ADB:Dinnies, Johann Albert
[WS 1] studirte er in Greifswald unter Anleitung Augustins v. Balthasar Jurisprudenz, daneben Philosophie und Geschichte unter Albert Georg v. Schwarz; beide um die heimathliche Geschichtsforschung hochverdiente Männer hatten wie Bartholdi einen wesentlichen Einfluß auf eine gleiche Richtung bei ihrem Schüler. Nachdem er in Göttingen seine juristischen Studien unter Claproth, Böhmer, Gebauer und Schmauß vollendet, seine historischen und namentlich genealogisch-heraldischen Kenntnisse durch Köhler’s Vorträge erweitert und außer der classischen Litteratur auch die französische und englische mit solchem Eifer betrieben hatte, daß er französisch mit Leichtigkeit sprach und größere Werke der beiderseitigen Litteratur zu übersetzen vermochte, kehrte er über Sachsen und Brandenburg in die Heimath zurück, wo ihn eine außerordentlich anstrengende Thätigkeit erwartete. Nach dem frühen Tode seiner Eltern hatte er im 22. Lebensjahre nicht nur die Verwaltung des väterlichen Handelsgeschäftes für sich und drei jüngere Geschwister zu übernehmen, sondern war auch seit 1748 eifrig als Rechtsanwalt beschäftigt, in welcher Stellung er bald einen ausgebreiteten Ruf genoß. Neben dieser praktischen Wirksamkeit widmete er sich jedoch ebenso wie auf der Hochschule der classischen und modernen Litteratur, indem er und gleichgesinnte Freunde mit den geistvollsten jungen Damen einen litterarischen Verein, die sogenannte arkadische Gesellschaft, stifteten, in welcher die Muster der französischen Litteratur, besonders die Tragödien frei in deutscher Mundart nachgebildet wurden. Als sich der Geschmack später von den französischen Vorbildern der geist- und kraftvolleren englischen Litteratur zuwandte, bildete er, dem vorigen Vereine ähnlich, eine englische Gesellschaft, welche bis zum J. 1780 bestand und dann ihre Sammlung englischer Werke der Rathsbibliothek einverleibte. Dinnies’ segensreiche Verwaltung für die Vaterstadt im engeren Sinne begann im J. 1753, als er zum Rathsherrn erwählt wurde. Als solcher war er 1761–64 Beisitzer und Director des Stadt- und Waisengerichts und in gleicher Eigenschaft 13 Jahre bei der Kammer beschäftigt, in welcher Amtsführung er namentlich bei den in der Stadt im J. 1767 ausgebrochenen Unruhen, welche die Niedersetzung einer landesherrlichen Untersuchungscommission zur Folge hatten, seine praktische Erfahrung und Tüchtigkeit zu bewähren Gelegenheit hatte. In Folge dessen 1778 zur Bürgermeisterwürde und 1787 zum Landrathe bei der ständischen Verwaltung erhoben, versah er beide Aemter noch 23 Jahre lang, nicht nur der Rechtspflege und Administration, sondern auch den [243] Kirchen und Schulen, sowie den milden Stiftungen seine fördernde Thätigkeit zuwendend. Während dieser praktischen Thätigkeit war er litterarisch für pommersche, namentlich aber für die Geschichte der Stadt Stralsund thätig, zu welchem Zwecke er außer den Chroniken sämmtliche Urkunden und Archive der Stadt und der wichtigen Klöster und Stiftungen, sowie die Stadt- und Kirchenbücher durchforschte, theils ganz copirte, theils in Regesten und Auszügen excerpirte. Auch erwarb er eine Bibliothek, welche unter allen stralsundischen Privatsammlungen nicht nur die größte, sondern auch die vorzüglichste durch Auswahl wichtiger und kostbarer Werke und Vollständigkeit in allen Fächern war. Außer einem vortrefflichen Gedächtniß und reger Combinationsgabe zeichnete ihn auch die Eigenthümlichkeit aus, daß er, wenn ihm die Pflicht auferlegte, in einem Specialfache zu arbeiten, diese Thätigkeit gewöhnlich zur Bearbeitung des ganzen Faches erweiterte. So ging aus seiner Beschäftigung in der Kammer mit den Gewerksangelegenheiten eine Sammlung aller für die städtischen Gewerbe geltenden Verordnungen, aus dem ihm gewordenen Auftrage, die Geschlechtstafel einer einheimischen Adelsfamilie zu[WS 2] bearbeiten, eine genealogische Stammtafel aller rügisch-pommerschen Geschlechter nebst den dazu gehörigen Nachweisungen und biographischen Notizen hervor. Die Lectüre der von Charisius und Buschmann gesammelten Nachrichten über stralsundische Familien legte den Grund zur Bearbeitung der „Stemmata Sundensia“, welches Werk vollständige biographische Nachrichten und eine Urkundensammlung, im Umfange von acht Quartbänden, aus Stadt- und Kirchenbüchern zusammengetragen, enthält. Ebenso vereinigte er die älteren Diplome der Stadt- und Klosterarchive zu Diplomatarien in 10 Bänden. Auch wurden Copien der wichtigsten Chronicanten, sowie historisch oder praktisch werthvoller Actenstücke unter seiner Leitung und Revision angefertigt; eigenhändig katalogisirte er die Rathsbibliothek, welche schon damals 6600 Werke und 3000 Dissertationen enthielt. Alle diese Werke sind leider nicht durch den Druck veröffentlicht und befinden sich handschriftlich auf der Stralsunder Rathsbibliothek.
Dinnies: Johann Albert D., als Rathsverwandter und Bürgermeister Stralsunds durch segensreiche Verwaltung, als Gelehrter durch eifriges Forschen und Sammeln in der städtischen Geschichte hoch verdient, geb. 9. Juli 1727 in Stralsund, † 21. Sept. 1801, war der Sohn von Lorenz D., aus einer angesehenen Familie Anklams, welche von dort nach Stralsund übergesiedelt war. Bis zum 10. Lebensjahre durch Privatunterricht und von seinem wissenschaftlich gebildeten Vater gefördert, besuchte D. 8½ Jahre das städtische Gymnasium und wurde durch Lerneifer und Anlagen, besonders für Sprachen und Geschichte, bald der Liebling seiner Lehrer. Seit 1733- Brandenburg, Johann Albert Dinnies, Nachrichten von seinem Leben und seinen Schriften. Stralsund 1827. Im Auszuge.