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Artikel „Fransecky, Eduard von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 712–716, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fransecky,_Eduard_von&oldid=- (Version vom 14. Dezember 2024, 16:33 Uhr UTC)
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Fransecky: Eduard Friedrich von F., königlich preußischer General der Infanterie, wurde am 16. November 1807 zu Gedern in der Wetterau geboren, wo sein Vater, der als Capitän im preußischen Dragonerregimente Wobeser am 28. October 1806 bei Prenzlau Kriegsgefangener geworden war, in der Nähe seiner Schwiegereltern (Canzleidirector v. Preuschen in Friedberg) wohnte. Die ersten Lebensjahre verbrachte Eduard v. F. in Havelberg und Sandau an der Elbe, den dem auf Wartegeld stehenden Vater angewiesenen Wohnsitzen, dann, nachdem dieser als Gendarmerieofficier wieder angestellt war, seit 1813 in Liebenwalde und in Bernau in der Mark. In ärmlichen Verhältnissen [713] wuchs er hier auf, aber schon am 1. November 1818 wurde er in das Cadettenhaus zu Potsdam aufgenommen, im August 1821 kam er in das Berliner, am 8. April 1825 wurde er Secondlieutenant im 16. Infanterieregimente, welches in Düsseldorf und Jülich stand. Er hatte für seine Bildung einen guten Grund gelegt, den er sich vornahm zu entwickeln und zu pflegen. Er hatte den festen Vorsatz, „ein guter Offizier zu werden“. Daneben aber besaß er Sinn für Wissenschaft und Kunst; der Aufenthalt in Düsseldorf brachte ihn in nahe Beziehungen zu Malern, in deren Fache er selbst Tüchtiges leistete; auch in den Kreisen der höheren Gesellschaft war er gern und viel gesehen. Guten dienstlichen Leistungen, die ihm schon 1827 eine Allerhöchste Belobung für seine Thätigkeit im Schulunterrichte eingetragen hatten, verdankte er im J. 1828 die Ernennung zum Bataillons-, 1829 die zum Regimentsadjutanten und damit eine Verbesserung seines schmalen, dieser sehr bedürftigen Einkommens; die Hoffnung, durch die Zugehörigkeit des Regiments zu dem 1832/33 aus Anlaß der belgischen Revolution aufgestellten Beobachtungscorps an der Maas, zu kriegerischer Verwendung zu kommen, ging nicht in Erfüllung. Einen weiteren Schritt vorwärts in seiner Laufbahn machte er durch die am 30. März 1833 erfolgte Commandirung als Adjutant der 13. Division zu Münster. Hier erschien die „Geschichte des 16. Infanterieregiments“ (Münster 1834), an der er schon in Düsseldorf gearbeitet hatte, ein gediegenes, aber damals wenig beachtetes Buch, welches in der 1881 herausgegebenen Regimentsgeschichte unverändert abgedruckt ist. Auch betheiligte er sich als Mitarbeiter an militärischen Zeitschriften und veröffentlichte 1840 eine Flugschrift über Soldatenbekleidung und Ausrüstung. Am 11. December 1836 verheiratete er sich zu Schloß Liebeneck am Rhein mit einer entfernten Verwandten, einem Fräulein von Preuschen. Am 30. Januar 1841 erfolgte seine Beförderung zum Premierlieutenant, am 31. März 1843 wurde er zum Generalstabe nach Berlin commandirt und am 8. April 1844 als Hauptmann in diesen versetzt.

So traf ihn das Jahr 1848. Seine Thätigkeit im Generalstabe hatte bis dahin meist in kriegsgeschichtlichen Arbeiten, namentlich in Herstellung einer im Militär-Wochenblatte erscheinenden Geschichte des Krieges vom Jahre 1813, bestanden. General v. Wrangel, dessen Adjutant er in Münster gewesen war, bewirkte jetzt, als er den Oberbefehl in den Elbherzogthümern erhielt, daß F. seinem Stabe zugetheilt wurde, und am 23. April traf dieser auf dem Schlachtfelde von Schleswig ein, wo eben der Kampf zu Ende ging. Der fernere Verlauf des Feldzuges bot ihm keine Gelegenheit zur Theilnahme an bedeutenderen Unternehmungen, er hatte aber wenigstens gesehen, wie es im Kriege zugeht.

