ADB:Freyberg, Max Freiherr von
Rixner’s Turnierbuch, wonach schon auf einem Turnier Herzog Conrads zu Rothenburg 942 eine Jungfrau Katharina v. Freyberg zur Schau und Helmtheilung erschienen sein soll, so steht doch außer Zweifel, daß die Familie schon früh mit allen adlichen Rechten in Graubünden ansässig war. Von hier aus siedelte sie nach Oberschwaben ins Thal der Rottum über und erbaute die Burg Freyberg unweit Biberach. Nach W. Hund’s „Stammenbuch“ war Konrad v. F. der erste seines Geschlechts, der nach Baiern kam und bis zu seinem 1373 erfolgten Tode Viztum von Oberbaiern war. Von ihm sollen die Burgen Eisenberg und Freyberg am Lech unweit Hohenschwangau erbaut sein.
Freyberg: Max Procop v. F.-Eisenberg, bairischer Staatsmann und Historiker, geboren am 3. Januar 1789 zu Freising, aus der bairischen Linie des alten Edelgeschlechts der v. F., die von jeher als Pannerherren geachtet waren. Wenn auch die Conjectur eines Genealogen des vorigen Jahrhunderts, Adam Schütz v. Pfeilstatt, der das Geschlecht bis auf die Curiatier zurückleitet und speciell auf einen Römer Curius, der um das J. 444 in Rhätien eine Burg Libero Monte oder Hochen-Freyberg erbaut habe, natürlich keine Beachtung verdient, und ebenso wenig die Angabe inDer Vater Max Procop v. Freyberg’s bekleidete am fürstbischöflichen Hofe zu Freising die Stelle eines Oberjägermeisters. 1797 zog jedoch die Familie nach München. Theils hier in der Pagerie, theils im Theresianum in Wien oblag der Knabe den ersten Studien. 1807 bezog er die Universität Landshut, um Jura zu hören. Dann unternahm er größere Reisen und hielt sich insbesondere längere Zeit in Italien auf, wo er sich dem Kunststudium zuwandte. Die im Wunderland der Schönheit in Kunst und Natur erhaltenen Eindrücke legte er in Tagebuchblättern nieder, die später in Druck erschienen. Diese Aufzeichnungen, sowie seine Schriften über das Leben Raphael’s, die Kunstausstellung in München 1817 u. a. zeugen, ohne gerade tief zu sein, von schwungvoller Phantasie und geläutertem Geschmack für das Edle und Echte. Die Neigung für Kunst und Poesie bewahrte ihm auch später, als seine Hauptthätigkeit auf trockene archivalische Forschung und mechanische Bureauarbeit beschränkt sein mußte, eine gewisse geistige Frische, er strebt wenigstens darnach, auch der Form gerecht zu werden, auch einen spröden Stoff künstlerisch zu beleben. Als 1813 nach Abschluß des Rieder Vertrags das Aufgebot des Königs zur Landesbewaffnung erging, organisirte F. in Dachau eine Freiwilligencompagnie, die jedoch nicht in Action trat. Am 15. Juli 1814 erhielt er den Rathsacceß beim Generalcommissariat für den Isarkreis, setzte aber seine geschichtlichen und litterarischen Studien fort und suchte, so weit es der Dienst zuließ durch neue Reisen den Gesichtskreis seines Wissens zu erweitern. Diese Bemühungen machten in ihm, wie er sich in einem an Minister Montgelas gerichteten Immediatgesuch ausdrückt – den Wunsch rege, „durch litterärisch-gelehrte Arbeiten in höherem Sinne“ für das Vaterland zu wirken. Nach wiederholt abschlägigem Bescheid wurde ihm am 3. December 1816 der Acceß bei den geheimen Archiven mit dem Titel eines Legationsraths bewilligt. In den nächsten Jahren erschienen in rascher Folge die obengenannten ästhetischen Schriften. Erst in reiferen Jahren wandte er sich, worauf ihn seine Amtsthätigkeit zunächst wies, vorzugsweise geschichtlicher Forschung zu. 1822 erschien seine Geschichte von Tegernsee, dieser um Kunst und Cultur hochverdienten Abtei. 