ADB:Enk von der Burg, Leopold

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Artikel „Enk von der Burg, Michael Leopold“ von Carl von Prantl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 147–148, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Enk_von_der_Burg,_Leopold&oldid=- (Version vom 5. Dezember 2024, 17:25 Uhr UTC)
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Band 6 (1877), S. 147–148 (Quelle).
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Enk von der Burg: Michael Leopold E. v. d. B., geb. am 29. Jan. 1788 in Wien, † 22. Juli 1843, legte die Gymnasialstudien am Josephinum und die philosophischen an der Universität seiner Vaterstadt zurück, trat dann in Folge äußerer Nöthigung (ein Gelübde seiner Mutter, sagte man, war die Ursache) in den geistlichen Stand ein und legte 1810 im Benedictinerstifte Mölk das Ordensgelübde ab. Bald darauf wurde er Professor am dortigen Stiftsgymnasium und wirkte daselbst fortan mit Eifer und mit trefflicher Lehrgabe. Wenn er schließlich in den Wellen der Donau den Tod suchte und fand, so war dies nur die gewaltsame Lösung des tiefen Zwiespaltes zwischen seinem ganzen inneren Wesen und der ihm äußerlich aufgedrungenen Standeswahl, und wir können aus der Art seines Lebensendes einen Rückschluß machen auf die psychologische Quelle der vielen düsteren Bilder, welche er in seinen Schriften zumeist mit einem jenseitig idealen Hintergrunde zu entrollen liebte. Er hatte die schriftstellerische Laufbahn mit einem sinnigen Lehrgedichte „Die Blumen“ (1822) begonnen und ließ hierauf allmählich eine ansehnliche Reihe litterarischer Erzeugnisse folgen, in welchen er seinen philosophischen Standpunkt theils in Romanform, theils in Erörterung einzelner wichtiger Fragen darlegte, nämlich: „Eudoxia oder die Quelle der Seelenruhe“ (1824), „Das Bild der Nemesis“ [148] (1825), „Ueber den Umgang mit sich selbst“ (1829), „Don Tiburzio“ (1831), „Dorat’s Tod" (1833), „Von der Beurtheilung Anderer“ (1835), „Hermes und Sophrosyne“ (1838), „Ueber die Freundschaft“ (1840), „Die Poesie des Lebens“ (in dem Taschenbuche „Aurora“, 1841), „Ueber Bildung und Selbstbildung“ (1842). Indem er den Zwiespalt zwischen Idee und Wirklichkeit hervorhebt, in dem Leben überhaupt ein unbegreifliches Räthsel erkennt und das Streben der Menschen, ihr Leben nach ihren Absichten einzurichten, als ein nichtiges darstellen will, dabei auch gerne die Schattenseiten der fortschreitenden Cultur in Erwägung zieht, erblickt er die einzige Möglichkeit eines harmonischen Ausgleiches zwischen dem äußeren und inneren Leben in der Hingabe an den selbständigen Werth des Idealen, welches in der von Gott gesetzten sittlichen Weltordnung begründet ist und in der Pflege des Gemüthes, der Phantasie, des religiösen Sinnes, des Verstandes und des Geselligkeitstriebes seine Verwirklichung finden soll. Die Behandlungsweise, in welcher er diese Grundsätze durchführt, ist überwiegend eine psychologische, und er zeigt hierbei, während er die Betrachtung möglichst nach allen Seiten wendet, oft eine überraschende Feinheit der Beobachtung menschlicher Charaktere; systematische Entwicklung ist nicht seine Sache, und sowie er sich nicht einmal von Kant beeinflussen läßt, so steht er auch der ganzen neueren Philosophie mit spröder Abneigung gegenüber. Aber neben solcher Beschäftigung mit philosophischen Fragen veröffentlichte er auch anerkennenswerthe Leistungen im Gebiete der litterarischen Aesthetik und Kritik; schon 1827 erschien seine Schrift „Melpomene oder über das tragische Interesse“, in welcher er unter Beiziehung zahlreichster Beispiele aus der antiken und der neueren tragischen Litteratur die psychologisch-ästhetischen Motive der Tragödie in vielfacher Anknüpfung an Schlegel’s Vorlesungen erörterte (auf Schiller’s bekannte zwei Abhandlungen über diesen Gegenstand ließ er sich dabei nicht ein). Dann folgten „Briefe über Goethe’s Faust“ (1834), in welchen er zu zeigen versuchte, daß die Tragödie durch ihren zweiten Theil keineswegs einen befriedigenden Abschluß gefunden hat; hierauf „Ueber deutsche Zeitmessung“ (eine Recension der Platen’schen Gedichte, 1836) und die äußerst verdienstlichen „Studien über Lope de Vega“ (1839). Außerdem veröffentlichte er einen Band „Charaden“ (1834) und eine Uebersetzung der Epistel des Horatius über die Dichtkunst (1841).

N. Nekrolog 1843, S. 611 Wurzbach, Lexikon Bd. IV. S. 49 ff.