Als am 26. August jenes Jahres der Waffenstillstand von Malmö abgeschlossen war, kehrte er mit dem zum Oberbefehlshaber in den Marken ernannten Wrangel in die Heimath zurück, zog mit ihm am 10. November in Berlin ein, wurde am 10. April 1849 außer der Reihe zum Major befördert, am nächstfolgenden 15. November als Chef der kriegsgeschichtlichen Abtheilung in den Großen Generalstab und damit in ein Arbeitsfeld zurückversetzt, auf dem er schon erfolgreich thätig gewesen war. In dieser Stellung leitete er auch das Militär-Wochenblatt, in welchem die Mehrzahl seiner Arbeiten, ohne Nennung seines Namens, veröffentlicht wurde; die meisten darunter beschäftigen sich mit dem Feldzuge von 1813 in Deutschland und dem Kampfe gegen Dänemark in den Elbherzogthümern. Seine unten als Quelle genannte Lebensbeschreibung führt sie in einer Anlage sämmtlich auf. Auch fallen in diese Zeit mehrere militärische Sendungen in das Ausland, mit denen er beauftragt wurde, so als Begleiter Wrangel’s zu den österreichischen Manövern in Oberitalien, [714] zu solchen in Rußland, in den Niederlanden, in Belgien und in Frankreich. Seinem Gönner, dem General v. Wrangel, trat er von neuem näher, als er, seit 1854 Oberstlieutenant, im Juli 1855 zum Chef des Generalstabes des von diesem commandirten III. Armeecorps ernannt wurde. Am 10. December 1857 kehrte er nach fast dreißigjähriger Verwendung in der Adjutantur und im Generalstabe als Commandeur des 31. Infanterieregiments zu Erfurt in den Frontdienst zurück, dessen er sich, seit 1858 Oberst, mit ebenso großem Eifer wie Erfolge annahm, bis er zu Anfang Januar 1860 in das Kriegsministerium berufen wurde, wo damals die Frage der Neugestaltung des Heeres nach den Absichten des Prinzregenten auf der Tagesordnung stand. Aber er blieb hier nur wenige Wochen. Denn schon im März folgte er der auf ihn gefallenen Wahl zum Commandeur der Oldenburgisch-Hanseatischen Brigade in Oldenburg. Zu diesem Zwecke erhielt er den Abschied aus preußischen Diensten und hat die Stellung länger als drei Jahre innegehabt. Das Material, welches er vorfand, war fast ausnahmslos vorzüglich, aber der Truppe fehlte die Schulung. In wie hohem Grade ihm gelang sie ihr zu geben, haben die Regimenter in den nachfolgenden Kriegen gezeigt. Ende 1864 wäre er in Preußen zur Beförderung zum Divisionscommandeur an der Reihe gewesen. Da machte er von dem bei seinem Austritte aus dem dortigen Dienste ihm vorbehaltenen Rechte Gebrauch, zurückkehren zu dürfen. Er bat um Wiederanstellung und wurde am 11. November 1864 zum Commandeur der 7. Division in Magdeburg ernannt. Seit dem 18. October 1861 war er Generalmajor, am 18. Juni 1865 wurde er Generallieutenant.

Als Commandeur der 7. Infanteriedivision rückte er im Jahre 1866 zum Kampfe gegen Oesterreich auf den böhmischen Kriegsschauplatz. Da das IV. Armeecorps, zu welchem seine Division gehörte, keinen commandirenden General hatte, war er unmittelbar dem Oberbefehlshaber der III. Armee, dem Prinzen Friedrich Karl von Preußen, unterstellt. Das Gefecht von Münchengrätz am 28. Juni eröffnete die Siegeslaufbahn, welche die Division bis nach Ungarn hinein beschritt. In diesen ersten Kampf, bei welchem es sich für den Feind um den Abzug handelte, griff F. durch seinen Angriff auf den für ganze Abteilungen als unersteiglich angesehenen Muskyberg erfolgreich ein; bei dem weiteren Vorrücken der Armee trat er durch geschickte Verwendung seiner Cavallerie im Aufklärungsdienste hervor, und am 3. Juli war es seine Division, welcher hauptsächlich das Verdienst gebührt, durch standhaftes Festhalten des Swipwaldes den Sieg von Königgrätz ermöglicht zu haben; am 22. Juli führte er den Oberbefehl im Treffen von Blumenau, welches Preßburg vor Beendigung der Feindseligkeiten in preußischen Besitz bringen sollte, aber nicht zu vollständiger Durchführung gelangte, weil verabredetermaßen um die Mittagstunde Waffenstillstand eintrat. Das für F. in Anspruch genommene Verdienst, den Angriffsplan entworfen zu haben, gebührt nicht ihm, sondern seinem Unterführer Bose (A. D. B. XLVII, 135), die Verzögerung im Anmarsche war durch mancherlei Zwischenfälle verschuldet, der Endausgang des Unternehmens wäre unter allen Umständen zweifelhaft gewesen.