1824 errang seine Abhandlung über das altdeutsche Gerichtsverfahren bei einem Preisausschreiben der Münchener Akademie der Wissenschaften den ersten Preis. Nach dem Regierungsantritt des Königs Ludwig I., der selbst das Geschichtsstudium hochschätzte und [366] im Volke dafür reges Interesse zu wecken suchte, wurde F. (29. December 1825) an Stelle des quiescirten Reichsarchivars Sammet zum Vorstand des allgemeinen Reichsarchivs berufen. Auf sein Gesuch um Gehaltserhöhung freilich signirte Ludwig einfach: „Daraus wird nichts!“ (26. März 1826). Durch ein überstürztes Centralisationsverfahren war das Münchener Reichsarchiv zwar eines der reichhaltigsten in Europa geworden, aber durch so massenhafte Anhäufung geschichtlichen Materials, das nie vom Boden, wo es erwuchs, entfernt werden sollte, war die archivalische Behandlung und Ordnung und folgerichtig auch die Benützung zu praktischen und wissenschaftlichen Zwecken nur erschwert, sodaß solcher Reichthum von gar problematischem Werth. Unter Freyberg’s Leitung wurde wenigstens durch ein summarisches Repertorium eine Uebersicht aller Bestände ermöglicht und in Regestirung der colossalen Urkundenmenge energisch fortgefahren. F. fehlte es ebenso wenig an den für eine solche Stellung nöthigen Fachkenntnissen, wie an Eifer und Liebe für die Sache. Wenn dessenungeachtet die unter seiner Leitung vorgenommenen organisatorischen Arbeiten an erheblichen Mängeln und Lücken leiden, so findet dies theilweise Entschuldigung im Drängen der Regierung, die aufgestapelten archivalischen Schätze so rasch als möglich durch Publicationen nutzbar zu machen. Nicht blos das unter den unglücklichen Auspicien des Ritters v. Lang begonnene Werk, das für die Zertrümmerung der alten Hochstifts-, Kloster- etc. Archive Ersatz bieten sollte, die „Regesta Boica“, mußte fortgesetzt werden, auch durch andre, an sich dankenswerthe, aber nicht in den eigentlichen Bereich archivalischer Thätigkeit einschlägige Unternehmungen wurden die Arbeiten der Archivbeamten für den inneren Dienst unterbrochen und aufgehalten. Insbesondere gilt dies von der im Auftrag des Königs 1833 von F. begonnenen Ausarbeitung einer Geschichte der bairischen Gesetzgebung seit Maximilian I. Da hiebei die politischen und staatsrechtlichen und statistischen Verhältnisse so vieler größerer und kleinerer Landestheile in Betracht kamen, mußte ein ungeheures Actenmaterial durchgearbeitet werden, was natürlich nicht ohne thätigste Mitwirkung des gesammten bairischen Archivpersonals möglich war. Schon vor diesem Werk, das Höfler mit Recht „eine Geschichte der Ausbildung der Territorialmacht zum Absolutismus des 18. Jahrhunderts, wie kaum ein anderes Land eine ähnliche aufzuweisen hat,“ nennt, hatte F. eine „Geschichte der bairischen Landstände“ veröffentlicht. In den „Historischen Schriften und Urkunden“, zu deren Publication er am gelehrten Exbenedictiner Moritz einen trefflichen Mitarbeiter – leider nicht den einzigen – hatte, ist ein reiches Quellenmaterial aus fast allen Jahrhunderten zu Tage gefördert. Manche Theile freilich entsprechen auch nicht den billigsten Anforderungen – die Chronik eines Unbekannten (ohne Zweifel von Veit-Arnpeck herrührend), z. B. verdient geradezu als Muster, wie man nicht ediren