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Artikel „Egno, Bischof von Brixen und Trient“ von Heinrich Ritter von Zeißberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 688–691, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Egno&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 00:12 Uhr UTC)
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Egno, Bischof von Brixen (1240–50) und Trient (1250–73), stammte aus dem Hause der Grafen von Eppan in Tirol, die den Namen von ihrer auf einem Hügel ober dem Dorfe Mösiach bei Bozen gelegenen Burg führten und neben den Grafen von Andechs und von Tirol das mächtigste Grafengeschlecht im Lande. Die Blüthezeit des Hauses Eppan fällt ins 12. Jahrhundert; dieselbe war bereits im Sinken begriffen, als der geschichtlich merkwürdigste Sprosse des Eppanischen Hauses, Bischof E., in die Schicksale Tirols einzugreifen begann, wobei seine Thätigkeit in einem mehr als dreißigjährigen Kampfe auf die Aufrechterhaltung der Rechte und Besitzungen seiner Kirchen gegen die aufstrebende und glücklichere Macht der Grafen von Tirol und andere Feinde gerichtet war. Ueber die früheren Lebensschicksale Egno’s ist wenig bekannt; so viel wissen wir, daß er einige Zeit Canonicus zu Trient gewesen ist. 1236 war er in Brixen zugegen, als der Kaiser dem alternden und schwachen Bischofe Heinrich (von Taufers), der nicht im Stande war, den vielfältigen Gewaltthätigkeiten in seinem Sprengel zu begegnen, die Regalien abnahm. Bischof Heinrich starb 1239; schon am 8. April des nächsten Jahres erscheint E. als Brixener „Erwählter“. E. gelangte auf diesen bischöflichen Sitz zur Zeit des unheilvollen Kampfes zwischen der Kirche und dem Kaiserthum, in welchem er anfangs wie die meisten Reichsfürsten eine vermittelnde Stellung einnahm. Erst als ein Schreiben, welches er in Gemeinschaft mit den Bischöfen von Freising und Eichstädt im April 1240 an den Papst Gregor IX. richtete und worin er diesen zum Frieden mahnte, erfolglos blieb, schloß er sich enge der staufischen Partei an, begab sich im Mai 1240 an den Hof des römischen Königs Konrad und ließ sich von demselben die Regalien ertheilen. Auch weigerte er sich trotz der wiederholt von Albert von Beham an die Bischöfe gerichteten Aufforderung, den über den Kaiser verhängten Bann bekannt zu machen, und ließ vielmehr im Verein mit dem Erzbischof von Salzburg und anderen Fürsten die Alpenpässe bewachen, um die Verbindung des genannten Legaten mit Rom zu verhindern. E. harrte auch da noch auf Seite des Kaisers aus, als die zwischen diesem und Innocenz IV. begonnenen Friedensverhandlungen erfolglos geblieben waren, der Papst sich nach Lyon geflüchtet hatte, auf dem dortigen Concil die Excommunication des Kaisers erneuerte und dessen Absetzung aussprach. Im April 1245 befand sich E. beim Herzog Friedrich von Oesterreich zu Wien, wohin auch der Bischof von Bamberg im Auftrage des Kaisers gekommen war, später begab er sich mit König Konrad an den Hof Kaiser Friedrichs nach Verona, wo dieser zum letztenmale eine größere Anzahl deutscher Fürsten bei sich hatte. Als E. auf dem Hoftage zu Frankfurt a. M., den der Gegenkönig Heinrich Raspe 1246 abhielt, nicht erschien, wurde er deshalb gleich den anderen Bischöfen, die nicht zugegen waren, vom päpstlichen Legaten suspendirt und ihm ein Termin vorgeschrieben, innerhalb welches er sich vor dem Papste persönlich verantworten sollte. Erst als die staufische Macht zu sinken begann, trat er wie andere Bischöfe zurück und söhnte sich mit der Kirche aus; dieses scheint 1247 geschehen zu sein, denn in diesem Jahre erscheint er zum ersten Male als wirklicher Bischof von Brixen.