Nach Friedensschlusse kehrte F. in seine frühere Stellung nach Magdeburg zurück. Neben ihrer Wahrnehmung war er zur Mitwirkung bei der Umbildung der königlich sächsischen Truppen zu einem Gliede der Armee des Norddeutschen Bundes nach preußischem Muster berufen und mehrfach zu diesen entsendet. Die dabei von ihm entwickelte Thätigkeit fand allseitige Anerkennung. Der Befehl zur Mobilmachung für den Krieg gegen Frankreich traf ihn in Karlsbad, wo er Abhülfe für gichtische Beschwerden suchte. Fünf Tage vorher, am 11. Juli, war er an des Kronprinzen Friedrich Wilhelm Stelle zum commandirenden [715] General des II. Armeecorps ernannt worden, am 26. dieses Monats folgte seine Beförderung zum General der Infanterie. Das Corps sammelte sich bei Berlin und wurde hier zurückgehalten, weil zunächst das Verhältniß zu Oesterreich wie das zu Dänemark der Klärung bedurften und noch nicht sicher war, ob es auf dem Kriegsschauplatze in Frankreich oder anderswo Verwendung finden würde. Erst am 7. August konnte F. dorthin abfahren und, am 10. in Homburg ausgeschifft, gelang es ihm, der II. Armee des Prinzen Friedrich Karl zugetheilt und von dem zielbewußten Drange beseelt, sie sobald als möglich einzuholen, mit Aufbietung aller Kräfte, nach einem Marsche von vier bis fünf Meilen bei glühender Sonnenhitze, am 18. in vierter Nachmittagsstunde die Walstatt zu erreichen, auf welcher die Schlacht von Gravelotte-Saint Privat tobte. Dort kamen seine Pommern gerade rechtzeitig an, den Kampf um die Hochebene von Gravelotte in einem bis in die Nacht hinein dauernden verlustreichen Gefechte zu Gunsten der eigenen Waffen zu entscheiden. Die nun folgende Einschließung von Metz gab dem II. Armeecorps keine Gelegenheit hervorzutreten, da sich gegen die ihm auf dem linken Moselufer angewiesene Stellung Durchbruchsversuche und sonstige erhebliche Unternehmungen des Feindes nicht richteten; die Uebergabe der Feste brachte ihm die Theilnahme an einer neuen Einschließung, der von Paris. Das Corps wurde der vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen befehligten III. Armee überwiesen, und am 9. November rückte es in die Stellung ein, die es im Osten der Stadt zwischen Marne und Seine einnehmen sollte. Fransecky’s Befürchtung, sich auch hier zu einer bloßen Zuschauerrolle verurtheilt zu sehen, ging nicht in Erfüllung. Vielmehr war ihm beschieden, bei einem Kampfe eine wichtige Rolle zu spielen, die ihm wie seinen Truppen hohen Ruhm eintrug, in der am 2. December gelieferten Schlacht von Champigny. Als ein am 29. November eingeleiteter Durchbruchsversuch der Franzosen größere Abmessungen annahm, wurde am 1. December der Oberbefehl in dem Geländeabschnitte zwischen jenen beiden Flüssen übertragen; außer Preußen traten Sachsen und Württemberger unter sein Commando, er selbst war dem Obercommando der Maasarmee unterstellt, welches Kronprinz Albert von Sachsen führte. Dieser befahl, am 2. December dem Feinde das von ihm an den letztvorangegangenen Tagen gewonnene Gelände, namentlich die Dörfer Bry und Champigny, wiederzunehmen. Um den Besitz dieser beiden Punkte drehte sich der zehnstündige Kampf des kurzen Wintertages. Er hatte freilich nicht vollständig zum Ziele geführt, aber mittelbar die Wirkung gehabt, daß der Feind das umstrittene Gelände in den nächsten Tagen freiwillig aufgab, und hatte den betheiligten Truppen wie ihrem Führer verdiente Anerkennung eingetragen. In noch höherem Grade wurde diese den Leistungen beider im Schlußabschnitte des ganzen Krieges, dem Jurafeldzuge, gezollt. Am 2. Januar 1871 brach das II. Armeecorps von Paris auf, um unter dem Oberbefehle des Generals Freiherrn v. Manteuffel im Vereine mit dem VII. und XIV. Armeecorps dem von Süden gegen die deutschen rückwärtigen Verbindungen anrückenden Bourbaki entgegenzutreten. Am 17. traten Fransecky’s Truppen