darf, aufgestellt zu werden. Auch im belletristischen Fach versuchte sich F., nach unserer Ansicht nicht mit Glück. In den Romanen „Die Löwenritter“, „Die Stauffer von Erenfels“ etc. überwiegt der rein geschichtliche Stoff auf Kosten des poetischen Elements so sehr, daß nicht abzusehen ist, warum überhaupt die Form des Romans, die nur als überflüssiges Gewandstück erscheint, gewählt wurde. Ebenso liegt bei den „Erzählungen aus der bairischen Geschichte“ die Absicht zu Grunde, die Resultate streng wissenschaftlicher Forschung in gefälligem Vortrag dem größeren Publicum mitzutheilen; wenn sich aber der Verfasser schmeichelt, „den schwerfälligen Ton früherer ähnlicher Versuche vermieden zu haben“, so können wir dem nicht völlig beipflichten. Von besonderem Interesse ist seine akademische Gedächtnißrede auf den ehemaligen in Baiern lange Zeit allmächtigen Minister Montgelas, mit dessen Tochter F. seit 1824 vermählt war. Zwar können wir die Charakteristik nicht glücklich und richtig nennen, das Bild trägt mehr die Züge des dem Eidam wohlbekannten [367] aus der Oeffentlichkeit zurückgetretenen Greises, als des „premier ministre revolutionnaire“, wie ihn Hardenberg nannte, des Illuminaten, der auf den Trümmern der ständischen Verfassung und des altererbten Kirchenregiments den modernen Staat Baiern aufrichtete. F. konnte aber für sein Lebensbild die von dem merkwürdigen Staatsmann eigenhändig aufgezeichneten Memoiren benützen und war dadurch in Stand gesetzt, in mehreren Punkten neue Aufschlüsse zu bieten. F. war übrigens nicht blos als Gelehrter und Archivar thätig, sondern auch als activer Rath des Ministeriums des Innern, seit 9. September 1838 als ordentliches Mitglied des Staatsraths. Wenn wir noch hinzufügen, daß er seit 1830 im Landrath, seit 1835 in der Kammer der Abgeordneten saß, zugleich Vorsitzender der Akademie der Wissenschaften war und seit 1832 die „Bairischen Annalen“ herausgab, so wird man zugestehen müssen, daß nur einer eminenten Arbeitskraft die Bewältigung solcher Aufgaben gelingen konnte. Zeitweise war ihm auch in Stellvertretung des beurlaubten Ministers Abel die Leitung des Ministeriums des Innern übertragen. Als Verwaltungsbeamter und Abgeordneter war er ein laudator temporis acti, eifriger Anhänger eines confessionell streng umschriebenen Systems, das nicht das Zeitbedürfniß, sondern nur historische Begründung als Quelle für Recht und Gesetz gelten lassen will. Diesen Grundsätzen getreu, nahm er das ihm nach Abel’s Entlassung und Schrenck’s freiwilligem Rücktritt angebotene Portefeuille des Cultusministeriums nicht an (Februar 1847). Nichts kann den plötzlichen Umschwung in den bairischen Regierungskreisen, der durch das Wühlen und Drängen der Gunstdame Lola Montez im Zusammenhang mit der in allen Staaten Deutschlands immer stürmischer hervortretenden Umsturzbewegung erfolgt war, deutlicher charakterisiren, als daß nur vier Monate nach jener Berufung ins Ministerium plötzlich die Enthebung Freybergs von allen Aemtern und Würden decretirt wurde. Nur die Leitung der Herausgabe der „Regesta boica“ blieb ihm übertragen (Bd. V-XI sind von ihm herausgegeben). Die letzten Lebensjahre verbrachte er theils in München, theils auf dem Gut Jetzendorf. Nach kurzer Krankheit starb er am 21. Januar 1851 in München.
- Personalien im allg. Reichsarchiv und im Kreisarchiv München. – Höfler, M. P. Frhr. v. F.-E., 1852.