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Artikel „Bose, Julius von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 135–137, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bose,_Julius_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 00:01 Uhr UTC)
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Bose: Friedrich Julius Wilhelm von B., königlich preußischer General der Infanterie, wurde am 12. September 1809 als der Sohn eines königlich sächsischen Officiers auf der Besitzung Engelsburg bei Sangerhausen geboren und seit seinem zwölften Lebensjahre im großherzoglichen Pagencorps zu Weimar erzogen. Daneben besuchte er das dortige Gymnasium. Es war eine harmonische Ausbildung von Geist und Körper. Am 6. October 1826 trat er als Avantageur beim 26. Infanterieregimente zu Magdeburg in den preußischen Heeresdienst, wurde am 14. März 1829 Officier, besuchte von 1832 bis 1835 die Allgemeine Kriegsschule (jetzt Kriegsakademie) zu Berlin und wurde in letzterem Jahre Bataillonsadjutant. Damit trat er in eine Laufbahn ein, für welche er nach jeder Richtung hin in hohem Grade geeignet war. Zu einer genauen Dienstkenntniß und unermüdlichen Arbeitskraft, großer Ordnungsliebe und Zuverlässigkeit gesellten sich Gewandtheit im Auftreten, ein sicherer Tact und hervorragende Leistungen in körperlichen Fertigkeiten, namentlich im Reiten. Von Stufe zu Stufe aufsteigend blieb er in der Adjutantur, zuletzt beim Generalcommando des IV. Armeecorps zu Magdeburg und seit 1848 Hauptmann, bis zu seiner im Sommer 1852 erfolgenden Ernennung zum Compagniechef in dem ebenda garnisonirenden 27. Infanterieregimente. Aber schon ein Jahr darauf verließ er von neuem den Frontdienst um als Major in den Generalstab zu treten. Zunächst beim Divisionscommando [136] zu Erfurt, dann beim Generalcommando zu Magdeburg, wo er demnächst als Nachfolger Moltke’s Chef des Generalstabes wurde. Nachdem er sodann seit Frühjahr 1860 an der Spitze des Hohenzollern’schen Füsilierregiments Nr. 40 zu Saarlouis gestanden hatte, wurde er im September 1861 als Chef der Armeeabtheilung in das Kriegsministerium versetzt. Es war die Conflictzeit, und die wichtigste unter den dem Oberst v. B. zufallenden Aufgaben war die Vertheidigung der auf die Neugestaltung des Heeres hinzielenden Absichten König Wilhelm’s I. gegen die Angriffe der Mehrheit des Abgeordnetenhauses. Die Erfüllung dieser Aufgabe ging über seine Kräfte. Er war den Widersachern, welche in den Commissionssitzungen ihm entgegentraten, nicht gewachsen. Es fehlte ihm an Redegewandtheit und an Schlagfertigkeit und auch wol an gründlicher Bildung, um die scharfe Dialektik der gewiegten Parlamentarier zu entkräften. Als eine Erlösung betrachtete er seine im Sommer 1864 verfügte Ernennung zum Commandeur der 15. Infanteriebrigade. Seine neue Bestimmung führte ihn zum zweiten Male nach Erfurt. Hier war er in seinem Elemente. Sein Eifer und seine Strenge im Dienste machten ihn zu einem gefürchteten Vorgesetzten, sodaß man ihn den „General Böse“ nannte, aber seine sonstigen vortrefflichen Eigenschaften, sein Wohlwollen und seine Unparteilichkeit söhnten aus und der Feldzug vom Jahre 1866 bewies, daß er nicht nur verstanden hatte ein tüchtiges Werkzeug zu schaffen, sondern daß er es auch zu gebrauchen wußte.