in der Côte d’Or zuerst mit dem Feinde in Berührung, am 30. kam er im Jura selbst ins Gefecht. Der Oberbefehlshaber hatte ein gemeinsames Vorgehen seiner Truppen auf Pontarlier angeordnet, wo die an Bourbaki’s Stelle von General Clinchant commandirte Hauptmasse der Franzosen stand. F. bahnte sich an diesem Tage den Weg dahin durch ein siegreiches Gefecht bei Frasnes, und am 1. Februar trieb er, bei Pontarlier entschlossen angreifend, den noch auf eigenem Boden befindlichen Rest des feindlichen Heeres über die Grenze auf schweizerisches Gebiet. Die nun folgende Zeit der Ruhe verlebte [716] er in Dôle. Wie im J. 1866 bei Blumenau hatte er auch in Frankreich, abgesehen vom Kampfe um Belfort, die letzten Schüsse mit dem Feinde gewechselt; sein Drang nach vorwärts führte ihn allemal, wenn er auch rückwärts stand, in die vorderste Reihe. Die höchsten Auszeichnungen, die ihm zu Theil werden konnten, erkannten sein Verdienst an: das Eiserne Kreuz I. Classe und das Eichenlaub zum Orden Pour le mérite, den er schon 1866 erhalten hatte. Dazu wurde er am Tage des Einzuges der Truppen in Berlin zum Chef des 42. Infanterieregiments ernannt, welches in Frankreich unter ihm gefochten hatte.

Nach Friedensschlusse harrte seiner eine neue Bestimmung. Statt nach Stettin, dem Standorte des Generalcommandos des II. Armeecorps, ging er nach Straßburg. Durch Cabinetsordre vom 20. März 1871 war er zum commandirenden General des neugebildeten XV. Armeecorps ernannt, zu welchem Preußen, Baiern, Sachsen, Württemberger und Braunschweiger in einem das gewöhnliche Maaß eines Armeecorps weit übersteigenden Umfange vereinigt waren. Es galt, aus ihnen, unter schwierigen Verhältnissen, ein harmonisches Ganzes zu schaffen, und zwar in einem eroberten Lande unter einer abgeneigten Bevölkerung, wo es an den meisten für die Ausbildung der Truppen erforderlichen Hülfsmitteln fehlte, wo Festungen gebaut und Unterkunft für die Truppen hergestellt werden mußten. Allen Erwartungen, welche sein Kriegsherr auf Fransecky’s militärische und Verwaltungsfähigkeiten, seine soldatischen und weltmännischen Eigenschaften gegründet hatte, gingen voll in Erfüllung. In die Zeit des Straßburger Aufenthaltes fiel, gelegentlich der Feier von Fransecky’s 50jährigem Dienstjubiläum, am 8. April 1875 die Verleihung des Schwarzen Adlerordens; eines der dortigen Forts (Nr. I), südlich von Wanzenau, zwischen Jll und Rhein gelegen, führt den Namen „Fort Fransecky“. Die Ernennung des Generalfeldmarschalls Freiherrn von Manteuffel zum Statthalter von Elsaß-Lothringen machte Fransecky’s dortiger Wirksamkeit ein Ende. Manteuffel trat gleichzeitig an die Spitze des XV. Armeecorps, und F. wurde am 1. November 1879 zum Gouverneur von Berlin ernannt. Aber nach kurzer Zeit veranlaßte ihn körperliches Leiden, durch die alten gichtischen Beschwerden hervorgerufen, um seine Entlassung aus diesem Verhältnisse und um Versetzung in den Ruhestand zu bitten. Sie wurde am 23. November 1882 bewilligt. Er zog sich nun nach einer 1877 angekauften Besitzung in Erbach am Rhein zurück, zu deren Erwerbe ihm eine nach dem Kriege von 1870/71 erhaltene Dotation die Mittel geboten hatte, und ist am 21. Mai 1890 zu Wiesbaden, wo er einen Winteraufenthalt genommen hatte, gestorben. Da drei Söhne ihm im Tode vorangegangen waren, erlosch mit ihm der Mannesstamm seines Geschlechtes. (Vgl. „Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine“, Juliheft 1902, Berlin, wo auch interessante Streiflichter auf Fransecky’s Persönlichkeit geworfen werden.)

Denkwürdigkeiten des Preußischen Generals der Infanterie Eduard von Fransecky. Herausgegeben und nach anderen Mitteilungen und Quellen ergänzt von Oberstleutnant W. von Bremen. Bielefeld und Leipzig 1901. (Bis zum März 1843 ausführliche Autobiographie, später mehrfach eingehende eigene Aufzeichnungen.)