Zur Zeit, da E. Bischof von Brixen wurde, war die für die Geschichte Tirols so folgenreiche Verbindung der drei mächtigsten Grafenhäuser des Landes [689] bereits eingetreten, indem Graf Albert von Tirol von seinen beiden Töchtern die eine dem Herzog Otto II. von Meran[WS 1], die andere dem Grafen Meinhard von Görz zum Weibe gab. Da überdies Albert sich nicht nur von dem einen Schwiegersohne die Kärntner und Aquilejer Lehen übertragen und mit dem andern gemeinschaftlich mit den Brixener Lehen belehnen, sondern auch seinen Töchtern für den Fall seines Todes von den Bischöfen von Chur und Trient alles, was er von denselben zu Lehen trug, zusichern ließ, so begründete er zugleich ein Uebergewicht über die Lehensherren, die Bischöfe, welche letzteren sehr verderblich werden sollte. E. war bei Zeiten darauf bedacht, dieser Gefahr durch Gegenbündnisse mit auswärtigen Fürsten und mit dem Adel im Lande zu begegnen, welch letzterer sich ebenfalls in seiner bisherigen Stellung bedroht sah. Doch schon im ersten Kampfe, in den er mit dem Grafen Albert, der zugleich Brixener Stiftsvogt war, gerieth, sah er sich zu einem Vertrag (20. März 1241) gezwungen, demzufolge er ihn und seinen Schwiegersohn, den Herzog von Meran, mit allen ihren Lehen gemeinsam und ungetheilt belehnen mußte, so daß die Aussicht, im Falle des Aussterbens des einen Geschlechtes über die Lehen desselben verfügen zu können, abgeschnitten und die Vereinigung aller Lehen in der Hand eines Vasallen, somit die Uebermacht desselben im Bisthum rechtlich begründet war. Dies trat im J. 1248, in welchem Herzog Otto II. von Meran starb, wirklich ein, indem nun dessen Brixener Lehen an den Grafen von Tirol übergingen. E., der dies nicht verhindern konnte, erhielt bald darnach (1250) das Bisthum Trient, um dort den Kampf gegen dieselbe Macht fortzusetzen, der er in Brixen unterlegen war.

Aber auch sonst war die Aufgabe, welche E. hier zu lösen hatte, keine leichte. Da Kaiser Friedrich II. auch dem Bischofe von Trient die Regalien entzogen hatte, fand E. die Stadt Trient und fast das ganze Bisthum in der Gewalt eines staufischen Beamten, des Podestà Sodeger, und unter dem Einfluß Ezelins von Romano, des grimmigsten Feindes der Kirche, der dasselbe bald förmlich als sein Eigenthum betrachtete, den Adel selbstsüchtige Zwecke verfolgend und widerspenstig, das Land vielfach durch die Kriege in Italien ins Mitleid gezogen. Die Uebersetzung Egno’s nach Trient geschah 1250, wol aber war er schon früher zum Administrator der Kirche von Trient bestellt worden. Doch selbst im J. 1250 gelangte er noch nicht in den Besitz seines neuen Bisthums. Da er, seit er sich von der staufischen Partei getrennt hatte, enge an die Kirche schloß, wurde von jener in Trient ein anderer Bischof Ulrich von Porta gewählt und E. mußte fünf volle Jahre im Exil zubringen. Er lebte während dieser Zeit von dem dritten Theil des Erträgnisses der Brixener Kirche, der ihm vorbehalten worden war, theils auf dem Eppanischen Schlosse Andrian gegenüber von Terlan, theils in Bozen. Am 20. April 1254 finden wir ihn zu Venedig und am 15. Juli zu Capodistria beim Grafen Meinhard, dem Schwiegersohn und Nachfolger des Grafen Albert in der Grafschaft Tirol. Erst als Sodeger und Ezelin zerfielen und die Anhänger des letzteren aus Trient vertrieben wurden, gelangte E. in den Besitz seines Bisthums. Zu Anfang Juni 1255 hielt er seinen Einzug in Trient, doch auch jetzt sollte er sich keineswegs des ruhigen Besitzes des Bisthums freuen. Denn Ezelino rüstete sich, um den Abfall Trients zu rächen. Der Bischof traf in Eile Anstalten zur Gegenwehr und, um die Mittel dazu aufzubringen, verpfändete und veräußerte er Güter und Einkünfte seiner Kirche. 1255 und 1256 machte Ezelino Einfälle ins trientinische Gebiet, die sich in gleich furchtbarer Weise in den folgenden Jahren wiederholten. E. mußte die Flucht ergreifen und wendete sich bittend an den Papst, der andere Bischöfe aufforderte, ihn zu unterstützen. Und während Ezelino das Bisthum verheerte und Besitzungen desselben [690] an sich riß, benützten die Erben des Grafen Albert von Tirol, die als Schirmvögte vor allen berufen waren, das Stift zu schützen, die bedrängte Lage desselben, den Bischof zu nöthigen, ihnen die wichtigsten Lehen zu übertragen. Aehnliches thaten auch viele Barone und Große, sie verfolgten ebenfalls selbstsüchtige Zwecke und, um dieselben zu erreichen, scheuten sie nicht mit dem allgemeinen Feinde in Verbindung zu treten. Erst mit Ezelins Tode (1259) trat eine Wendung der Dinge ein. Die Anhänger Ezelins im Bisthum Trient unterwarfen sich dem Bischofe, der sie um so milder behandelte, je mehr er in ihnen eine Stütze wider die Grafen von Tirol zu erlangen suchte. Denn zu diesen befand sich E. bereits wieder in den gespanntesten Verhältnissen. 