Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Draudt, August“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 73–75, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Draudt,_August&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 10:21 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Drake, Friedrich
Nächster>>>
Drausch, Valentin
Band 48 (1904), S. 73–75 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
August Draudt in der Wikipedia
August Draudt in Wikidata
GND-Nummer 102696438
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|48|73|75|Draudt, August|Richard Heß|ADB:Draudt, August}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=102696438}}    

Draudt: August D., Dr. phil., Forstmann, geboren am 2. Mai 1816 zu Lich (bei Gießen), † am 19. April 1894 zu Darmstadt. Die erste Ausbildung erhielt er im Elternhause, vorwiegend durch seinen Vater, einen Fürstl. Solms-Lich’schen Kanzleirath und Referenten in der Rentkammer. Im Herbst 1831 trat er in das Gymnasium in Gießen ein, aus welchem er schon nach Jahresfrist mit dem Zeugnisse der Reife entlassen werden konnte. Da sein Sinn dem Studium der Forstwissenschaft zugewendet war, unterzog er sich zunächst einer praktischen Vorlehre bei dem Revierförster Dickel in Laubach (Oberhessen), studirte dann vom Frühjahr 1833 bis zum Herbst 1834 an der Universität Gießen, wo damals Dr. Johann Ludwig Joseph Klauprecht als einziger forstlicher Fachlehrer wirkte. Nach dessen Berufung an das Polytechnikum in Karlsruhe trat D. einen zweiten praktischen Cursus bei dem Forstinspector Klipstein zu Bingenheim an, wendete sich aber, nachdem inzwischen Karl Heyer (s. A. D. B. XII, 364) durch Decret vom 20. Februar 1835 als ordentlicher Professor der Forstwissenschaft nach Gießen berufen worden war, vom Wintersemester 1835/36 ab wiederholt dem Studium der Forstwissenschaft in Gießen zu und bestand daselbst im Frühjahr 1839 die Facultätsprüfung. Hierauf folgte ein einjähriger Acceß bei der damaligen Ober-Forst- und Domänen-Direction in Darmstadt, nach dessen Beendigung D. im Frühjahr 1840 die allgemeine forstliche Staatsprüfung absolvirte. Schon einen Monat später fand er Verwendung als Gehülfe bei einer größeren Waldtheilung. Im Frühjahr 1841 erhielt er die interimistische Verwaltung des Reviers Homberg a. d. Ohm und kurze Zeit hierauf die des Reviers Eberstadt (bei Darmstadt). Am 30. April 1841 hatte er in der Absicht, dem akademischen Lehrfach sich zuzuwenden, den Grad eines Dr. phil. an der Universität Gießen erworben. Diese Absicht gab er aber später auf, vermuthlich weil ihm das Verbleiben im praktischen Forstdienste seines Heimathlandes mehr zusagte. Nach weiterer Verwendung zu Betriebsregulirungen und Waldtheilungen in mehreren Forsten des Odenwaldes, theils unter Leitung höherer Forstbeamten, theils selbständig erfolgte im Frühjahr 1846 seine erste definitive Anstellung als Revierförster des Reviers Schiffenberg mit dem Wohnsitz in Gießen. Im Frühjahr 1870 rückte er – unter Beibehaltung seines Wohnsitzes – zum Forstmeister des Forstes Gießen auf. Als Nebenamt bekleidete er seit 1857 das eines Inspectors der Fürstl. Solms-Lich’schen Waldungen. Von Mitte September 1874 ab wurde ihm provisorisch ein Referat in der Ober-Forst- und Domänen-Direction zu Darmstadt übertragen, wohin er – seine Familie vorläufig in Gießen zurücklassend – allein übersiedelte. Schon wenige Monate später (durch Decret vom 20. Januar 1875) wurde er aber definitiv zum vortragenden Rath in dieser Behörde unter Verleihung des Prädicats „Oberforstrath“ ernannt. Nachdem 1879 an die Stelle der Ober-Forst- und Domänendirection eine Abtheilung für Forst- und Cameralverwaltung im Finanzministerium ins Leben gerufen worden war, trat er als stimmführendes Mitglied in diese Abtheilung ein und rückte am 5. Mai 1883 als „Ministerialrath“ sogar zum Vorsitzenden derselben auf.

Hierdurch trat zum ersten Male nach langer Zeit wieder ein Forstmann an die Spitze der hessischen Forstverwaltung zur großen Freude und lebhaften Genugthuung des Forstpersonals, nicht nur weil hierdurch das Forstfach als solches geehrt wurde, sondern auch weil der Berufene der rechte Mann für [74] diesen Platz war. Seit 1887 zum Geheimrath ernannt, beging er noch im Vollgenusse körperlicher und geistiger Frische am 18. Juni 1889, unter allseitiger Theilnahme, sein 50jähriges Dienstjubiläum. Ferner erlebte er das seltene Glück, am 30. April 1891 auch sein 50jähriges Doctorjubiläum zu feiern, zu welchem ihm seitens der Großherzogl. philosophischen Facultät der Universität Gießen das erneuerte Doctordiplom mit einem Glückwunschschreiben zugegangen war. Am 14. Juni 1893 wurde er auf sein Nachsuchen unter Anerkennung seiner mit Eifer und Treue geleisteten besonders ersprießlichen Dienste, mit Wirkung vom 1. Juli ab in den ehrenvollen Ruhestand versetzt. Leider konnte er sich aber der wohlverdienten Ruhe nicht einmal ein Jahr erfreuen. Seine Verdienste wurden von seinem Landesherrn – außer durch die erwähnten Beförderungen und Prädicaten – auch durch Verleihung mehrerer Orden anerkannt.

