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Artikel „Eisenstecken, Joseph“ von Oscar Criste in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 322–324, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eisenstecken,_Josef&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 14:54 Uhr UTC)
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Eisenstecken: Joseph E., geboren am 1. April 1779 zu Matrei im Wippthale als Sohn eines Tagelöhners, übersiedelte noch als Knabe mit seinen Eltern, die durch einen Brand ihr geringes Hab und Gut verloren hatten, nach Bozen. Von natürlichen Talenten unterstützt, erwarb er sich durch Selbststudium einige Bildung und trat, von großer Vorliebe zum Soldatenstande erfüllt, mit 17 Jahren in ein kaiserliches Jägerbataillon, in welchem er es zum Unterofficier brachte. Nach einigen Jahren mit ehrenvollem Abschied entlassen, kehrte er wieder nach Bozen zurück und fand Verwendung in einem dortigen Handelshause. Im J. 1802 kaufte er die Badlwirth-Taverne an der Talfer bei Bozen und erwarb sich durch sein ehrenhaftes und strebsames Wirken bald die allgemeine Achtung. Der Aufstand der Tiroler im J. 1809 entflammte Eisenstecken’s kriegerische Neigungen von neuem und als Andreas Hofer Mitte April mit seinen Leuten nach Bozen kam, um unter General Fenner nach Trient und dem Gardasee gegen die Franzosen zu ziehen, schloß sich ihm E. voll Begeisterung an und erwarb sich Hofer’s Vertrauen in einem solchen Grade, daß dieser ihn bald zu seinem Adjutanten wählte. In dieser Eigenschaft wirkte E. besonders im Mai 1809 so richtig und thatkräftig, daß zweifellos ihm die zweite Befreiung des Landes thatsächlich zugeschrieben werden [323] muß. Am 18. Mai hatte der Commandant des in Tirol operirenden kaiserlichen VIII. Armeecorps, FML. Marquis Chasteler, ein Schreiben des Erzherzogs Johann erhalten, in welchem dieser die Besorgniß aussprach, die Stellung von Tarvis gegen das überlegene Heer des Vicekönigs Eugen nicht halten zu können und den Wunsch ausdrückte, Chasteler möge sich ihm anschließen. Obwohl es Chasteler freigestellt worden war, diesen Wunsch zu erfüllen oder Tirol weiter zu vertheidigen, entschloß der Marquis sich für den Anschluß an die Armee des Erzherzogs und wies alle ihm unterstehenden Truppen an, sich bei Schabs zu concentriren. Demgemäß brach auch GM. Baron Buol, der mit seiner Brigade den Brenner besetzt hielt, noch am 18. Mai auf, wurde aber bereits am 19. früh angewiesen, seine frühere Stellung wieder zu beziehen. Am Abend desselben Tages erhielt er neuerdings den Befehl, nach Schabs zu rücken. Dieser rief bei den unter Hofer stehenden Landesschützen ungeheure Bestürzung hervor. „Die unter dem Andreas Hofer und Eisenstecken auf dem Brenner zahlreich versammelten Bauern“ so heißt es in Buol’s Operationsjournal „widersetzten sich bei dem Posthause meinem Abmarsch und droheten, sich selber auch mit Gewalt zu widersetzen. Nach meinen Vorstellungen und ernstlichen Erklärung, Gewalt gegen alle jene zu brauchen, welche mich von der Vollziehung meiner Befehle abzuhalten sich erfrechen würden, setzte ich sodann ungehindert meinen Marsch fort“. Auf dem Marsche kam dann abermals der Befehl Chasteler’s, den Brenner wieder zu besetzen, worauf Buol zurückkehrte und am 21. früh in den Verschanzungen Stellung nahm. Ein erneuerter Rückzugbefehl Chasteler’s vom 21. kam Buol nicht mehr zu, da die mißtrauisch gewordenen Bauern alle Estafetten auffingen und nur jene Befehle an Buol weiterbeförderten, die ihren Zwecken entsprachen. Um die kleine Brigade Buol’s, im Ganzen 21 Compagnien und 2 Escadronen (1600 Mann) mit 7 Geschützen, sammelte sich nun bald, infolge der energischen Thätigkeit Eisenstecken’s eine große Menge bewaffneten Landvolks; auch sorgte er mit rastlosem Eifer für die reichliche Verpflegung der Truppen und des Landsturms. Nach dem Waffenstillstand, im Juli 1809, schloß sich E. den abziehenden österreichischen Truppen an und erregte dadurch den Unmuth Hofer’s so sehr, daß dieser sich weigerte, die große goldene Medaille und die 3000 Dukaten, welche ihm E. aus dem kaiserlichen Hauptquartier Keszthely nach einem gefahrvollen Zuge durch die von Feinden besetzten österreichischen Länder nach Innsbruck überbrachte, aus den Händen Eisenstecken’s zu nehmen. Aber die erneuerte Gefahr des Vaterlandes führte bald die Versöhnung der beiden Männer herbei. Nach den Unfällen in Südtirol übertrug Hofer den Oberbefehl an E., der in der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober nach Salurn eilte, die aufgelöste Ordnung wieder herstellte, die schwachen Streitkräfte ergänzte, Bozen und Umgebung vor dem Einfalle der Franzosen sicherte und die Vertheidigung bis zur stipulirten Amnestie, 3. November, fortsetzte. Dann legte er die Waffen nieder, entließ seine Compagnien nach Hause und wirkte klug und verständig zur Beruhigung des Volkes. Nach der Gefangennahme Hofer’s erfuhr E., daß General Baraguay-d’Hilliers ihn auch als verdächtig verhaften und nach Mantua abführen lassen wolle – es gelang ihm jedoch unter Gefahren, die manchmal an das Abenteuerliche grenzten, sich nach Kärnten zu retten, von wo er erst 1813 wieder heimkehrte, als Befehlshaber der freiwilligen Tiroler Jägercorps diente und sich besonders bei der Einnahme der Mühlbacher Clause auszeichnete. Nach dem Kriege kehrte er nach Bozen zurück. E. hatte bereits 1810 den Rang eines Majors und die große goldene Ehrenmedaille erhalten; nach Abschluß der Feindseligkeiten wurde [324] er mit einem Gehalt von 800 fl. in den Ruhestand versetzt. E. starb am 1. Mai 1827 in Bozen.

Acten d. k. u. k. Kriegsarchivs. – Wurzbach, biographisches Lexikon, IV. Band. – Peternader, tirol. Landesvertheidigung, Innsbruck 1853, III. Th., S. 210. – Staffler, das deutsche Tirol und Vorarlberg, Innsbruck 1847, II. Band, S. 877. – Hirtenfeld-Meynert, Oesterr. Militär-Conversationslexikon, Wien 1851, II. Band, S. 197. – Oesterr. Archiv, Jahrg. 1831, Nr. 157.