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Artikel „Faustner, Leonhard“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 504–505, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Faustner,_Leonhard&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 04:09 Uhr UTC)
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Faustner: Leonhard F., Glas- und Architekturmaler (geb. am 16. Febr. 1815 zu München, † am 1. April 1884 ebendaselbst), war als der Sohn eines Sattlermeisters, der bei den Königen Max I. und Ludwig I. in Diensten stand, erst zum Handwerk des Vaters bestimmt, zeigte aber eine solche Abneigung dagegen und eine Vorliebe zur Kunst, daß die Eltern nicht umhin konnten, ein Gutachten über die Veranlagung des Knaben bei dem damaligen Professor Mitterer (vgl. A. D. B. 1885. XXII, 23 ff.) einzuholen. Der Junge ließ sich durch das ungünstige Ergebniß dieser Prüfung nicht abweisen und erreichte bald darauf doch seine Aufnahme in die Akademie. Um indessen seinen Unterhalt zu erwerben, begab er sich in das Atelier des Glasmalers Wilhelm Voertl[1] (1793–1844), welcher damals für Sulpiz Boisserée allerlei Versuche und Copien fertigte. Von da kam F. als Maler in die kgl. Porzellanmanufactur, welche in dem heute zum „Bazar Schüssel“ erweiterten Gebäude ihre Ateliers und Niederlage hatte. Hier stand die Wiege der alsbald so weltbekannt gewordenen Münchener Glasmalerei, aus welcher Ainmiller’s Name zur höchsten Geltung gelangte. F., welcher bald fühlte, daß man hier ohne chemische Kenntnisse nicht vorwärts komme, suchte diesem Mangel durch Besuch der Vorträge des Professor Dr. Cajetan v. Kaiser (1803–71) zu steuern und zwar mit solchem Erfolge, daß ihm die Stelle als Techniker an besagter Anstalt übertragen wurde. In dieser Eigenschaft traf er viele Verbesserungen in Bezug auf das Einbrennen der Farben – wobei F. statt der herkömmlichen Kohle eine Ofenheizung mit Holz einführte – und die Farbglasfabrikation, wozu er in der Glashütte zu Wolfrathshausen experimentirte. In der Folge bethätigte sich F. als Maler an allen den großen Fenstern, welche unter Ainmiller’s Leitung aus der Kgl. Glasmalereianstalt hervorgingen, und den berühmtesten Kirchen in Deutschland, Frankreich, England und Amerika zum bleibenden Schmucke dienen. – Seine eigenen Leistungen waren die Blumenfenster für die „Wilhelma“ bei Stuttgart (1853), wozu F. die botanischen Studien vorerst in Oel malte. Die (freilich nur decorative) Wirkung war eine außerordentliche: Unten am Boden wiegen Päonien ihre purpurnen Häupter, Schwertlilien prangen daneben mit ihren sammetnen Blättern und Schlinggewächse ranken darüber empor in die höchsten Räume der Fenster. – Nach Ainmiller’s Ableben († am 8. December 1870) trat F. als provisorischer Vorstand an die Spitze der Anstalt, vollendete die angefangenen Arbeiten und übernahm, da 1874 infolge eines seltsamen Kammerbeschlusses die kgl. baier. Glasmalerei (gleichzeitig mit der ebenso rentabeln kgl. Erzgießerei und der Nymphenburger Porzellanmanufactur) aus Ersparnißgründen als Staatsanstalt aufgegeben wurde, auf eigene Rechnung eine lange Reihe von Fensterbildern, von denen wir beispielsweise nur die nach Landshut (S. Jodok), London (Paulskirche) und Glasgow, nach Oxford und Köln gelieferten erwähnen. Die Cartons zeichneten Rothbart, Forstner, Sagstätter und Andere; F. behielt sich die dazu gehörigen Ornamente und Tapetenmuster vor, wobei der in allen Stilarten gewandte Mann eine ganz originelle Phantasie und Begabung bewährte. Den Schluß dieser Unternehmungen bildete das [505] große Fenster, welches die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft mit einer Darstellung des „ersten Concils zu Jerusalem“ in den Kölner Dom stiftete; dasselbe wurde in zweijähriger Arbeitszeit von 1877–79 ausgeführt und vollendet. – Außer der Schmelzmalerei, welche freilich den größten Theil von Faustner’s Thätigkeit in Anspruch nahm, betrieb der Künstler auch die religiöse Historie (ein köstliches, ganz im Sinne des Wilhelm von Köln gehaltenes Altarbild befindet sich in der kleinen Kirche zu Ambach am Starnbergersee) und mit besonderer Vorliebe die Landschaft und nach Ainmiller’s Vorgang auch die Architekturmalerei, wobei ihn der Wetteifer mit A. v. Bayer (1804 bis 1875) und Ferdinand Petzl (1819–1899) in das Innere von Klöstern, Kreuzgängen und Kirchen führte (eine Innenansicht der alten Münchener Frauenkirche [1853] kam aus dem Nachlaß des Königs Otto von Griechenland 1878 in die Neue Pinakothek). Der Münchener Kunstverein erwarb manch Oelbild dieser Art, ebenso von Faustner’s Landschaften, wozu ihm der Hofmaler Moritz Eduard Lotze (1809–1890) die erste Anleitung gab. Eine große, an Heinrich Heinlein’s (1803–1885) ideale Composition erinnernde Landschaft erschien 1854 auf der Münchener Kunstausstellung; eine ernste „Waldlandschaft mit alten Eichen“ radirte F. Würthle. Sein Sohn, Luitpold Faustner (geboren am 10. Juli 1845), trat mit glücklichem Erfolge in diese Richtung seines Vaters. – Auch mit kunstgewerblichen Entwürfen bethätigte sich F., doch wurde hievon nur Weniges und nicht gerade das Beste, für Schlosserarbeiten, Beschläge und Steinkrugverzierungen im XXI. und XXIII. Bd. der „Zeitschrift des Münchener Kunstgewerbevereins“ (1871 und 1873) reproducirt. F. hinterließ 36 Blätter mit vielen Projecten zu Uhren, Spiegeln, Gasarmen (mit Drachen und Schlangen), Teppichen, Alphabeten und allerlei anderem Hausrathbedarf, welche der fleißige Mann meist in den Morgenstunden, insbesondere während des Jahres 1876, ehe er an die oft sehr beschwerliche Arbeit des Tages ging, in stiller Freude und sorgsamer Ausführung zu Papier brachte. Hier machen sich besonders die rein ornamentalen und architektonischen, streng logisch fugirten Erfindungen bemerkbar, während der figürliche Theil nie seine besondere Stärke bildete. Diese Arbeiten Faustner’s besaßen „außer wohlthuender Frische und Lebendigkeit, schönem Aufbau und klarer, organischer Entwicklung der einzelnen Theile noch den Vorzug: man sieht, daß der Künstler ein bestimmtes Material für die Ausführung in Aussicht nahm und die ganze Fülle technischer Erfahrungen besaß, welche nothwendig sind, um kunstgewerbliche Entwürfe mit bestem Erfolge herzustellen“.

Vgl. Lützow’s Zeitschrift, 1874. IX, 610. – Nekrologe in Beilage 204 d. Allgem. Ztg. v. 24. Juli 1884. – Lützow’s Zeitschrift, 1884. XIX, 484. – Münchener Kunstvereins-Bericht für 1884, S. 73. – Singer, 1895. I, 425. – Fr. v. Bötticher, Malerwerke, 1895. I, 288.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. Faustner, Leonh. XLVIII 504 Z. 19 v. o. l.: Vörtel (statt Voertl). [Bd. 56, S. 396]