D. hat in seiner Stellung als Mitglied und Vorsitzender der obersten Forstbehörde segensreich für das hessische Forstwesen gewirkt. Mit scharfem Verstand, rascher Auffassungsgabe und einem vorzüglichen Gedächtniß ausgestattet, bethätigte er im Dienste unermüdliche Pflichttreue, peinliche Gewissenhaftigkeit und größte Pünktlichkeit. Dabei entwickelte er eine außergewöhnliche Arbeitskraft und Arbeitslust. Als Vorbild für alle seine Mitarbeiter stellte er an sich und auch an diese große Anforderungen. Eine seiner ersten größeren Arbeiten war der Entwurf eines neuen Fischereigesetzes, wodurch eine feste Grundlage für den Wiederaufschwung des bis dahin in Hessen wenig entwickelten Fischereiwesens geschaffen wurde. Er wendete ferner der Revision des Waldwegnetzes und den Betriebsregulirungen, seinem Lieblingsreferat, eine hervorragende Fürsorge und Förderung zu. Unter ihm trat die schon von seinen Amtsvorgängern vorbereitete Instruction von 1879, betr. die Umänderung der hessischen Forstorganisation, in Kraft, wodurch an Stelle des seitherigen Revierförster bezw. Forstmeistersystems das Oberförstersystem eingeführt wurde, und zwar mit einer Selbständigkeit, wie kaum in einem zweiten deutschen Staate. Daß in einer großen Anzahl von Regierungsblättern, Amtsblättern und Ausschreiben der obersten Forstbehörde zerstreute Actenmaterial vereinigte er 1883 zu einem mustergiltigen „Handbuch für die Forst- und Cameralverwaltung im Großherzogthum Hessen“, welches dem Personal als Richtschnur für den äußeren und inneren Dienst bis ins kleinste Detail die ganze Dienstführung bedeutend erleichterte. Aber auch in der Wissenschaft ist sein Name zu einem allen Forstwirthen bekannten geworden. Er entfaltete zwar, infolge seiner Ueberbürdung mit Amtsgeschäften, keine ausgedehnte schriftstellerische Thätigkeit, allein was er in dieser Hinsicht geleistet hat, ist von dauerndem Werth. Er erfand nämlich ein von allen seitherigen Methoden abweichendes ganz eigenartiges Verfahren zur Ermittelung der Holzmassen der Bestände, welches wegen seiner vortrefflichen Grundlage, mathematischen Richtigkeit und Einfachheit nicht nur in alle Lehrbücher über Holzmeßkunde und Waldertragsregelung übergegangen ist, sondern auch seinen Weg in den Wald gefunden und inzwischen immer größere Ausdehnung erlangt hat. Die erste Veröffentlichung erfolgte in der Abhandlung: „Ermittelung der Holzmassen“ (Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1857, S. 121) und in einer Monographie „Die Ermittelung der Holzmassen. Mit drei lithographirten Tabellen“ (Gießen 1860). Die Angriffe, welche von mehreren Seiten (Eduard Heyer, Urich, Preßler, Robert Hartig und Bernhardt) gegen die principielle Richtigkeit seines Verfahrens erfolgten, wies er in einer Reihe von Abhandlungen mit Erfolg zurück (vergl. Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1860, S. 465; 1861, S. 447 und 485; 1862, S. 350; 1863, [75] S. 230; 1865, S. 321; 1871, S. 127 und 1872, S. 42). Als Hauptvorzüge seiner Methode müssen bezeichnet werden: Berücksichtigung der einzelnen Stärkestufen bezw. Stärkeklassen nach dem Verhältniß der Stammzahlen, Ersparung der sectionsweisen Kubirung der Modellstämme und Gewährung eines Bildes von der Vertheilung der Bestandsmasse nach Sortimenten.

D. war eine vornehme, feinfühlende Natur von strenger Wahrhaftigkeit, lauterem Charakter und anspruchslosem Wesen. Das hohe Alter von 78 Jahren, welches ihm von der Vorsehung zu Theil wurde, hatte er hauptsächlich seiner streng geregelten und überaus mäßigen Lebensweise zu verdanken.

Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. III. 1875, S. 294. – Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1875, S. 31 (Biographie), S. 205 (Ernennung zum Mitglied der Ober-Forst- und Domänen-Direction). – Forstliche Blätter, N. F. 1875, S. 256 (Ernennung zum Oberforstrath). – Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1885, S. 235 (Ernennung zum Ministerialrath); 1889, S. 250 (Dienstjubiläum); 1891, S. 216 (Doctorjubiläum). – Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1893, S. 256 (Pensionirung); 1894, S. 199 (Todesanzeige), S. 270 (Nachruf) und S. 451 (Zusatz hierzu). – Forstwissenschaftliches Centralblatt, 1894, S. 332 (Todesnachricht). – Centralblatt für das gesammte Forstwesen, 1894, S. 281 (Nekrolog). – Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1894, S. 359 (Nekrolog). – Verhandlungen der Forstwirthe von Mähren und Schlesien, 3. Heft, 1894, S. 314 (Nachruf). – Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen 1894, S. 182 (Nekrolog). – Eigene Kenntniß.