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Artikel „Evenius, Sigismund“ von Friedrich August Eckstein in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 431–432, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Evenius,_Sigismund&oldid=- (Version vom 4. Dezember 2024, 09:19 Uhr UTC)
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Evenius: Sigismund E., Schulmann und Theolog, geb. in Nauen als eines Tuchmachers Sohn, begraben in Weimar 17. Sept. 1639. Nachdem er seine Studien in Weimar vollendet hatte, wurde er 1611 Adjunct in der philosophischen Facultät. Bald nachher wählte man ihn zum Rector des städtischen Gymnasiums in Halle, welches Amt er 1. Juli 1613 mit einer Rede „De scriptis ethnicorum an et quatenus in scholis Christianorum sint proponenda et toleranda“ antrat. Trotz der Schwierigkeiten, die ihm von allen Seiten bereitet wurden, suchte er mit großer Ausdauer frisches Leben in der Schule zu erwecken. Den pädagogischen Reformen, welche W. Ratke in Cöthen auszuführen suchte, [432] blieb er nicht fremd; er war im November 1618 selbst in Cöthen und stattete einen Bericht ab über das, was er gesehen hatte, der leider aus den Acten der Stadt Halle verschwunden ist: persönlich war er dem Didaktiker nicht abgeneigt, denn er empfahl ihn dem Rathe der Stadt Magdeburg. Am 11. März 1622 nahm er von Halle Abschied mit der Rede „De contemtu scholarum scholasticique ordinis“ und trat bald darauf das Rectorat in Magdeburg an mit einer Rede „De vindicando huiusmodi contemtu“, welche beide in demselben Jahre zusammen erschienen. Den theologischen Streitigkeiten mit dem Pastor Cramer an der Johanniskirche machte der Rath dadurch ein Ende, daß er am 31. Januar 1625 das weitere Drucken und Verbreiten der Streitschriften untersagte. Bei der Eroberung Magdeburgs 1631 konnte E. nur mit großen Opfern sein und seiner Familie Leben erhalten. Er wandte sich nach Esthland und wurde der erste Rector an dem von Gustav Adolf gestifteten Gymnasium in Riga.[WS 1] Aber schon im folgenden Jahre kehrte er nach Deutschland zurück, bekleidete 1633 ein Jahr lang das Rectorat in Regensburg, wurde aber bereits 1634 von Herzog Ernst dem Frommen nach Weimar als Schulrath berufen. Hier entwarf er den Plan zu dem sogenannten Weimarischen Bibelwerke und machte Reformvorschläge für den Religions- und Katechismusunterricht, die erst nach seinem Tode zur Ausführung kamen. Er starb im September 1639 an der Pest. E. bewies sich als würdigen Zögling der Wittenberger Universität durch zahlreiche Streitschriften als einer jener hitzigen Streittheologen zuerst mit der hallischen Geistlichkeit, die seiner Berufung abhold war, sodann in der eifrigen Verfechtung der lutherischen Abendmahlslehre (in besonderer deutscher Schrift 1615 und in dem Jubelprogramm 1617) mit dem Jesuiten Adam Contzen, den er in einer „Apologia“ 1619 und in den „Tyrannidis pontificiae demonstratio apologetica“ 1620 antwortete, und mit dem holländischen Reformirten Frankheim, gegen den er 1621 den „Diabolus palmatus“ richtete. Die magdeburgischen Händel hatte er durch eine Thesis hervorgerufen, in welcher er die Theologie einen habitus genannt hatte, wogegen Cramer heftigen Widerspruch erhob, der in lebhaftem Schriftenwechsel (sieben Broschüren sind von jeder Seite erschienen) bis 1625 fortgesetzt wurde. Nachher ist er ruhiger geworden und hat nur für die Jugend „Die christlich-gottselige Katechismusschule d. i. einfältliche, verständliche Erklärung des heiligen Katechismi Dr. Lutheri“ (Erfurt 1636) und „Die christlich-gottselige Bilderschule d. i. Anführung der ersten Jugend zur Gottseligkeit in und durch biblische Bilder“ (Jena 1636) herausgegeben, für das Bibelwerk hat er einige der kleinen Propheten bearbeitet. In seinen Schulschriften behandelt er meist philosophische Fragen. Lebhaften Antheil nahm er an den Bestrebungen für eine bessere Einrichtung der Schulen. War auch sein amtlicher Bericht über die neue Methode Ratke’s nicht ganz günstig, so hat er doch manches daraus in seiner „Formul und Abriß, wie eine christliche und evangelische Schule wohl und richtig anzustellen ist“ (von mir aus einer gothaischen Handschrift zuerst 1861 herausgegeben) aufgenommen und ähnliche Grundsätze in seiner Schrift „Methodi linguarum artiumque compendiosioris scholasticae demonstrata veritas“ (1620. 1621. 1622) entwickelt, in der er bedacht war, die neuen Grundsätze in Halle zur Anwendung zu bringen. Später verfeindete er sich mit dem Didaktiker, der sich in Magdeburg an seine theologischen Gegner anschloß. Für die Schule war auch die „Janua Graeca“ und „Janua Hebraea“ (1628) bestimmt und der Abdruck der Komödie „Joseph und Ruth“ von Aug. Hunnius (1614), denn er war ein Freund der lateinischen Schulkomödien.

Ein Programm von Vockerodt (Gotha 1721) ist mir nicht bekannt. Genaueres habe ich in meinen Beiträgen zur Geschichte der halleschen Schulen I. S. 9–12 gegeben, dazu Tholuck, Lebenszeugen der lutherischen Kirche während des 30jährigen Krieges S. 406–415.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist wohl das Gymnasium in Reval (Talinn), da Riga nicht zu Estland, sondern zu Livland gehört(e).