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Artikel „Folz, Hans“ von Karl Bartsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 151–153, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Folz,_Hans&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 21:23 Uhr UTC)
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Folz: Hans F., Dichter des 15. Jahrhunderts; zu Worms geboren, lebte und dichtete er in Nürnberg etwa von 1470 bis nach 1490. Er war seines Zeichens Barbier, was in damaliger Zeit so viel wie Wundarzt besagte. Wahrscheinlich besaß er eine Druckerei, in der er selbst seine Sachen druckte; am Schlusse des Spruchs von einem griechischen Arzt steht: „gedruckt von Hansen Folzen, Barwirer zu Nurmberg“. Daß er im Alter noch evangelisch geworden, ist eine unverbürgte Nachricht; wir wissen nicht einmal, ob er die Reformation noch erlebt hat. Seine Dichtungen zerfallen in Meistergesänge, Spruchgedichte und Fastnachtspiele. Die Zahl der erhaltenen Meistergesänge ist nicht groß, sie sind sämmtlich in den Tönen älterer Meister gedichtet. Die ihm von Wagenseil beigelegten, von ihm erfundenen Töne, wie die zehnreimige Feilweise, der achtzehnreimige Baumton, sind aus den Handschriften und alten Drucken nicht belegt. Bei den Meistersängern späterer Zeit stand er in hohem Ansehen: Hans Sachs und Wagenseil rechnen ihn zu den 12 alten großen Meistern. Eins seiner Lieder ist ein Preis des Meistergesanges und ein Anruf des Dichters an die werthen Sänger, seine Grobheit zu entschuldigen und ihn als Schüler aufzunehmen, also wohl aus seiner frühesten Zeit. Ein anderes streift in das Gebiet des Schwankes und erzählt von einer Frau, die ihren zweiten Mann begräbt und die Träger bittet, nicht bei einem gewissen Baume auszuruhen, bei welchem [152] ihr erster Mann vom Tode erwacht sei. Die Spruchgedichte haben sämmtlich die altüberlieferte Form der Reimpaare, nach Silben gezählt, dieselbe Form, die auch die Fastnachtspiele tragen. Sein Versbau ist weniger roh als der seines Vorgängers Rosenplüt und seine Reime etwas besser. Die Einkleidung der Sprüche ist sehr häufig die, daß erzählend angefangen und dann in Gespräch übergegangen wird. Die behandelten Gegenstände gehören mehr dem Privatleben als dem öffentlichen Leben an. Mehrere derselben sind von besonderem culturhistorischem Interesse: so sein „Confectbuch“, eine Beschreibung von zwölf Spezereien; sodann die Beschreibung von verschiedenen Heilquellen (Wildbädern); das Gedicht von allem Hausrath, das ein anschauliches Bild der bürgerlichen Hauseinrichtung gibt. Historische Gegenstände hat er nur selten behandelt: so die Collation Maximilians (1491), worin die bei Gelegenheit des in Nürnberg gehaltenen Reichstages veranstalteten Festlichkeiten geschildert sind, im Stile der Pritschenmeister; kaum gehört hieher der Spruch vom Ursprung des römischen Reiches (1480). Geistliche und biblische Gegenstände finden sich gleichfalls nicht häufig: so in der „Buße Adams und Eva’s“ (1480), in dem „Beichtspiegel“ (1473), worin die Beichte ernst und würdig behandelt ist, während in der „gedichten Beicht“ die Parodie herrscht, indem der Beichtende den Beichtiger durch Zweideutigkeiten äfft. Auch in dem Gespräche zwischen „Freiheit und Pfaffen“ herrscht dieser parodistische Ton über die Beichte. Das Kampfgespräch mit einem Juden (1479) handelt von den Vorzügen des Christenthums vor dem Judenthum. In Sprüchen wie in Schwänken liebt es F. verschiedene Stände zu charakterisiren; meistens in derb verhöhnender Weise. So enthalten der Spruch von einem griechischen Arzt und die erste Ausfahrt eines Arztes eine Verhöhnung der Quacksalberei, die er aus seinem eigenen Handwerke wohl kannte. In andern Sprüchen und Schwänken wird der sehnsüchtige Liebhaber, der Trunkenbold, der Spieler verspottet und charakterisirt, mit besonderer Vorliebe die Frauen. Bei allem Zotenhaften macht sich aber nicht selten auch ein sittlicher Ernst bemerkbar, der zu jenen Zoten einen seltsamen Gegensatz bildet. Eine Anzahl kleinerer Gedichte führt den Namen „Klopfan“; es sind Neujahrsgrüße, in denen der Dichter Leute aus verschiedenen Ständen und von verschiedenem Charakter zum Anklopfen einladet, worauf er ihnen in seiner derben Weise Bescheid gibt. Auch Räthsel hat F. gedichtet: eins vom Kapaun, das parodirend an Christi Leben anknüpft. Seine Schwänke sind sehr derb und schmutzig; sie behandeln vielfach Gegenstände, die schon in älteren Bearbeitungen bekannt sind und bei denen wir die fortschreitende Roheit des Geschmacks und der Sitten beobachten können. So „Die halbe Birne“, „Der Juden Messias“, „Von drei Weibern, die einen Borten fanden“ etc. In der Mitte zwischen Spruch und Drama steht der „Kargenspiegel“ (1480), ein Gespräch zwischen einem Reichen und einem Armen. Die Fastnachtspiele endlich, deren ihm mit Sicherheit sieben beigelegt werden dürfen, sind ebenfalls von der größten Derbheit und voll von Zoten und Unflat. Ein Lieblingsthema von F. ist die Verspottung des Bauernstandes: damit haben es die Stücke Nr. 7, 43, 112 in Keller’s Sammlung zu thun. In einem andern „Von der alten und neuen ee“ ist es wieder der Gegensatz zwischen Judenthum und Christenthum und es tritt darin der Judenhaß des Dichters in der ganzen Bornirtheit des Mittelalters zu Tage. Ein anderes behandelt das Streitgespräch zwischen Salomo und Marcolf in der größten Derbheit. Im Vergleich mit Rosenplüt zeigen Folz’s Fastnachtspiele einen gewissen Fortschritt und tragen eine schon etwas gebundenere Gestalt. F. ist daher in höherem Grade als Rosenplüt von Einfluß auf H. Sachs gewesen, der im Schwank wie im Fastnachtspiel sich an F. geschult, freilich ihn weit übertroffen hat. Auch die äußere Eigenthümlichkeit haben beide gemein, daß sie am Schluß ihrer Dichtungen sich mit Namen [153] nennen, F. freilich nicht so regelmäßig. Das Eigenthumsrecht muß von der Kritik bei den keinen Namen tragenden Gedichten noch festgestellt werden.

Vgl. insbesondere Keller’s Fastnachtspiele 3. Band, Stuttgart 1853, und Nachlese dazu 1858. Goedeke’s Grundriß S. 99 ff.; Zeitschrift für deutsches Alterthum 8, 507 ff.; 537 ff.