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Artikel „Fabricius, Karl Gustav“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 522–523, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fabricius,_Karl_Gustav&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 00:50 Uhr UTC)
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Fabricius: Karl Gustav F., aus einer alten Stralsunder Familie, welche ursprünglich „Schmidt“ geheißen, seit dem 17. Jahrhundert den Namen „Fabricius“ annahm, war ein Sohn des Stralsunder Rathssyndicus Adam F. aus dessen erster Ehe, geb. 1. August 1788. Anfangs unter der Leitung seines Vaters, dann auf dem städtischen Gymnasium gebildet, studirte er seit 1806 in Helmstädt, Göttingen und Greifswald die Rechte und wirkte zuerst von 1809 bis 1820 als praktischer Anwalt in seiner Vaterstadt. Dann seit 1820 Mitglied [523] des Rathes, Director des Stadtgerichts und seit 1842 Bürgermeister, war er für die Interessen der Heimath nicht nur in diesen Aemtern, sondern auch als Landtagsabgeordneter bei den rügisch-pommerschen Ständen, sowie als Mitglied des Herrenhauses thätig, und ward in Anerkennung seiner Verdienste zum Geheimen Regierungsrath ernannt. Eine höhere Bedeutung erlangte er jedoch durch seine historischen Forschungen, welche er in mehreren gedruckten größeren Werken niederlegte und welche bei der 400jährigen Jubelfeier der Universität Greifswald im J. 1856 ihre Anerkennung durch seine Promotion zum Doctor der Rechte erfuhren. Durch das Studium älterer Geschichtsquellen, der Vorarbeiten von Dinnies, und namentlich durch eigene gründliche Forschung in den Originalurkunden und Stadtbüchern von Stralsund, Greifswald, Stettin und anderer Städte, hatte er sich in der Geschichte und im Culturleben, sowie in den Rechts- und Verwaltungsverhältnissen der Stadt Stralsund und des Fürstenthums Rügen (bis zum Aussterben des einheimischen Herrschergeschlechtes mit Wizlaw III., dem Sängerfürsten, im J. 1325) eine Kenntniß und Uebersicht dieses Gebietes erworben, in welcher ihn nur Wenige erreichten. Abgesehen von zwei Studien zur Geschichte der wendischen Ostseeländer, von denen die erste den Congreß zu Helsingborg (Berlin 1856), die zweite die Herzoge von Ostpommern in Danzig (Berlin 1859) behandelt, legte er die Fülle des von ihm gesammelten historischen Materials in zwei Werken nieder: das erste, in den Baltischen Studien, XI. 2. S. 58–90; XII. 2. S. 61–126, unter dem Titel „Stralsund in den Tagen des Rostocker Landfriedens, 1283“ erschienen, gibt eine genaue Uebersicht der städtischen Anlage und ihrer Umgebung, mit den Namen der Straßen und der öffentlichen Gebäude, Kirchen und Klöster, sowie der städtischen Verfassung, der Justiz, des Handels, endlich auch der wichtigsten Namen der Einwohner, nach localer und anderen Beziehungen geordnet. Das zweite größere Werk „Urkunden zur Geschichte des Fürstenthums Rügen unter den eingeborenen Fürsten, mit erläuternden Abhandlungen“ in 4 Bänden. 4. 1841–69 erschienen, enthält eine ausführliche Geschichte des Landes, welcher sämmtliche auf dieselbe bezüglichen Urkunden, mit Regesten, in diplomatisch ausgezeichneter Redaction hinzugefügt sind, während Stammbäume und Abbildungen von Siegeln und Münzen auch in anderer Richtung die historischen Forschungen erläutern. Theil I und II geben die nach nordischen und deutschen Schriftquellen bearbeitete Urgeschichte, und eine sehr gründliche durch eine Karte erläuterte geographische Darstellung des Landes, ebenso genaue Nachrichten über die politische und kirchliche Verfassung und die ältesten Bewohner des Fürstenthums. Theil III enthält die weitere Entwicklung dieser Zustände unter der langen Regierung des Fürsten Wizlaw II., 1260–1302; Theil IV. die Geschichte des letzten, des Sängerfürsten Wizlaw III. (1302–1325), welche durch die zahlreichen unter seine Herrschaft fallenden Kriege einen großen Umfang gewinnt, und denen zugleich Abhandlungen über die inneren Verhältnisse des Landes und namentlich auch der Städte hinzugefügt sind. Bis zum Jahr 1320 hatte der Verfasser die Herausgabe selber geleitet, als ihn ein Schlagfluß am 10. Januar 1864 aus seinem Wirken abrief. Während sein Sohn (geb. 1826) seine praktische Thätigkeit fortsetzte, übernahm sein Neffe Dr. Ferdinand F., ein Sohn des Professors Dr. Karl Ferdinand F. (s. d.), nicht allein die Vollendung des Werkes bis zum Jahr 1325, sondern führte auch die von dem Verstorbenen gegebenen Nachrichten über Stralsund z. Z. d. Rost. Landfriedens, in den Registern zu dem von ihm herausgegebenen ältesten Stralsunder Stadtbuch, 1872, namentlich die Uebersicht der Rechtsgeschäfte S. 264 bis 291, in trefflicher Weise weiter aus.

Zober, Biographie in den Berichten des Strals. litt. ges. Vereins XV. S. 8. – Pyl, Pommersche Geschichtsdenkmäler IV. S. IX.