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Artikel „Mitterer, Hermann Joseph“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 23–25, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mitterer,_Hermann_Joseph&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 17:15 Uhr UTC)
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Mitterer: Herrmann Joseph M., ein um den öffentlichen Unterricht und die erste Pflege der Lithographie zu München hochverdienter Mann, wurde am 8. October 1764 als der Sohn eines Krämers zu Osterhofen (in Niederbaiern) geboren, kam als Singknabe in das Kloster Farnbach, dann nach Passau und 1782 nach München, wo er, mit den mißlichsten Verhältnissen kämpfend [24] 1784 das Gymnasium absolvirte. Anfänglich zur Theologie bestimmt, neigte er ebenso zur Heilkunde, wie zur bildenden Kunst, studirte mit Fleiß und Eifer Mathematik und Physik, machte auch in der Zeichnung und Malerkunst die raschesten Fortschritte, fühlte sich aber dabei mehr für die Kunst berufen, als zur Theologie und ergriff schließlich ganz das Fach der Architectur und Kunst-Technik. In Folge davon erhielt M. 1791 die Stelle als Zeichnungslehrer am Gymnasium zu München mit einem Jahresgehalte von 150 Gulden, wovon jedoch der edle junge Mann zwei Drittel der armen Wittwe seines Vorgängers Joseph Ott überließ. Mit großem organisatorischen Talent begabt, errichtete M. schon im nächsten Jahre mit Genehmigung des kurfürstl. bair. geheimen Schulcuratels eine Feiertagsschule für Künster und Handwerker, wofür der unermüdlich eifrige Mann, welcher bald über 800, dann 1000 Schüler zählte, 1797 die größere magistratische Ehrenmedaille erhielt. Seit 1803 unterrichtete er auch die Bauhandwerker im Zeichnen und gründete eine Modellirschule. Da es an Zeichnungsvorlagen fehlte, so versprach M. das nöthige Material zugleich für alle baierischen Schulen zu bearbeiten, wenn das Kgl. Generalcommissariat das Arcanum der Lithographie zur Schule ankaufen würde, was 1808 auch geschah. Die Lithographie war damals noch in ihrer Kindheit; ganz schwach und unmündig erhielt die Schulcommission dieses neue Geschöpf aus den Händen ihrer Erfinder, welche es anfangs nur zum Copiren für Musiknoten benützten. Weder Kreide- noch Tintenrecepte waren zuverlässig und hinreichend, um Kunstarbeiten damit zu fertigen. Nach langem Experimentiren fand M. eine Mischung der Ingredienzen, so daß damit auch Baupläne und freie Handzeichnungen auf Stein gebracht und scharf und rein abgedruckt werden konnten. M. war es, welcher die Lithographie nach Ueberwindung von zahllosen chemischen und mechanischen Hindernissen zu dem hohen Grade der Vollkommenheit brachte, daß man damit alle Kunstartikel der technischen und freien Handzeichnung, ja selbst Portraits auf Stein zeichnen und mustergiltige Abdrücke machen konnte. So begründete M. die erste lithographische Kunstanstalt, welche er 1815 als sein Eigenthum an sich kaufte. Aus dieser gingen viele Arbeiten und Werke hervor, darunter die „Flora Monacensis“ nach der Natur gezeichnet von Joh. Nep. Mayrhofen (Blumenmaler und Lithograph, geb. 1764 zu Oberneukirchen in Oesterreich, † 1832 zu München), mit lat. und deutschem Text von Franz P. von Schranck (München 1811–18 4 Bände Fol.); die 130 nach der Natur gezeichneten „Säugethiere“ von Mich. Schmid (mit Text von Joh. Karl Schmid), wozu M. die Fische, Insecten, Mollusken und Crustaceen nachtrug. Für den Religions- und Elementarunterricht lieferte M. nach verschiedenen Meistern 36 „Biblische Bilder“, außerdem viele große Blätter nach Raphael und dgl. Außerdem publicirte M. zahlreiche fachwissenschaftliche Werke: eine „Anleitung zum Figuren-, Thier–, Landschaft-, Blumen- und Ornament-Zeichnen“, eine „Geometrie für Künstler und Werkleute“ 1809, eine „Anleitung zur bürgerlichen Baukunst und Bauzeichnung“ mit 20 lithogr. Tafeln, bis 1834 in 4 Auflagen; als Fortsetzung hiervon eine „Zimmerwerkkunst“ in 34 Tafeln, München 1817; eine „Anleitung zur Perspektive“ (mit Joh. M. v. Quaglio); „Anleitung zur Mechanik für praktische Künstler und Werkmeister, mit bes. Rücksicht auf den Mühlenbau“ (München 1822. 4. Aufl. 1859); „Anleitung zur Hydraulik, mit besonderer Hinsicht auf das Brunnenwesen“ (mit 21 Tafeln) 1820; „Anleitung zu Schlosserarbeiten“ und „zur Geometrie für Künstler und Werkleute“, 9. Aufl. 1860. In den Kriegsläuften des Jahres 1808 ff. erhielt M. viele Besuche von Officieren und Generalen der französischen Armee, welche die Anstalt bewundernd besuchten, und, da in Frankreich damals die Lithographie völlig unbekannt war, den Ruhm der baierischen Kunstanstalt nach Paris brachten. Unter den zahlreichen Schülern Mitterer’s verdienen Lorenz Schöpf [25] und Franz Hanfstängl genannt zu werden. M. starb, vielfach ausgezeichnet, auch durch die Ernennung zum Ehrenmitglied der Akademie, zu München am 25. April 1829. Der Bildhauer Peter Schöpf modellirte 1829 eine treffliche, in Marmor und Erzguß ausgeführte Büste. In München trägt seit 1864 eine sehr frequente Straße Mitterer’s Namen.

Vgl. Stuttgarter Kunstblatt 1829 Nr. 46 und 47 S. 183 ff. Kunst-Vereinsbericht für 1829 S. 37. Nagler 1840 X, 324 ff.