1253 hatte er den Grafen Albert von Tirol, um sich seines Schutzes zu versichern, mit allen Lehen belehnt, die einst Graf Ulrich von Ulten, der letzte Sprößling dieser Linie der Eppaner, besessen hatte. 1254 gingen nicht nur diese Lehen sondern auch jene, welche einst die Grafen Friedrich und Georg v. Eppan von der Kirche getragen hatten, auf Alberts Schwiegersohn Meinhard I. von Görz-Tirol über, welcher endlich 1256 für seine Gemahlin und seine Söhne die Belehnung mit allen Trientiner Lehen des Grafen Albert von Tirol verlangte. Er erhielt sie auch, zuvor aber unterzeichnete E. einen heimlichen Protest, in welchem die Investitur für ungiltig erklärt wurde, da die einst dem Grafen Albrecht von Tirol gegebene Zusicherung betreffend die Belehnung seiner Töchter ohne Zustimmung des Capitels geschehen sei. Als dann Meinhard I. starb (1258), während dessen Söhne sich in Gefangenschaft des Erzbischofs von Salzburg befanden, hielt E. den Zeitpunkt für geeignet, um den Versuch zu machen, die Vereinigung der Tiroler Lehen und der seines Hauses in einer Hand zu verhindern. Er erklärte die den Grafen Albert von Tirol und Meinhard von Görz ertheilte Investitur mit den Eppaner und Ultener Lehen für ungiltig und übertrug die genannten Lehen als unwiderrufliche Schenkung dem h. Vigilius, indem er sie mittelst eines Buches, das er in der Hand hielt, auf dessen Altar legte. Doch kaum war Meinhards I. Sohn Meinhard II. in das Land zurückgekommen, als er sich mit zahlreichem Gefolge nach Trient begab und für sich und seinen Bruder Albert sowol die alten Tiroler als auch die Eppaner und Ultener Lehen forderte. Da damals noch Ezelino lebte und E. sich außer diesem nicht noch einen neuen nicht minder gefährlichen Feind aufbürden wollte, so blieb ihm nichts übrig, als nachzugeben und die verlangte Belehnung zu ertheilen (1259). So war auch in Trient E. der aufstrebenden Macht der Grafen von Tirol erlegen: denn auch in Trient trat fortan der Graf in gleiche Stellung neben den Bischof, ja Meinhard trug sich bereits mit dem Gedanken, die ganze weltliche Macht im Stifte Trient an sich zu bringen.

E. erfreute sich auch nach Ezelins Tode nur kurze Zeit des Friedens; der aufrührerische Geist der Großen und Vasallen erzeugte von Zeit zu Zeit neue Unruhen und Fehden, die Unzufriedenheit mit dem bischöflichen Regimente äußerte sich in wiederholten Empörungen, welche endlich dem Grafen von Tirol den Weg nach Trient bahnten und die Stadt seiner Gewalt überlieferten. 1265 wurde E. aus Trient vertrieben, Graf Meinhard von den Bürgern herbeigerufen. Ueber drei Jahre hatten die Grafen von Tirol Trient und einen großen Theil des Bisthums in ihrer Gewalt, während der Bischof, beinahe seiner ganzen weltlichen Macht beraubt, sich in Riva aufhielt. Um endlich eine Ausgleichung zwischen beiden herbeizuführen und das Stift Trient von dem drohenden Verderben zu erretten, bestellte der Papst den Bischof von Chur als Schiedsrichter, allein E. weigerte sich vor diesem Gericht zu erscheinen und bewog vielmehr den päpstlichen Legaten Erzbischof Philipp von Ravenna, den schon früher gegen die Grafen von Görz-Tirol als Anhänger Konradins ausgesprochenen Bannfluch zu erneuern und ihr Land mit dem Interdicte zu belegen. Erst als der Domdecan von Brixen [691] als Subdelegirter des Bischofs von Chur ihn in contumaciam verurtheilte, gab E. nach und schloß mit den Grafen Meinhard und Albert von neuem Frieden (1268). Am 15. Februar 1269 empfing E. die Unterwerfung der Stadt Trient. Doch blieb er nicht in der Stadt, die ihm so oft die Treue gebrochen hatte und sich 1270 auf Anstiften der Herren von Castelbarco neuerdings empörte, sondern er brachte den Rest seiner Tage meist in Bozen, in der Nähe seines Schirmvogts, des Grafen von Tirol, zu, dessen Gunst er sich durch wichtige Zugeständnisse erkaufte, indem er sich mit ihm in die Verwaltung und Einkünfte der Stadt Trient theilte. Ebenso wie seine politische Macht sah E. auch seine physischen Kräfte allmählich schwinden. Im Februar 1273 sollte er sich nach Trient begeben, um den Grundstein zu dem Kloster der Augustiner-Eremiten zu legen, mußte sich aber wegen körperlicher Schwäche vertreten lassen. Nachdem er noch dem neugestifteten Kloster Stams eine Schenkung zugewendet und die Pfarre Mais verliehen hatte, begab er sich nach Padua, um dort am 25. Mai 1273 sein vielbewegtes Leben zu beschließen.

J. Durig, Beiträge zur Geschichte Tirols in der Zeit Bischof Egno’s von Brixen (1240–50) und Trient (1250–73) in den Beiträgen zur Geschichte Tirols. Innsbruck 1860 (Zeitschrift des Ferdinandeums. 2. Folge 9. Bd.).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. siehe den Artikel über seinen Vater Otto den Älteren