ADB:Feuerbach, Anselm von (Archäologe)

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Feuerbach, Anselm“ von Conrad Bursian in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 745–747, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Feuerbach,_Anselm_von_(Arch%C3%A4ologe)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 05:10 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Feuerbach, Karl
Band 6 (1877), S. 745–747 (Quelle).
Joseph Anselm Feuerbach bei Wikisource
Joseph Anselm Feuerbach in der Wikipedia
Joseph Anselm Feuerbach in Wikidata
GND-Nummer 100132170
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|745|747|Feuerbach, Anselm|Conrad Bursian|ADB:Feuerbach, Anselm von (Archäologe)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100132170}}    

Feuerbach: Joseph Anselm F., Philolog und Archäolog, der älteste Sohn des berühmten Juristen Paul Joh. Anselm F., war in Jena den 9. Septbr. 1798 geboren. Seine frühesten Kinderjahre verlebte er in Jena, Kiel und Landshut, die Knabenjahre in München, wo er im Hollandschen Institut den [746] ersten Unterricht genoß; 1814 bezog er das Gymnasium in Bamberg, im Frühjahr 1817 die Universität Erlangen, wo er im ersten Semester allgemeine historisch-philosophische Studien trieb, im zweiten, hauptsächlich durch den Einfluß Johann Arnold Kanne’s, dessen durchaus mystische Richtung den von Natur phantastischen und zu Excentricitäten angelegten Jüngling besonders anzog, sich der Theologie zuwandte. Gewaltsame innere Aufregungen und Gemüthskämpfe, zu denen noch übermäßige körperliche Anstrengungen hinzukamen, zogen ihm eine gefährliche Krankheit zu, nach deren glücklichem Verlauf ihm eine Schwermuth und geistige Dumpfheit zurückblieb, die ihn zu jeder Thätigkeit unfähig machte. Erst im Winter 1819–20 begann eine Besserung in diesem Zustande einzutreten, hauptsächlich durch den Einfluß der Frau Elisa von der Recke in Dresden, wohin sein Vater ihn zu seiner Erholung gesandt hatte, und des diese umgebenden Kreises von Künstlern und Gelehrten. Nachdem er im Frühjahr 1820 mit dieser edeln Frau und ihrem Freunde Tiedge einige Wochen in Karlsbad, dann auf dem Landsitze der Herzogin Dorothea von Kurland, der Schwester der Frau von der Recke, zu Löbichau im Altenburgischen, zugebracht hatte, war er soweit wieder genesen, daß er im Herbst 1820 die Universität Heidelberg beziehen konnte, wo er hauptsächlich unter Creuzer’s und Schlosser’s Leitung, auch in persönlichem Verkehr mit Joh. H. Voß, philologische und archäologische Studien trieb. Herbst 1822–23 fungirte er in Stellvertretung für einen erkrankten Freund als provisorischer Lehrer am Lyceum in Ansbach und kehrte dann zur Vollendung seiner Studien nach Heidelberg zurück, wo er aber bald von einer nervösen Ueberreizung ergriffen wurde, von welcher er im Hause seines Großvaters in Frankfurt Heilung suchte. Nachdem er im Sommer 1824 die philologische Staatsprüfung in München mit Auszeichnung bestanden, wurde er 1825 als Lehrer am Gymnasium zu Speyer angestellt, wo er sich bald durch die geistvolle und beredte Art seines Vortrages die Liebe und Verehrung seiner Schüler im höchsten Maße erwarb. Hier genoß er, seit 1826 mit einer liebenswürdigen und innig geliebten Gattin verbunden, einige Jahre reinen, nur hie und da durch Anfälle von Reizbarkeit und Schwermuth getrübten Glückes, dem aber der frühe Tod seiner Gattin (1. März 1830) ein jähes Ende machte. In diese glücklichen Jahre fällt die Ausarbeitung der einzigen größeren Schrift Feuerbach’s, die zuerst als Abhandlung im Programm des Gymnasiums zu Speyer vom J. 1828, dann in erweiterter Gestalt als selbständiges Werk unter dem Titel „Der vaticanische Apollo. Eine Reihe archäologisch-ästhetischer Betrachtungen“ (Nürnberg 1833; 2. Aufl. Stuttgart 1855) erschien. Ist auch die Ansicht Feuerbach’s über die Bedeutung und Ergänzung der berühmten Statue, welche den Ausgangspunkt seiner Betrachtungen bildet, durch neuere Forschungen und Entdeckungen als unrichtig erwiesen worden, so hat die Schrift doch durch die Tiefe und Feinheit der poetischen und künstlerischen Auffassung der antiken Kunstwerke einen bleibenden Werth, der auch bald nach ihrem Erscheinen von allen Seiten freudig anerkannt wurde. Ein praktischer Ausdruck dieser Anerkennung war der Ruf, welchen F. im Sommer 1836 als Professor der Philologie und Alterthumskunde an die Universität Freiburg erhielt. Hier entwickelte er mehrere Jahre hindurch eine nur durch eine wissenschaftliche Reise nach Italien (August 1839 bis Mai 1840) unterbrochene eifrige und erfolgreiche Thätigkeit als akademischer Lehrer, die nur bisweilen durch die krankhafte Reizbarkeit seiner Nerven gestört wurde. Diese Reizbarkeit wuchs besonders seit dem Ende des J. 1846, nachdem seine Hoffnung, als Nachfolger Creuzer’s den Lehrstuhl der Archäologie an der Universität Heidelberg zu erhalten, gescheitert war, immer mehr und steigerte sich allmählich zu völliger Zerrüttung des Nervensystems. Im Winter 1850–51 bildete sich Herzwassersucht aus; endlich erlöste ihn am 7. Sept. 1851 der Tod [747] von seinen langen körperlichen und geistigen Leiden. Aus seinem Nachlaß hat seine zweite Gattin, Henriette geb. Heidenreich, nebst einer Darstellung seines Lebensganges, der wir im wesentlichen in dieser unserer Skizze gefolgt sind, seine an feinen Beobachtungen reichen Briefe von der italienischen Reise und ausgewählte Gedichte, sein Freund H. Hettner eine größtenteils den Heften, die der Verstorbene seinen archäologischen Vorlesungen zu Grunde legte, entnommene „Geschichte der griechischen Plastik“ und eine Reihe der Mehrzahl nach schon früher gedruckter kleinerer kunstgeschichtlicher Abhandlungen („Zur Erklärung und Geschichte antiker Marmorwerke“; „Zur Erklärung griechischer Vasen- und etruskischer Spiegelbilder“; „Ueber ein Grab bei Chiusi“; „Ueber die von Creuzer herausgegebenen Marburger Gemmen“; „De Promethei Aeschylei consilio atque indole“) veröffentlicht, unter dem Titel „Nachgelassene Schriften von A. F.“, 4 Bände. Braunschweig 1853.