein Jahr bei den Garde-Schützen abdiente. Als Sohn des durch seine berühmte Münzsammlung bekannten Benoni F. beschäftigte er sich anfangs eingehend mit der Numismatik, wovon später seine Doctorarbeit „Numismata medii aevi inedita I“ Zeugniß ablegte. Nach Vollendung seiner Studien ward er am 14. April 1828 Assistent, im Juli 1831 Custos und 1850 Bibliothekar an der Königl. Bibliothek, und im Nebenamte 1842 Bibliothekar an der Königl. Allgem. Kriegsschule, der heutigen Kriegs-Akademie. In diesen und den folgenden Jahren gab er, abgesehen von vielen kleineren belangreichen Beiträgen in verschiedenen Zeitschriften, namentlich in v. Ledebur’s Archiv der märkischen Forschungen und der Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft u. Gesch. des Krieges, u. a. folgende Arbeiten im Druck heraus: 1. „Le sorti di Francesco Marcolino da Forli intitolate Giardino di Pensieri“, 1833; 2. „Index librorum ad celebranda sacra saecularia confessionis Augustanae traditae tertia annis 1829, 1830 et 1831 cum in Germania tum extra Germaniam vulgatorum. Praemitt. praefatio Frid. Wilken, 1833; 3. „Friedrich’s des Großen Anti-Macchiavell nach einer Orig.-Handschrift“ (in der großen Autographen-Sammlung [779] seines Vaters), 1834; 4. „Beiträge zur Buchdruckergeschichte Berlins“, 1834; 5. „Die lateinischen Uebersetzungen Plutarchischer Biographien im 15. Jahrhundert“, Leipzig 1836; 6. Text zu der Jugendarbeit Adolf Menzel’s „Denkwürdigkeiten der vaterländischen Geschichte“, 1836; 7. „Beiträge zur Reformationsgeschichte. Sammlung ungedruckter Briefe des Reuchlin, Beza und Bullinger, nebst einem Anhange zur Geschichte der Jesuiten u. s. w.“, 1837; 8. „Eine kurtze Comedia von der Geburt des Herrn Christi. Von den Prinzen und Prinzessinnen des Churf. Hofes im J. 1589 in Berlin aufgeführt. Nach der Handschrift nebst geschichtlicher Einleitung“, 1839; 9. „Die Inschrift an der Königl. Allgem. Kriegsschule“, 1845; 10. „Die Belagerungen Preußischer Festungen aus Nothmünzen“, 1846; 11. „Jean Baptiste Tavernier“, 1849; 12. „Von Stammbüchern und Rebus“, 1855 u. s. w. – Namentlich die Beiträge zur Buchdruckergeschichte Berlins und die zur Reformationsgeschichte sind sehr inhaltreich und belehrend und noch heute geschätzt und gesucht. 1854 erschien sein Buch „Die Königl. Allgem. Kriegs-Schule und das höhere Militär-Bildungswesen 1765–1813. Aus amtlichen Quellen“, zu denen auch die Acten des Geheimen Staats-Archivs gehören. Während er dem Abschlusse dieses Werkes nahe war, kam der Ruf an ihn, seine bibliothekarische Laufbahn aufzugeben und in das Geheime Staats-Archiv, wo sich das Bedürfniß nach wissenschaftlichen Beamten fühlbar machte, überzutreten. Mit Genehmigung des Königs schrieb ihm der Minister Manteuffel, daß er ihm das „wichtige und ehrenvolle, die größte Zuverlässigkeit und Sorgsamkeit erfordernde Amt im Hinblick auf seine bewährten Gesinnungen und seine verdienstvollen Leistungen in dem Vertrauen übertragen wolle, daß er sich dem neuen Berufe mit derselben Hingebung und Umsicht widmen werde, die er in seinem bisherigen Wirkungskreise in so ausgezeichnetem Maße und mit segensreichem Erfolge bewiesen habe.“ Unter Beibehaltung des Amtes bei der Kriegs-Akademie schied er im Sommer 1853 aus der Bibliothek nach 25jähriger Amtsführung und übernahm „als ein Mann von bedeutender wissenschaftlicher Geltung“, wie Manteuffel in der ersten Kammer sagte, die Stelle eines zweiten Geheimen Staats-Archivars, aus der er, Herbst 1853 Archivrath und 1855 Geheimer Archivrath geworden, nach dem Tode seines Collegen Köhne im Jahre 1860 in die erste Stelle einrückte, die er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amte im Frühjahr 1874 bekleidet hat, und in der er nicht nur dem Archive zahlreiche werthvolle, noch heute in voller Geltung stehende Arbeiten gewidmet hat, sondern auch unzähligen Gelehrten und Forschern ein unermüdlicher und kundiger Förderer und Berather gewesen ist. Durch sein Amt als Bibliothekar der Kriegs-Akademie in steter enger Verbindung mit der Armee, ist er auch in seinem Archivamte bei einer großen Reihe von Regimentsgeschichten, historischen und biographischen Werken den militärischen Bearbeitern allzeit hilfsbereit und förderlich gewesen, „wodurch er sich um die heeresgeschichtliche Litteratur zahllose stille Verdienste erworben hat“. Die Bibliothek der Kriegs-Akademie, die er als kleine Büchersammlung übernommen hatte, ist durch ihn zu einer Fachbibliothek ersten Ranges gemacht worden, die bei seinem Tode über 30000 Bände zählte und in einem umfangreichen gedruckten Kataloge verzeichnet war. Bei seinem 50jährigen Amtsjubiläum, 14. April 1878, wenige Monate vor seinem Heimgange, sprach Moltke ihm den Dank der Armee für sein ersprießliches Wirken für sie aus. Litterarisch ist er während der Archivjahre nicht mehr so productiv gewesen, als früher – 1862 erschienen: „Ein ser schön und nützlich Spiel von der lieblichen Geburt unsers Herrn Jesu Christi, zu Coln a. d. Spr. gehalten durch Henricum Chnustinum. Anno MDXLI“, mit [780] einer Einleitung über den Verfasser Knaust, und in den folgenden Jahren verschiedene Aufsätze (u. a. „Händels Geburtsstätte“ in der Zeitschr. f. Preuß. Gesch. 1866) – er förderte lieber Andere aus den reichen Schätzen des Archives nach dem Grundsatze des echten Archivars: „aliis inserviendo consumor“. Auch pflegte er gern zu sagen: „bene vixit qui bene latuit“, war aber dabei unausgesetzt, sowol in gelehrten Gesellschaften, als auch bei gemeinnützigen Anstalten, namentlich auf kirchlichem Gebiete und dem der Kindererziehung in aller Stille thätig. Er starb nach längeren Leiden am 27. Juni 1878.