Im Verbande der 8. Division unter General v. Horn und der I. Armee unter dem Prinzen Friedrich Karl angehörend, leitete General v. B. am 27. Juni auf dem böhmischen Kriegsschauplatze seine Thätigkeit durch rechtzeitiges kräftiges Eingreifen in das anfangs siegreich verlaufende, dann aber eine unglückliche Wendung nehmende Gefecht von Podol und durch die sich dranschließende Wegnahme der Iserbrücken glücklich ein. In der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli mußte er zunächst fünf Stunden ein todbringendes Geschützfeuer im Swipwalde aushalten. Dann betheiligte er sich aus eigenem Antriebe an dem Ausbeuten der gewonnenen Vortheile. Den glänzenden Schlußact seiner Theilnahme an den Ereignissen bildete am 22. Juli seine Thätigkeit im Treffen von Blumenau, wo er durch schwieriges Waldgelände in den Rücken des Feindes dringend, am meisten dazu beitrug, das Unternehmen, welchem zur Mittagsstunde der Beginn des Waffenstillstandes ein Ende machte, für die preußischen Waffen günstig zu gestalten.

Mit dem Orden pour le mérite geschmückt kehrte er heim. Aber nicht in seine alte Garnison. Er wurde an die Spitze der 20. Division des in der neuerworbenen Provinz Hannover errichteten X. Armeecorps gestellt. Wie groß das Vertrauen war, welches seinen militärischen Fähigkeiten entgegengebracht wurde, ist daraus zu ersehen, daß ihm die Leitung einer großen für den Herbst des Jahres 1870 geplanten Reiterübung zugedacht war. Aber es kam anders. Der Ausbruch des Krieges gegen Frankreich veranlaßte seine Berufung als Führer des XI. (Hessisch-Thüringischen) Armeecorps. Wiederum griff er bei einem der Einleitungskämpfe wirksam in das Gefecht ein. Es geschah am 4. August im Treffen von Weißenburg, wo sein Vorgehen gegen die rechte Flanke des Feindes es war, durch welches die Entscheidung vornehmlich herbeigeführt wurde. Zwei Tage darauf, am 6. August, erwarb er sich bei Wörth durch einen auf eigne Verantwortung ausgeführten Angriff des französischen rechten Flügels ein gleichartiges Verdienst, dessen Ergebniß er durch eine energische Verfolgung des geschlagenen Gegners glänzend vervollständigte. Damit fand aber seine Theilnahme am Feldzuge ihren Abschluß. Schwere Verwundung zwang ihn zur Rückkehr nach Hannover. Eine [137] Chassepotkugel, welche in der Hüfte stecken blieb, hatte er nicht beachtet; eine zweite, welche ihm die Ferse des rechten Fußes zerschmetterte, nöthigte ihn nach langem Widerstreben und nachdem der Kampf beendet war, die Walstatt zu verlassen. Erst als die Waffen ruhten, konnte er nach Frankreich zurückkehren. Bis zum 6. April 1880 hat er hinterher noch an der Spitze des XI. Armeecorps gestanden. Als er dann in den Ruhestand trat, fügte Kaiser Wilhelm I. den Auszeichnungen, welche schon vorher die Dienste des Generals anerkannt hatten, der Verleihung beider Classen des Eisernen Kreuzes, des Schwarzen Adlerordens und einer Dotation von 100 000 Thalern, die Verleihung des nach dem Rechte der Erstgeburt zu vererbenden Grafenstandes hinzu. Kaiser Wilhelm II. ehrte Bose’s Andenken, indem er nach dessen Tode dem 31. Infanterieregimente, einem von denen, welche 1866 unter B. gefochten hatten und dessen Chef er seit 1873 gewesen war, für alle Zeiten den Namen Graf Bose beilegte. Auch ein Fort bei Straßburg war nach ihm benannt.

Nach seinem Scheiden aus dem Dienste verlegte B. zunächst seinen Wohnsitz von Kassel nach Magdeburg, siedelte aber zwei Jahre später in einen von ihm erworbenen Besitz zu Hasserode bei Wernigerode über und ist hier, schwachsinnig und körperlich gebrochen, am 22. Juli 1894 gestorben.

O. Herrmann, Julius von Bose. Berlin 1898.